Röslein stach - Die Arena-Thriller
schlechtem Schlaf. Der Tod von Sarah Jacobi schien ihnen wirklich nahezugehen. Von den jungen Männern war keiner zu sehen.
Petra nahm die angebotene Tasse Kaffee an und fragte dann: »Und? Was wolltest du mir sagen?«
Katie schilderte, wie sie am Sonntag vor acht Tagen nach ihrem Dienst in der Kneipe einen Platten am Fahrrad bemerkte und es stehen ließ. Auf dem Heimweg war sie offenbar von einem Mann verfolgt worden. »Und der ist nur weg, weil drei Typen vorbeikamen. Das ist mir noch eingefallen – weil Sie doch gefragt haben, ob Sarahs Rad in Ordnung war.«
Petra Gerres notierte sich den Namen der Kneipe. »Und du bist ganz sicher, dass dir dieser Mann gefolgt ist?«
Katies Finger mit den vielen Ringen fuhren durch ihr fransig geschnittenes dunkles Haar. Sie nickte heftig. »Ja, absolut. Der ist nicht nur zufällig da lang. Wenn ich mich umgedreht habe, ist er stehen geblieben und hat sich weggedreht. Ich bin immer schneller gegangen, am Schluss bin ich fast gerannt und trotzdem kam der immer näher. Ich hatte eine Scheißangst! Der Typ von der Fahrradwerkstatt hat gesagt, der Reifen wäre mit Absicht zerschnitten worden«, setzte Katie hinzu.
Das Mädchen sagte die Wahrheit, erkannte Petra. Sogar jetzt, wo sie sich an das Ereignis erinnerte, flackerte der Blick ihrer türkisblauen Augen nervös hin und her und ihre Finger verknoteten sich ineinander. Ihre Freundin Antonia bestätigte Petras Eindruck, indem sie anmerkte: »Katie ist sonst kein Angsthase!«
Leider konnte Katie den Mann nicht beschreiben, außer, dass er mittelgroß und nicht ganz schlank war. »Und ich glaube, er war schon älter.«
»Wie alt?«
»Vierzig, fünfzig, so ungefähr.«
»Auch sechzig?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Es war dunkel…«
»Hast du einen Verdacht, wer es sein könnte? Ist dir vielleicht in der Kneipe in letzter Zeit ein Gast aufgefallen, der dich angestarrt hat oder sich sonst irgendwie seltsam benommen hat? Jemand, der dir vielleicht schmierige Komplimente gemacht hat oder besonders großzügig mit dem Trinkgeld war? Wollte einer unbedingt ein Gespräch mit dir anfangen? Es kann auch einer sein, der sehr nett und vertrauenerweckend rüberkommt«, fügte Petra hinzu, die an Steinhauers gewinnende Art dachte. Aber Steinhauer war nicht korpulent, nicht mal im Ansatz.
»Das hab ich mir auch schon überlegt, aber ich könnte nicht sagen, dass mir da einer besonders aufgefallen wäre«, antwortete Katie.
»Diese drei Jungs, die da langkamen – kennst du die?«
»Nein«, kam es rasch.
»Kannst du die beschreiben?«
»Es waren Türken, glaube ich. Die Sorte mit Kapuzenpullis, dicker Gürtelschnalle und offenen Sneakers.«
»Wie alt?«
»Keine Ahnung«, kam es zögernd von Katie. »Ich habe nicht auf sie geachtet, ich bin gleich weitergerannt.«
Türkische Hoodies, na großartig! So sah die Hälfte der Jugendlichen in Linden aus. Das unter Jugendlichen sehr verbreitete Tragen von Kapuzenpullis trug nicht gerade zur Vereinfachung der Verbrechensaufklärung bei, das musste Petra in letzter Zeit oft feststellen.
»Glauben Sie, dass das derselbe Kerl war, der Sarah getötet hat«, fragte nun die andere, Antonia, und setzte hinzu: »Vielleicht war es ja der, den ich neulich nachts herumstehen sah. Vielleicht hat er das Haus schon länger beobachtet.«
»Möglich.« Petra trank ihren Kaffee aus. »Es war gut, dass du mir das gesagt hast«, lobte sie Katie. »Auf jeden Fall solltet ihr in nächster Zeit sehr vorsichtig sein. Keine Alleingänge bei Dunkelheit, ja? Und wenn irgendwas ist, ruft ihr sofort mich an oder den Notruf. Lieber einmal zu viel.«
Sie nickten und Antonia lächelte ihrer Freundin aufmunternd zu. Die Kommissarin erwog, die beiden zu fragen, ob sie über das Verbrechen Bescheid wussten, das vor zwanzig Jahren in diesem Haus geschehen war. Aber sie wirkten ohnehin schon verängstigt. Also beschloss sie, es vorerst sein zu lassen. Katies Informationen waren interessant, er hatte es offensichtlich schon einmal versucht. Das Mädchen hatte verdammtes Glück gehabt. Jedenfalls mehr als Sarah.
Während ihres Gesprächs hatte Petra Gerres mit dem Rücken zur Terrassentür dagesessen, aber jetzt, im Aufstehen, warf sie einen Blick in den Garten. Der frisch gemähte Rasen leuchtete sattgrün, die Biertische waren verschwunden. Für einen Garten, der von vier Jugendlichen betreut wurde, sah der hier sehr gepflegt aus. Vor einem Hochbeet, in dem sich nichts als Erde befand, stand ein Mann mit dem Rücken
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