Römer im Schatten der Geschichte
215)
Wer als Tänzerin oder auch als Gastwirtin oder Bardame arbeitete, stand oft schon mit halbem Fuß im häufigsten Gewerbe der Frauen außerhalb des Hauses, der Prostitution. Dazu Weiteres in einem späteren Kapitel.
Einige Frauen verlegten sich auf die Wahrsagerei, auf andere Formen der Hilfe wie die Kräuterheilkunde (die »weisen Frauen«) und auf die Magie. Plinius der Ältere, Angehöriger der Elite, schreibt den einfachen Leuten
(vulgus)
einen festen Glauben an die Kraft der Frauen, ihrer Kräuter und Tränke zu. Er glaubte, die Kenntnis von Glücksbringern und magischen Kräutern sei allein den Frauen vorbehalten (
Naturkunde
25,5,10). Zur Magie nahm man häufig Zuflucht, wenn Probleme zu lösen waren, und Liebende suchten »alte Weiber« auf, um mit ihnen über ihre Probleme zu sprechen (vgl. z. B. Philostrat,
Ta es ton Tyanea Apollonion
–
Das Leben des Apollonios von Tyana
7,39). Doch Hexenkunst ging weit über die Beratung Liebeskranker hinaus, wie wiederum Philostrat dokumentiert, wenn er dem Wundertäter Apollonios von Tyana im Gespräch mit einem Kritiker folgende Worte in den Mund legt:
Alte Weiber, welche mit umgebundenem Siebe zu den Schäfern, bisweilen auch zu den Rinderhirten gehen, um das kranke Vieh durch Wahrsagen, wie sie behaupten, zu heilen, machen auch auf die Weisheit Anspruch und wollen sogar weiser sein als die wahren Seher. (
Das Leben des Apollonios von Tyana
6,11, vgl. auch 3,43)
Lucius, der Protagonist im
Goldenen Esel
, gerät mit einer solchen Zauberkundigen in Konflikt, die allerdings zur lokalen Elite und nicht zur gewöhnlichen Bevölkerung gehörte. Interessanterweise wird die Hexe oft auch als Kupplerin dargestellt – eine Verbindung zweier voneinander unabhängiger weiblicher Berufe, die sich aus der Annahme ergab, dass dieProstituierten Zaubertränke benutzten, um Kunden zu gewinnen und zu halten.
In den Vereinen waren weise Frauen und Prostituierte vermutlich nicht vertreten; für andere Frauen dagegen, die außer Haus tätig waren, lassen sich solche Verbindungen belegen. Diese Umgebung verschaffte ihnen die Gelegenheit, mit anderen Frauen und auch mit Männern in Kontakt zu kommen. Zu Handwerkerzünften wurden sie wahrscheinlich nur selten zugelassen, aber sie gehörten zweifellos Begräbnisvereinen an, und manchmal waren sie dort auch Amtsträgerinnen. Sogar eine nur aus Frauen bestehende Gruppe ist bezeugt, die »Versammlung der Frauen«, auf die man im italischen Lanuvium stieß (
CIL
XIV 2120). Doch handelt es sich dabei wahrscheinlich um einen Begräbnis- oder Kultverein von Hausgemeinschaften mit beschränkter Mitgliedschaft. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Belege für die Mitgliedschaft von Frauen (zusammen mit Männern, d. h. in gemischten Gruppen) in religiösen Vereinen. Reguläre Mitglieder waren gleichberechtigt; über ihnen standen gewählte Beamte und an der Spitze die Gründer oder Patrone. So konnten sich Reiche und Arme, Herren und Sklaven, Männer und Frauen, Freie und Freigelassene zusammenfinden. Ein Beispiel sind die Mitglieder des religiösen Vereins zur Verehrung des Zeus in Philadelphia, zu denen Männer und Frauen, Freie und Sklaven gehörten. Bevor die frühchristlichen Gemeinden von Männern dominiert wurden, konnten Frauen die Funktion von Lehrerinnen und weitere Führungspositionen übernehmen. So wirkte eine Frau, Isebel, als einflussreiche Prophetin und Lehrerin, angeblich der Sittenlosigkeit, in der Kirche von Thyatira (Offenbarung des Johannes 2,19 – 23). Die weiblichen Führungsfiguren übernahmen wahrscheinlich einfach weiterhin die Rollen, die Frauen in früheren, nichtchristlichen Vereinen ihrer Gemeinschaften selbstverständlich innehatten.
Außerhalb der Städte finden sich Frauen, die aktiv Landwirtschaft betreiben. Im Ägypten der Römerzeit war ungefähr in Drittel der Landbesitzer Frauen, denen zwischen 16 und 25 Prozent des Bodens gehörte. Die Tatsache, dass fast alle Frauen einen Vormund brauchten, um Geschäfte zu betreiben und Rechtsverträge abzuschließen, hielt sie offenkundig nicht von aktiver wirtschaftlicher Tätigkeit ab. Im folgenden Beispiel kauft eine Frau Land für ihre Tochter:
An Aelius Aprodisios, Strategos, von Ptolemais, Tochter des Agenor, Sohn des Philiskos aus der Stadt Oxyrhynchos, Mutter der Claudia Areia durch den Schreiber Hermes. Ich möchte für meine Tochter Claudia Areia und wie immer sie sich benennt, aus den Ländereien, die nahe dem Epoikion [Siedlung] von
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