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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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Haushalts Unterschlupf finden, sich als Arbeiter verdingen, (auf illegalem Weg) in die Armee einzutreten versuchen, zum Räuber werden, sich einem Grundbesitzer als Pächter anbieten – also ungefähr all das tun, was die – freien – Armen der Gesellschaft auch taten. Vielleicht führte er ein Leben voll Mühsal, und vielleicht wurde er schließlich doch aufgegriffen. Aber Phänomene wie das Dauerthema des flüchtige Sklaven in der Literatur der Elite, die detaillierten Verweise auf ein starkes Interesse an der Flucht in den astrologischen Schriften und die Leichtigkeit, mit der ein entsprungener Sklave mit der Bevölkerung verschmelzen konnte, deuten in ihrer Gesamtheit darauf hin, dass die Flucht einem Sklaven, der unter harten Bedingungen lebte, eine echte Chance bot.
    Bisher habe ich die Sklaven hinsichtlich der Personen betrachtet, die ihr Leben bestimmten – ein Sklave als Aufseher oder ein Herr –, und dabei habe ich Material konsultiert, das sich auf flüchtige Sklaven bezieht. Im Folgenden sollen Sklaven zur Sprache kommen, die ihrer Angst Ausdruck geben, verkauft zu werden. Einige wenige Sklaven betrachteten einen solchen Verkauf vielleicht als Erlösung von einem schlechten Herrn, für die meisten aber war er bedrohlich: Die Lebensumstände konnten bei einem neuen Herrn vielleicht besser, aber auch schlechter sein. Doch mehr als die Sorge um das eigene Wohl bedeutete das Schreckgespenst eines Verkaufs den Abbruch enger, positiver, stärkender Bindungen innerhalb der Gemeinschaft der Mitsklaven.
    Ehe, Sexualität, Familie
    Am engsten waren die Bindungen an die Familie. Obwohl Sklaven dem Gesetz nach nicht heiraten konnten – wer keine Person im rechtlichen Sinn war, konnte einem anderen nicht gesetzlich verbunden werden –, gingen sie regelmäßig dauerhafte Beziehungen ein. Ein Blick auf die Inschriften, in denen Verbindungen unter Sklaven bezeugt sind, zeigt, dass es schwierig ist, anhand der verwendeten Begriffe und Formeln Verbindungen unter Sklaven von freien Verbindungen zu unterscheiden. Verschiedentlich werden Gefährte oder Gefährtin als
contubernalis
bezeichnet, als »Zeltkamerad«, der herkömmliche Begriff zur Benennung eines Partners in einer Verbindung von Sklaven:
     
    Den Göttern der Unterwelt. Anna, Sklavin des Quintus Aulus, lebte 19 Jahre. Ohne jede Warnung raffte ein plötzlicher Tod sie hinweg in der Blüte ihrer Jugend. Dies ist der besten Gefährtin
(contubernalis)
geweiht. (
AE
1976, 173, Cosenza)
     
    Den Göttern der Unterwelt. Hermes Callippianius errichtete dies für Terentina, Sklavin des Claudius Secundus, die 22 Jahre und 3 Monate lebte. Sie war die liebste, pflichteifrigste, würdigste Gefährtin. (
CIL
VI 27   152, Rom)
     
    Doch häufiger als
contubernalis
erscheinen die traditionellen Wörter für »Gattin«,
uxor
und
coniunx
:
     
    Den Göttern der Unterwelt. Ihr Mitsklave Mercurius errichtete dies für seine sehr verdienstvolle Ehefrau
(uxor),
Fortunata. (
AE
1973, 110, Rom)
     
    Errichtet für Primus, Sklave des Herennius Verus von Hilarica, seiner Ehefrau
(uxor)
. (
CIL
III 11660, Wolfsberg, Österreich)
     
    Dieselben Begriffe erscheinen in Rechtstexten, ein klarer Beweis dafür, dass sie auch zur Bezeichnung von Verbindungen unter Sklaven akzeptiert wurden. Offenkundig konnten Sklaven, unabhängig von ihrer genauen Rechtsstellung, sowohl in der eigenen Gemeinschaft als auch bei Freien als »verheiratet« gelten. Manchmal wurden diese Verbindungen von den Besitzern gefördert, wozu auch Varro rät: »Stärkt den Arbeitseifer der Aufseher durch Belohnungen, und seht darauf, dass sie persönliche Ersparnisse machen können und dass jeder seine Mitsklavin hat,damit sie zusammen Kinder haben können« (
Über Landwirtschaft
1,17,5). Oder die Sklaven selbst bahnten die Verbindung auch ohne besondere Ermunterung an. Diese Verhältnisse waren zum Teil nicht unproblematisch, und sexuelle Kontakte blieben zweifellos nicht auf solche Zweierbeziehungen beschränkt.
    In der Tat ist es schwierig, von den sexuellen Beziehungen unter Sklaven ein klares Bild zu gewinnen. Die Besitzer gingen davon aus, dass Sklaven, sich selbst überlassen, zu Ausschweifungen neigten, wozu unsittlicher Sexualverkehr miteinander und in Bordellen gehörte (Columella,
Über Landwirtschaft
1,8,9 f.). Eine lockere Sexualmoral unter den Sklaven wurde in erster Linie dadurch begünstigt, dass Herren und Herrinnen sich die Freiheit nahmen, versklavte Männer und Frauen, Mädchen und Knaben als

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