Röslein stach - Die Arena-Thriller
Gang gehen, als ob nie etwas gewesen wäre.«
»Ja, schon klar!«, maulte Robert und Antonia wünschte beiden einen guten Morgen.
»Moin, moin«, brummten beide im Chor. Antonia setzte Teewasser auf und beeilte sich, den Toaster zu füttern. Zwischen Nutella, Margarine und Kräuterquark lag ein braunes Päckchen, das Antonia nicht weiter beachtete. Sicher für Robert. Verdammt, sie brauchte auch noch ein Geschenk für ihn!, fiel ihr dabei ein.
»Das ist für dich, gerade mit der Post gekommen«, sagte Matthias und schmierte sich dick Nutella auf sein Brot.
»Für mich?«
»Es steht jedenfalls dein Name drauf.«
Sie las den Absender. Tante Linda! Verwundert riss sie es auf. Zum Vorschein kam eine Webcam. Auf einer beigelegten Karte stand: »Damit ich dich besser sehen kann… J, Linda.«
War bei Linda der Wohlstand ausgebrochen, verdiente man mit selbst gemachtem Schmuck so gut? Erst das viele Geld auf ihrem Konto und nun die Webcam. Hatte sie einen neuen, reichen Freund? Wie dem auch war, Antonia freute sich. Sie würde die Kamera gleich nachher installieren.
»Cooles Teil«, meinte auch Robert, der ihr über die Schulter gesehen hatte.
»Von meiner Tante aus Mallorca«, strahlte Antonia, die fand, dass dieser Tag gut angefangen hatte.
Nach dem Frühstück nahm sie sich erst einmal Katie vor. Immer noch freudestrahlend erzählte sie ihr, dass ihre Mutter wohlbehalten in Mallorca war. Dann fragte sie: »Die Jacke und die Papiere – wo sind sie?«
»Unterm Bett.«
Antonia kniete sich hin und griff sich die Jacke. Sie war voller Staubflusen. »Du könntest mal wieder staubsaugen«, bemerkte sie und fummelte das Portemonnaie aus der Innentasche. Personalausweis, EC-Karte, ein paar Rabattkarten. Sonst nichts.
»Wo ist die Kohle?«
»Welche Kohle?«, fragte Katie, die sich vor einem kleinen Kosmetikspiegel gerade die Wimpern tuschte.
»Ralph hatte immer mindestens hundert Euro bei sich, das war ein Tick von ihm. Und genau genommen gehört das Geld meiner Mutter. Also?«
Katie steckte die Wimpernbürste weg. »Du kannst doch deiner Mutter nicht sagen, woher du es hast.«
»Und du kannst es nicht einfach einsacken!«
»Och Menno!«, seufzte Katie, aber dann lächelte sie listig: »Halbe – halbe?«
»Meinetwegen«, schnaufte Antonia, überrumpelt von so viel Kaltschnäuzigkeit.
Katie fischte einen Fünfzigeuroschein aus ihrer Geldbörse und gab ihn Antonia, die ihn in ihrer Hosentasche verschwinden ließ.
»Geier«, murmelte Katie.
»Selber«, antwortete Antonia. Das war mit Sicherheit weniger als die Hälfte von Ralphs Barschaft, aber sie wollte sich jetzt nicht mit Katie deswegen streiten. »Ich fahre in die Stadt, ich brauche noch ein Geburtstagsgeschenk für Robert. Willst du mitkommen?«
»Ach ja, Roooobert… Jetzt, wo Selin weg ist, hast du ja freie Bahn.«
»So ein Quatsch!«
»War ja direkt obszön, wie du ihn gestern abgeknutscht hast.«
»Ich hab ihn nicht abgeknutscht«, stellte Antonia richtig. Hatte Katie im Moment wirklich keine anderen Probleme? Trotzdem machte ihr Herz einen kleinen Sprung. Katie hatte recht: Jetzt, da Selin fort war, konnten die Karten neu gemischt werden. »Kommst du jetzt mit in die Stadt?«, fragte Antonia.
»Nein, ich muss um zwei zu einer Veranstaltung, Kabel legen«, knurrte Katie. »Irgendeine Schlagerscheiße.«
War sie deswegen so schlecht gelaunt? »Das klingt ja schaurig!«
Katie winkte ab und fragte stattdessen: »Kannst du das Zeug hier verschwinden lassen?«
»Ja, sicher.« Mit spitzen Fingern nahm Antonia Ralphs Jacke und das Portemonnaie an sich und ging damit nachdenklich zurück in ihr Zimmer. Sie hatte Katie eigentlich noch fragen wollen, was sie Robert schenken könnte, aber gerade war dafür nicht der richtige Augenblick gewesen.
Als sie wenig später ihr Rad aufschloss, bog Herr Petri gerade mit einer Schubkarre voller Kompost um die Ecke. Der Anblick der Karre ließ Antonia zusammenzucken, was der Gärtner prompt missverstand: »Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken.«
»Kein Problem.«
»Und, wie fährt es?«
»Was? Ach so, das Rad. Gut, sehr gut. Vielen Dank noch mal«, sagte Antonia. »Übrigens…«
Er blieb stehen, setzte die Schubkarre ab. »Ja?«
»Selin ist weg.«
»Wer?«
»Selin. Das türkische Mädchen.«
»Ah, Selin«, wiederholte er gedehnt.
»Ich dachte, Sie wissen vielleicht…«, begann Antonia.
»Wieso ich?«, fragte Herr Petri ein wenig forsch zurück.
»Weil Sie doch gestern Mittag als Einziger
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