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Röslein stach - Die Arena-Thriller

Röslein stach - Die Arena-Thriller

Titel: Röslein stach - Die Arena-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Schaufel für das Schlagen meiner Mutter, eine Schaufel dafür, dass du ein Tyrann warst, eine Schaufel für das Haustier, das du mir stets verweigert hast, eine Schaufel für das Verbot, die Osterferien bei Tante Linda zu verbringen, eine Schaufel für mehr als tausend einsame Abende in meinem Zimmer, eine Schaufel für die zwei Wochen Hausarrest, nur weil ich mal geraucht habe, eine Schaufel für das Verbot, auf die Geburtstagsparty von Sinas älterem Bruder zu gehen, eine Schaufel für deine widerlichen Essmanieren… Schaufel für Schaufel wurde der Mann ihrer Mutter immer mehr zu einem Gespenst, das seinen Schrecken verloren hatte und ihr nicht länger das Leben verderben konnte. Während dieser Beschäftigung ging ihr ein Lied im Kopf herum, das sie als Kanon im Schulchor gesungen hatten: Der Hahn ist tot, der Hahn ist tot…
    »Toni!«
    »Was ist?« Sie drehte sich um zu Matthias, der ihr ins Ohr gezischt hatte.
    »Hör gefälligst auf zu summen!«
    »’tschuldigung.«
    »Und du Katie, pass lieber auf, ob jemand kommt, anstatt hier rumzukichern«, befahl Matthias voller Entrüstung, woraufhin Katie erwiderte, wer denn hier schon kommen sollte, während Robert nur den Kopf schüttelte und »Hühner!« murmelte.
    Die Erde, die übrig geblieben war – Ralphs Körper nahm eine ziemliche Menge Raum ein – verteilten sie gleichmäßig in der näheren Umgebung. Zum Schluss legte Robert den Kranz, den die Nachbarn von Frau Riefenstahl gespendet hatten, wieder auf den kleinen Erdhügel. Sie beseitigten ihre Spuren mit dem Rechen und Antonia dachte mit Bedauern an die tote alte Dame. Es tut mir sehr leid, liebe Frau Riefenstahl, dass Sie Ihr Grab mit so einem Widerling teilen müssen, aber es geht nicht anders. Bitte verzeihen Sie uns.
    An einer anderen Grabstätte, nahe der alten Friedhofsmauer, platzierten sie die Grablichter, drei leere Bierflaschen, ein paar Krähenfedern, die die Mädchen heute Nachmittag im Park gefunden hatten, und die Voodoo-Puppe, die Katie unbedingt hatte kaufen müssen. Die Erleichterung über die reibungslos verlaufene Aktion war allen anzumerken, sogar Matthias erlaubte jetzt wieder das Sprechen.
    »Ist das nicht ein bisschen zu dick aufgetragen mit der Puppe?«, meinte Robert, aber er ließ sie unangetastet vor dem Grabstein liegen. Matthias schüttelte die Farbdose und sprühte mit schwarzer Farbe ein Pentagramm und die Zahl 666 an die Mauer – einen Grabstein zu besprühen, brachte er dann doch nicht übers Herz. Dann rollten sie die leere Schubkarre den Weg hinunter und zurück zum Haus. Sie entfernten die Holzdiele von den Eingangsstufen, stellten die Werkzeuge wieder in den Schuppen und die Schubkarre an ihren gewohnten Platz, damit Herr Petri nichts merken würde.
    Als alles erledigt war, ging Katie zum Kühlschrank und zauberte eine Flasche Prosecco hervor.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Robert!«
    »Oh verdammt!«, murmelte der verlegen.
    Sie gratulierten ihm. Antonia küsste ihn auf beide Wangen und dann, sie wusste selbst nicht, woher sie den Mut dazu nahm, gab sie ihm noch einen kurzen Kuss auf den Mund. Es fühlte sich gut an. Roberts Lächeln geriet etwas schief. Vermutlich dachte er an Selin.
    Keiner von ihnen hatte das Bedürfnis, sofort schlafen zu gehen. Obwohl sie sich zwar müde von der körperlichen Anstrengung fühlten, waren sie gleichzeitig noch immer aufgekratzt. Vielleicht wollten sie auch nur nicht alleine sein, nach all den Schrecken dieses Tages. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, versammelten sie sich im Wohnzimmer und schauten bis vier Uhr morgens mehrere Folgen von Twin Peaks auf DVD an. Dazu aßen sie drei Tüten Chips. Als Antonia endlich auf ihrer Matratze lag, graute schon der Morgen und die ersten Vogelstimmen wurden laut. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen war, dass sie gerade mal vor acht Tagen hier eingezogen war. Es kam ihr vor wie ein ganzes Jahr.

20.
    Als Antonia wach wurde, war es schon fast Mittag. Wider Erwarten hatte sie nicht schlecht geträumt. Sie hatte gar nicht geträumt, oder wenn, dann wusste sie nichts mehr davon. Die Erinnerung an den gestrigen Tag traf sie dagegen wie eine Faust in den Magen. Meine Mutter! Ich muss sie anrufen.
    Beim Aufstehen merkte sie, dass ihre Schultern schmerzten vom Graben. Die Erleichterung, die sie noch gestern Nacht auf dem Friedhof beflügelt hatte, wich einer diffusen Angst. Sie griff zum Telefon. Wieder nur der höhnische Klang des Freizeichens. Antonia spürte, wie die Furcht

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