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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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verfügbare Sexualobjekte zu behandeln, die weder das Recht noch die Mittel besaßen, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Jedes Recht auf sexuelle Integrität war ja mit der Versklavung per definitionem ausgeschlossen. Ein Sklave konnte bemüht sein, sich diese Integrität bei aller Wehrlosigkeit gegenüber einer Vergewaltigung zu erhalten; doch für die betroffene Frau oder den Mann, deren Widerstand fruchtlos blieb, hatte die Sexualität sich aus dem normalen Kontext von selbstgewählter Entspannung, Fortpflanzung oder Profit gelöst, so dass alle sozialen Regeln für ein akzeptables Sexualverhalten sich als extrem schwach erwiesen.
    Für viele bedeutete diese Erniedrigung nur Elend. Für die Durchsetzungsfähigsten dagegen war Sexualität einfach eine weitere Waffe im Arsenal von Anpassung oder Widerstand. Wie oben gezeigt, konnte aus einer sexuellen Beziehung zwischen Sklavin und Herr Nachwuchs hervorgehen, der in der Regel besser behandelt wurde als andere Sklaven, und vielleicht erlangte auch die Mutter und Konkubine eine bessere Stellung im Haushalt. Es gab auch Fälle, in denen eine Konkubine von ihrem Herrn freigelassen und geehelicht wurde. Ein Knabe – hier ist Petrons Trimalchio das literarische Beispiel par excellence – konnte aus der Gunst seines Herrn über lange Zeit seinen Nutzen ziehen, sogar dann noch, wenn die jünglingshaften Reize welkten. Ein Sklave zog vielleicht den Blick seiner Herrin auf sich und fuhr gut damit. Solche Fälle blieben jedoch Randerscheinungen; im Normalfall musste ein Sklave damit rechnen, benutzt und abgeschoben zu werden, auch das ein Teil der Erniedrigung durch die Versklavung.
    Wie wirkte sich diese Situation auf die Entstehung und Erhaltung langfristiger »ehelicher« Bindungen unter Sklaven aus? Nach dem Zeugnis von Inschriften zu urteilen setzten die Sklaven sich darüber hinweg. Unfähig, Missbrauch durch ihren Herrn zu verhindern, unberührt von der demütigenden Einstellung des Herrn zu ihrer Sexualität, gingen sie dennoch dauerhafte Beziehungen ein.
    Epigraphische Zeugnisse zeigen, dass sich der Ausdruck der Zuneigung und Würdigung von denen freier Personen in keiner Weise unterscheidet. Viele dieser Zeugnisse betreffen Kinder:
     
    Der höchst unglückseligen Pieris, Sklavin des Gavianus, die 24 Jahre lebte. Was der Tochter angestanden hätte, taten statt ihrer die unglücklichen Eltern, Anteros und Gallitana. Sie errichteten diesen Grabstein für sich – und für ihre Tochter. (
CIL
IX 955, Troia, Italien)
     
    Dem Schatten des Primulus, dem kleinen Sohn des Sequens und der Primula. Dies wurde errichtet für ihren Sklavensohn. (
CIL
XIII 4199, Hetzerath, Deutschland)
     
    Dies ist das Grab von Martialis zehnjährig, Loveus neunjährig und Paternus vierjährig, Sklaven im Haus des Laediensus. Von Gemellinus, dem Sklaven des Florus, errichtet für seine Kinder. (
Hispania Epigraphica
6, 636, Lugo)
     
    Ebenso auch Eltern:
     
    Den Göttern der Unterwelt. Von Priscus und Primigenia, seinen Eltern, und Theophile, seiner Ehefrau
(coniunx)
errichtet für Primitivus, Sklave des Violentilla, Augenarzt. Er lebte 18 Jahre, 7 Monate und 16 Tage. (
AE
1953, 59, Rom)
     
    Und Geschwister:
     
    Geweiht den Göttern der Unterwelt. Antinoe und Phoebe sind Schwestern und Mitsklaven der Volusii, Marcus und Aemilianus. Hier liegen Phoebe, die 6 Jahre, 10 Monate, 15 Tage lebte, und Antinoe, 1 Jahr und 20 Tage. Von Phoebus und Rhodope errichtet für ihre höchst pflichtgetreuen Töchter und ebenso von Tertius. (
AE
1984, 347, Pagus Interpromium, Italien)
     
    Im folgenden Beispiel sind Großeltern erwähnt, die wie der Vater noch Sklaven sind, während die Mutter bereits ihre Freiheit erlangt hat:
     
    Den Göttern der Unterwelt. Von Anthus, dem Sklaven der Marci, seinem Großvater, seiner Großmutter Rhoxane, seinem Vater Terminalis und Julia Euphrantice, seiner Mutter, errichtet für ihren Sohn, Tiberius Julius. (
CIL
VI 35530, Rom)
     
    Kinder von Sklaven waren natürlich selbst Sklaven und Eigentum des Herrn. Aus dem Wunsch, zusammenzubleiben, neigten Sklaven mit Kindern zu mehr Kooperation mit dem Herrn. Einer Frau konnte außerdem die Arbeit erlassen und sogar die Freiheit gewährt werden, wenn sie drei bis fünf Kinder geboren hatte.
    Sklaven litten als Eltern denselben Kummer wie Freie, so durch den Tod eines Kindes in sehr jungen Jahren:
     
    Von Novesis dem Sklavenagenten und Juventilla errichtet für Surisca, ihre höchst unglückselige Tochter, die würdig gelebt hat,

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