Röslein stach - Die Arena-Thriller
hier waren. Ich dachte, vielleicht hat sie zu Ihnen was gesagt.«
»Hat sie nicht.«
»Haben Sie sie weggehen sehen?«
»Nein. Ich war beschäftigt.« Er nahm die Schubkarre wieder auf und verschwand im rückwärtigen Teil des Gartens. Antonia blickte verwundert hinter ihm her. So einsilbig hatte sie ihn noch nicht erlebt. Antonia beschlich das Gefühl, dass er ihr nicht die Wahrheit sagte. Oder ihr etwas verschwieg – was ungefähr auf dasselbe hinauslief. Ist es nicht seltsam, dachte sie, dass jeder in diesem Haus Geheimnisse hat? Sogar das Haus selbst hatte welche – man denke nur an die Mauer im Keller!
Auf dem Weg in die Stadt zermarterte sie sich das Hirn nach einem Geschenk für Robert. Ein schickes Feuerzeug? Zu spießig. Eine CD? Dafür kannte sie seinen Musikgeschmack noch zu wenig. Ein Buch? Aber was? Einen Liebesroman? Bei diesem Gedanken musste sie kichern. Eher ein Fachbuch. Vielleicht: Wie ich einen Gemüsegarten anlege – oder so was in der Richtung.
Sie unterbrach ihre Fahrt kurz vor dem Steintorviertel, auf der Brücke, die über die Leine führte. Sie sah sich um, ob sie auch niemand beobachtete. Kein Fußgänger war auf der Brücke und die Autofahrer würden sich hoffentlich um den Straßenverkehr kümmern und nicht um sie. Sie beugte sich über das Geländer und tat, als wollte sie ins Wasser spucken. Klatsch! Das leere Portemonnaie plumpste in den Fluss, die Jacke segelte hinterher. Beides dümpelte knapp unter der Wasseroberfläche, wurde dann von der Strömung, die stärker war, als es von oben aussah, flussabwärts getragen und verschwand schließlich aus Antonias Blickfeld. Gestern noch hatten Katie und sie Ralphs Handy auf eine ähnliche Weise entsorgt, nur von einer anderen Brücke.
Wenig später stöberte Antonia in einer Buchhandlung herum und fand das ideale Geschenk für Robert, zumindest könnte es gut zu ihm passen. Wie sie fand. Es war ein kleiner Band mit dem Titel Philosophie in der Küche – Kritik der kulinarischen Vernunft. Das klang auf jeden Fall ziemlich intellektuell. Sie ließ es gleich vor Ort als Geschenk einpacken und radelte nach Hause. Sie war jetzt sehr gespannt auf ihre erste WG-Party.
Robert schnippelte bereits in der Küche an einer Gurke herum und er hatte auch schon eine Küchenhilfe an seiner Seite: Sarah. Antonia gab es nicht gerne zu, aber der Anblick der beiden in offensichtlich vertrauter Zweisamkeit versetzte ihr einen kleinen Stich. Sie bot Robert ihre Hilfe an, was die beiden jedoch freundlich ablehnten. Auch gut. Sie hätte sich ohnehin wie das fünfte Rad am Wagen gefühlt. Als sie die Treppe hinaufging, hörte sie die beiden herzhaft lachen. Der hat sich ja schnell über den Verlust seiner angebeteten Selin hinweggetröstet. Kerle! Was für ein oberflächliches Pack!
Petra Gerres blickte ihren Kollegen Peter Bornholm über den kleinen Tisch hinweg eindringlich an. Vor ihnen standen zwei Tassen Cappuccino, aber noch keiner von ihnen hatte das Getränk angerührt. Petra hatte für das Treffen mit dem Kollegen vom LKA das Café hinter der Kreuzkirche vorgeschlagen: Hier war es sogar heute ziemlich ruhig, denn die samstäglichen Passantenströme wälzten sich zwischen Bahnhof und Markthalle durch die Stadt.
»Fünf Mädchen!«, sagte sie gerade mit Nachdruck und klopfte auf die Liste, die neben ihrer Tasse lag. »Das Aussehen ähnlich, ebenso die Umstände ihres Verschwindens – zumindest bei dreien von ihnen. Wieso ist das bis jetzt noch niemandem aufgefallen? Nicht mal euch Schlauköpfen vom LKA?«
Bornholm quittierte den Ausdruck mit einem breiten Lächeln, während Petra eifrig fortfuhr: »Steinhauer könnte tatsächlich recht haben, es könnte einen Serientäter geben.« Die Möglichkeit, dass es noch mehr unentdeckte Leichen gab, war nicht gering und der Vollständigkeit halber würde sie gleich am Montag auch noch die Jahre 1991 bis 1995 durchforsten.
»Wieso meinst du eigentlich, dass das noch niemandem beim LKA aufgefallen ist?«, erwiderte nun Bornholm. »Es gibt seit Jahren eine Soko, die diese Fälle untersucht. Aber der Täter ist extrem klug. Er hinterlässt keine Spuren. Außerdem waren die beiden Leichen, die man gefunden hat, in einem stark verwesten Zustand. Wir wissen nicht einmal, wie sie getötet wurden oder ob sie vergewaltigt wurden. Schädelfrakturen oder Spuren von Geschossen fand man jedenfalls nicht.«
Petra rührte nachdenklich in ihrer Tasse. »Und warum arbeitet diese Soko offenbar im Verborgenen?«
»Was
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