Römer im Schatten der Geschichte
Werkzeug und Ausrüstung war eine naheliegende Möglichkeit der Arbeitsverweigerung, zumindest für gewisse Zeit. Die Verweigerung gewissenhaften Dienens war eine andere Möglichkeit, es dem Herrn heimzuzahlen – wenn man sich nicht erwischen ließ:
Welcher ist aber nun ein treuer und kluger Knecht, den der Herr gesetzt hat über sein Gesinde, daß er ihnen zu rechter Zeit Speise gebe? Selig ist der Knecht, wenn sein Herr kommt und findet ihn also tun. Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen. (Matthäus 24,45 – 47)
So weit, so gut – für den getreuen Knecht. Doch wenn
… jener, der böse Knecht, wird in seinem Herzen sagen: Mein Herr kommt noch lange nicht, – und fängt an zu schlagen seine Mitknechte, ißt und trinkt mit den Trunkenen: so wird der Herr des Knechts kommen an dem Tage, des er sich nicht versieht, und zu der Stunde, die er nicht meint, und wird ihn zerscheitern und … da wird sein Heulen und Zähneklappern. (Matthäus 24,48 – 51)
Eine für einen Sklaven seltene, doch süße Rache war Callistus vergönnt: Nachdem sein Herr ihn als wertloses Besitzstück verkauft hatte, machte ihn sein neuer Besitzer zum Türhüter. Als nun sein früherer Herr das Haus betreten wollte, wies er ihn seinerseits als unwürdig ab (Seneca,
Briefe an Lucilius
47).
Oft waren Sklaven versucht, Leid und Schaden zuzufügen. Aus Ägypten ist bezeugt, dass Sklaven ihren Herren keinen Respekt erwiesen, sie anschrien und auf andere Art beleidigten. Sie sollen sich sogar an gewalttätigen Angriffen in den Straßen beteiligt haben. Dieses Verhalten nahm zum Teil bedrohliche Ausmaße an, so dass das Leben eines Sklavenhalters nicht ohne Risiko war. Zum Mord an einem Herrn kam es vermutlich selten, doch die Elite, die umgeben von Sklaven lebte, war potenziell immer das Ziel extremer Gewalt, und Beispiele gab es genug, so dass ihnen die Möglichkeit immer gegenwärtig war. Neben Beispielen in der Literatur der Elite erzählt eine Inschrift aus Mainz die Geschichte von der Rache eines Sklaven:
(Grabstein für) Iucundus, Freigelassenen des Marcus Terentius, Viehzüchter. Wer du immer vorübergehst und dies liesest, bleib stehen, Wanderer, und sieh, wie schmählich entrafft ich nutzlos klage. Nicht länger konnte ich leben als 30 Jahre, denn mir entriß ein Sklave das Leben und stürzte sich selbst in den Fluß. So hat der Main ihm genommen, was er seinem Herrn geraubt hatte. Sein Patronus hat dies aus eigenen Mitteln aufgestellt. (
CIL
XIII 7070 =
ILS
8511, Mainz/Walser, Nr. 65)
Eine andere stammt aus Clunia (Penalba de Castro) in Spanien:
Atia Turellia, Tochter des Gaius Turellius, 27 Jahre alt, wurde von einem Sklaven erschlagen. Gaius Turellius und Valeria [errichteten dieses Grabmal] (
AE
1992, 1037)
Zu Gewalt im großen Stil gegen Sklavenhalter kam es nicht; Sklavenaufstände hatten vor Beginn der Kaiserzeit praktisch ihr Ende gefunden. Entlaufene Sklaven allerdings förderten immer wieder Gesetzlosigkeit, die dann mitunter fast in Rebellion münden konnte. Jedoch fehlten die klassischen Bedingungen für Rebellionen: Die Sklavenpopulation war nicht überwiegend männlich oder sehr viel zahlreicher als die freie Bevölkerung und ihre Versklavung nicht jüngeren Datums. Diese extremeForm der Gewalttätigkeiten hat im Denken der Sklaven sehr wahrscheinlich keine größere Rolle gespielt.
Anders die Absicht, sich selbst Gewalt anzutun. Aus dem Vergleichsmaterial lässt sich mit einiger Sicherheit schließen, dass Selbsttötung als eine Möglichkeit galt, den Schrecken der Sklaverei zu entkommen. Suizide von Sklaven sind in Rechtstexten erwähnt, und fester Bestandteil der Beschreibung von Sklaven, die zum Verkauf standen, war offenbar die Erklärung, ob sie jemals versucht hatten, sich zu töten. Oben wurde der Fall des Sklaven zitiert, der seinen Herrn ermordete und sich danach in einen Fluss stürzte. Darüber hinaus aber gibt es erstaunlich wenige Beispiele von Sklaven, die Selbstmord begingen. Aufschlussreich ist allerdings, dass Lucius im
Goldenen Esel
daran denkt, sich seinem Elend durch Selbstmord zu entziehen, auch wenn er den Gedanken nicht in die Tat umsetzt.
Geplant und auch umgesetzt wurde von zahlreichen Sklaven dagegen die Befreiung durch Flucht, was aus Traumdeutungen und Weissagungen deutlich wird. Der Hauptgrund waren Misshandlungen, das Hauptbedenken die Rücksicht auf eine bestehende Familie und soziale Bindungen, die man würde aufgeben
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