Röslein stach - Die Arena-Thriller
hat nicht nur seine Bilder runtergemacht, sondern sie war auch noch mit dem Mann zusammen, der der bessere Maler war. Und das hat sie ihm auch noch unter die Nase gerieben. Also, wenn ich Polizist wäre und dieses Tagebuch lesen würde, dann würde ich diesen Baby verhaften.«
»Anscheinend hat die Polizei das Buch damals nicht gelesen.«
»Aber das sollte sie jetzt tun!«, fand Antonia. »Wenn es dieser Baby war…«
Robert unterbrach sie: »Du hast eine lebhafte Fantasie, aber du hast eines übersehen: Steinhauer hat den Mord an Sonja gestanden!«
»Und wenn das Geständnis falsch war?«, entgegnete Antonia.
»Warum sollte jemand etwas gestehen, das er nicht getan hat?«
Darauf wusste Antonia auch keine Antwort. »Wir sollten das Tagebuch trotzdem der Kommissarin zeigen, meinst du nicht?«
»Denkst du, die interessiert sich für einen zwanzig Jahre alten, abgeschlossenen Mordfall?«
»Aber das hängt doch alles zusammen! Sonja wohnte hier, Sarah war hier oft zu Besuch. Und Steinhauer schleicht sich hier als Gärtner ein… das sind doch alles keine Zufälle!«
»Hm.« Robert strich sich durch die dunklen Locken und Antonia ertappte sich bei der Frage, ob er sich vielleicht jetzt, wo Sarah nicht mehr zwischen ihnen stand, doch noch in sie verlieben könnte. Sie schämte sich für diesen Gedanken – aber der Wunsch blieb.
»Ich bin um drei Uhr auf der Polizeidirektion vorgeladen, zum Verhör. Da könnte ich das Tagebuch ja mitnehmen«, sagte Robert jetzt.
»Zum Verhör?«
»Ja, das ist Routine. Du kommst sicherlich auch noch dran.«
Er hatte es sicher nicht so gemeint, aber seine Worte hatten in Antonias Ohren einen bedrohlichen Klang.
28.
Am nächsten Morgen wurde Antonia kurz nach neun von zwei Polizisten in Zivil aus dem Bett geklingelt. Es waren nicht Kommissarin Gerres und ihr Kollege, den Katie als »ziemlich lecker« bezeichnet hatte, sondern ein älterer Herr, der ihr seinen Dienstausweis zeigte und sich mit »Hauptkommissar Bruckner« vorstellte. Den genuschelten Namen seines jüngeren Kollegen verstand Antonia nicht. Sie wollten wissen, wann Antonia ihren Stiefvater zum letzten Mal gesehen hatte.
Antonia, die rasch in Jeans, Sneakers und das T-Shirt von gestern geschlüpft war, bat die beiden in die Küche und sagte: »Am vergangenen Freitagnachmittag.«
»Wann genau und wo?«
»Er war hier. Um vier oder fünf, ich weiß es nicht so genau. Ich war in meinem Zimmer und sah ihn durch die Pforte gehen. Aber ich habe nicht aufgemacht.«
»Warum nicht?«
»Ich konnte mir denken, was er wollte: Er suchte meine Mutter. Die ist aber zu ihrer Schwester nach Mallorca geflogen und meine Tante hatte mich gebeten, ihm nicht zu sagen, wo meine Mutter ist. Sie hat ihn nämlich verlassen.«
»Weißt du, warum?«
»Sie hatten Streit, ständig, mehr weiß ich nicht.« Es war ihr unangenehm, von den Misshandlungen zu berichten, und außerdem würde das ihre Mutter nur verdächtig erscheinen lassen.
»Was passierte dann?«
Sie erzählte dem Polizeibeamten dasselbe wie ihrer Mutter gestern: dass er sehr wütend gewesen sei und »Doris, ich bring dich um« gerufen habe.
»Und du hast ihm also nicht geöffnet.«
»Nein, sag ich doch. Ich hatte Angst vor ihm. Ich wollte schon die Polizei rufen. Wenn er noch länger da rumgetobt hätte…« Antonia fand, dass sie ziemlich überzeugend klang. Fast hätte sie sich selbst geglaubt. Auch die beiden Beamten hegten offenbar keinen Zweifel an ihrer Aussage.
»War sonst noch jemand im Haus?«
Antonia überlegte. Einen Zeugen zu haben, wäre sicher nicht schlecht. »Ja, meine Freundin Katie. Katharina Buchmann. Die hat das mitgekriegt. Sie ist jetzt aber bei der Arbeit.«
»Wo?«
Antonia nannte ihnen die Firma und der Jüngere machte sich eine Notiz.
»Gut und was geschah dann?«
»Nichts. Als er merkte, dass ihm keiner aufmacht, ist er wieder gegangen.«
»Hast du eine Idee, wo er sich jetzt aufhalten könnte?«
»Nein.« Sie zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung.«
»Hat er dich seit Freitag mal angerufen?«
»Nein. Nur mal eine Woche vorher. Wir hatten keine so enge Beziehung.«
Die beiden verabschiedeten sich und Antonia atmete auf. Dass es so einfach werden würde, hätte sie nicht gedacht. Kaum war die Haustür hinter ihnen zugefallen, rannte sie nach oben. Sie musste sofort Katie anrufen und mit ihr ihre Aussage abstimmen. Fast hätte sie Robert umgerannt, der nur mit seiner Unterhose bekleidet auf der Treppe stand.
»’tschuldige«, murmelte
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