Römer im Schatten der Geschichte
den Inschriften häufig genannt. Amymone zum Beispiel,verstorben in Rom, wird von ihrem Gatten als die Beste und Schönste gepriesen, als Wolle spinnend, als fromm, sittsam, sparsam, keusch und häuslich – auf dem Grabstein sind jedoch keine praktischen Pflichten dargestellt (
CIL
VI 11 602 =
ILS
8402).
Die Wollarbeit war nicht nur für den praktischen Hausgebrauch von Bedeutung. Über den privat benötigten Kleiderstoff hinaus konnte ein Überschuss zum Verkauf hergestellt werden. Diese »Heimarbeit« war für das Überleben armer Haushalte entscheidend, wie eine Geschichte des Apuleius veranschaulicht:
Der Mann hatte seine Not mit Meister Schmalhans, verdang sich zu Handlangerarbeiten und fristete mit dem bißchen Lohn davon sein Leben. Dabei hatte er aber ein Frauchen, das wohl auch selbst ziemlich schäbig, aber doch auch als äußerst leichtfertiges Wesen bekannt war. … »So ein Tagedieb und Müßiggänger bist du also, daß du mir mit den Händen in den Taschen herumspazieren willst und nicht an deine gewohnte Arbeit gehen, um für unsern Unterhalt zu sorgen und etwas zu futtern herzuschaffen? Aber ich armes Wesen muss mir Tag und Nacht beim Spinnen die Muskeln verrenken, damit in unserer Bude wenigstens eine Lampe leuchtet!« (
Der goldene Esel
9,5)
Aber auch die gewöhnliche Frau saß am Webstuhl. Johannes Chrysostomos hält fest, eine Frau solle Tuch zu Hause herstellen; tue sie das nicht, könne sie das Tuch anderer Frauen kaufen, die es selbst zu Geld machten und auf den Märkten verkauften (
Gegen die Männer, die mit Jungfrauen in wilder Ehe leben
9,
PG
47,507). Auch aus Ägypten liegen viele Verträge und Dokumente vor, die darlegen, dass die Frauen das Weben nicht nur als Heimarbeit betrieben, sondern innerhalb einer Manufaktur. Sie konnten sogar ganze Webereien besitzen und leiten (Rowlandson, Nr. 205). Frauen, die sich mit Akkordarbeit am Webstuhl ein mageres Einkommen verdienten, hatten eine lange Geschichte – man kann sogar auf ein homerisches Gleichnis verweisen: »… sie hielten sich, / So wie die Waagschalen eine Frau, eine ehrliche Spinnerin, / Die hier das Gewicht hält und dort die Wolle und auf beiden Seiten / Hochzieht und das Gleichgewicht herstellt, dass sie den Kindern den kärglichen Lohn erwirbt« (
Ilias
12,432 – 435). In Ägypten suchte eine ganze Familie zusammen mit Mutter und Ehefrau solche Beschäftigung:
Zenon Gruß von den Brüdern Apollophanes (und) Demetrios, Fachleute in der Weberkunst der gesamten durch Frauenarbeit ausgeübten Wollweberei. Falls es Dir gut dünkt und Du zufällig Bedarf hast, sind wir bereit, Dir Dienste zu leisten. Als wir nämlich vom Ruhm der Stadt (d. h. des Ortes Philadelphia) hörten und daß Du als Vorsteher (des an den Dioiken Apollonios vergebenen Lehenslandes) gut und gerecht seist, hielten wir es für richtig nach Philadelphia zu Dir zu kommen – wir selbst, (unsere) Mutter und die Ehefrauen. Damit wir nun Arbeit haben, beschäftige uns, falls es Dir gut scheint. … (
PSI
IV 341 [= Rowlandson, Nr. 201]/Hengstl, Nr. 103)
Neben der Heimarbeit suchten Frauen also auch Verdienst außerhalb des Hauses. Wie groß ihre Zahl war, lässt sich unmöglich sagen, aber ihre Arbeit ist reichlich belegt. Eine Studie von Susan Treggiari über berufliche Beschäftigungen zeigt, dass für Männer sechsmal so viele Beschäftigungen bezeugt sind wie für Frauen; außerdem ist aufschlussreich, dass auf hundert Grabsteinen von Frauen berufliche Arbeit nur ein einziges Mal erwähnt ist. In Artemidors
Traumbuch
und in den astrologischen Handbüchern sind Beschäftigungen von Frauen ebenfalls weit seltener genannt als die von Männern; angegeben sind Arbeit als Schauspielerin, Hebamme, Krankenpflegerin, Priesterin, Putzfrau und Prostituierte. Berufsarbeit wurde offensichtlich nicht als integraler Teil der weiblichen Identität betrachtet und spielte also in Ratschlägen über Ehe, Familie und Kinder keine große Rolle. Treggiari schreibt: »Es scheint, als seien Frauen im Bereich der ›Dienstleistung‹ (Nahrungsversorgung, Prostitution) konzentriert, im Handel vor allem mit Nahrungsmitteln, als Verkäuferinnen in Geschäften, in bestimmten handwerklichen Tätigkeiten, vor allem in der Herstellung von Stoff und Kleidern, in diffizilen Jobs wie der Arbeit mit Blattgold oder als Friseusen, im Handel mit bestimmten Luxusgütern wie Parfum. Damit ist zumindest ein Teil der Realität annähernd getroffen.« Sie schätzt, dass in nur einem
Weitere Kostenlose Bücher