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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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Prozent der Grabschriften für Frauen eine Beschäftigung erwähnt ist. Diese geringe Zahl entspricht übrigens den Belegen aus dem vorindustriellen Brasilien, wo in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus Notariatsakten hervorgeht, dass nur etwa drei Prozent der Frauen eine Arbeit außer Haus angaben.
    In ihren Untersuchungen über die Darstellung von Frauen bei der Arbeit kommt Natalie Kampen zu dem Ergebnis, dass Frauen, im Gegensatzzur realistischen Darstellung von Männern bei ihrer Berufsarbeit, immer in einem mythologischen oder allegorischen Kontext abgebildet sind, d. h. nicht als eigentliche Handwerkerinnen. Treggiari zufolge zeigen bestimmte Inschriften, dass sie tatsächlich handwerklich tätig waren, und Texte bestätigen, dass Frauen »Produktionsarbeit« verrichteten – in einem Brief aus Ägypten zum Beispiel erklärt eine Frau, dass sie »von ihrer Hände Arbeit lebt« (Rowlandson, Nr. 130). Nur werden sie in der bildenden Kunst von Belang nicht entsprechend dargestellt. Es gibt auch keine Bilder von Frauen, die auf dem Feld arbeiten oder einen großen Geschäftsbetrieb führen. Kampen nimmt an, dass Berufstätigkeit nicht mit der mythologischen Vorstellung von der Frau als häusliches Wesen/ Hausverwalterin harmonierte, und sie vermutet sogar, dass derartige Arbeit außer Haus dem Status der Frau abträglich war. Träfe das zu, dann wäre es ein Beweis dafür, dass das Image der Frau als Inbild der Häuslichkeit bis in die Handwerkerklasse hinein wirksam war.
    Interessant ist andererseits, dass durchaus realistische Abbildungen von Frauen als Verkäuferinnen existieren (vgl. Abb. 4 und 5). Warumdiese Diskrepanz? Kampen sieht den Grund darin, dass der Verkauf unvermeidlich mit der Vorstellung von Öffentlichkeit einherging, im Unterschied etwa zum Tuchhandel, der leicht mit häuslicher Arbeit zu verwechseln war, und dass darum Männer und Frauen in derselben Bildsprache dargestellt werden konnten. Doch dürfte der relativ bescheidene Umfang solcher Darstellungen ebenso wie die geringe Zahl der Erwähnungen auf Inschriften darauf zurückgehen, dass diese Art von Arbeit zusätzlich geleistet wurde – will heißen: Nach dem Vergleichsmaterial aus anderen vorindustriellen Kulturen zu urteilen, war weibliche Arbeit außerhalb des Hauses in der Regel nicht die primäre Erwerbsquelle, obwohl besondere Situationen wie der Tod des Ehemanns dieses Bild in Einzelfällen auch ändern konnten.
    Abb. 4. Frauen bei der Arbeit: Eine Verkäuferin – vermutlich die Ehefrau des Besitzers – hilft einer Kundin beim Einkauf von Schuhen. Malerei auf der Außenwand des Filzwarenladens des Verecundus in Pompeji.

Abb. 5. Zwei Frauen bedienen Kunden beim Kauf von Obst und Gemüse.
    Zensusformulare aus Ägypten bestätigen diese Annahme; nicht eine Frau unter allen Befragten nennt eine Beschäftigung. Das bedeutet nun keineswegs, dass Frauen nicht arbeiteten; nur wurde diese Arbeit nicht als selbständige Tätigkeit empfunden, wert, amtlich registriert zu werden. Lehrverträge aus Ägypten waren ebenfalls meist für Knaben abgeschlossen; zwar erscheinen darin auch unfreie Knaben und Mädchen, freigeborene Frauen aber sind nicht zu identifizieren. Darum muss man annehmen, dass Töchter von der Familie wohl nicht als künftige Arbeiterinnen angesehen wurden. Vielmehr waren wohlhabendere Familien dem Ideal der Tochter als der künftigen Ehefrau verpflichtet, die nur Heim und Herd betreute, während ärmere davon ausgingen, dass die Mädchennach der Heirat den Ehemann bei seiner Arbeit unterstützen würden, ohne jedoch eine gezielte Ausbildung durchlaufen zu haben. Treggiari weist darauf hin, dass die Frauen, die in den Inschriften erwähnt werden, üblicherweise zusammen mit einem Mann, meist vermutlich dem Ehemann, genannt sind, und sie deutet das als Hinweis auf gemeinsame Arbeit. Eine Inschrift aus Nordafrika ist ein beredtes Beispiel dafür, wie wichtig die eheliche Gehilfin für das Geschäft des Mannes sein konnte:
     
    Urbanilla, meine Gattin, liegt hier, eine Frau von vollkommener Bescheidenheit. In Rom war sie meine Gefährtin und Teilhaberin in Geschäften, gestützt durch ihre Sparsamkeit. Alles ging gut, und sie kehrte mit mir in mein Heimatland zurück. Ah! Karthago entriss mir meine unglückliche Gefährtin. Es gibt keine Hoffnung, ohne eine solche Frau zu leben. Sie führte meinen Haushalt und gab mir guten Rat. Aus dem Licht genommen, liegt sie mitleiderregend und still in Marmor eingeschlossen. Ich, Lucius, dein

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