Roeslein tot
bist zwoar zwonzig Joahr jünger wia i, ober gscheiter bist ned. Loßt da de Hörner aufsetzn, du Hirsch, du damischer! Wos host ober aa onders erwoartet, wo du des Luader gheirot host, wo zwonzig Joahr jünger is wia du?‹ – ›Was willst denn damit sagen?‹, hot der Eisinger gsogt. – ›Lauf schnei hoam und find’s raus, wenn’st es no ned woaßt. Boid werdn’s dir olle verzähln, dene, wo i’s verzähln werd‹, hot der Sepp gsogt. Do is der Eisinger gonz rot worn. ›Ich weiß nicht, was du dir einbildest. Alles Lügen. Wenn du über mich und meine Frau üble Nachrede verbreitest, dann kannst was erleben! Das werde ich schon zu verhindern wissen.‹ Genau so hot er’s gsogt, der Eisinger. I hob ma zuerst goar nix denkt, weil der Sepp, der hot ja mit jedem an Streit ogfanga. Ober nocha, wo er tot wor …«
»Mit wem die Frau Eisinger ihren Mann betrügt, das hat er aber nicht gesagt?«
»Naa, des hätt i mir sonst merkt.«
»Verstehe. Es war eine sehr vernünftige Entscheidung von Ihnen, mir den Vorfall zu schildern, Frau Sauder. Jetzt können Sie beruhigt nach Hause gehen. Wir kümmern uns um den Rest.«
Unterdessen hat der Wellmann den Kreizmeier Alois als letzten der Schafkopfbrüder besucht und kehrt, zufrieden über die eindeutigen Aussagen der Männer, durch eine verwinkelte Seitengasse des Angers zu seinem Chef zurück. Auf einmal steht wie ein Kaninchen, das man aus dem Hut gezaubert hat, die Friseurin neben ihm.
»Wo kommen Sie denn so plötzlich her?«, rutscht es ihm heraus. »Und wer sind Sie?«
Die rosaroten Petunien, die gleich gegenüber sensationshungrig aus dem Blumenkasten hängen, wissen natürlich, dass die Friseurin dem Wellmann in Wirklichkeit schon einige Zeit hinter einer Hausecke aufgelauert hat.
»Wer ich bin, tut nichts zur Sache. Ich muss Ihnen etwas sagen. Aber ganz im Vertrauen. Normalerweise verbreite ich nämlich kein Gerede über andere Leute. Besonders nicht über ehrbare Bürger. Ich glaube an das Gute im Menschen und in der Welt. Andererseits kann das, was hier im Dorf passiert ist, diesen Glauben schon erschüttern.«
»Das verstehe ich natürlich. Was wollen Sie mir sagen?«
»Sie dürfen aber niemandem verraten, von wem Sie es wissen.«
»Ich weiß doch gar nicht, mit wem ich es zu tun habe. Möchten Sie sich nicht vorstellen?«
Die Friseurin blickt prüfend um sich. Alles menschenleer.
»Es ist besser, wenn Sie meinen Namen nicht kennen. Und jetzt hören Sie zu: Vor etwa zwei Wochen bin ich am Rain spazieren gegangen und habe den Sepp und den alten Berglmaier auf dem Kofel-Eck gesehen. Sie haben doch sicher schon von dem Streit um das Kofel-Eck gehört?«
»Ja, Herr Schultes hat uns davon erzählt.«
»Die zwei haben mal wieder gestritten. Ich war zu weit weg, um etwas zu verstehen. Aber den letzten Satz hat der Berglmaier ganz laut gebrüllt: ›Pass auf, dass du nichts tust, was du später bereuen könntest!‹ Das klingt doch wie eine Drohung, finden Sie nicht? Vielleicht täusche ich mich ja auch. Die Berglmaiers sind eine unbescholtene Familie. Und sie haben enormen Einfluss im Dorf. Auf jeden hier. Ich denke nur, Sie sollten das wissen.«
»Vielen Dank. Es war sehr richtig, dass Sie mir das erzählt haben. Wir werden Herrn Berglmaier darauf ansprechen.«
»Aber erwähnen Sie mich ja nicht!«
»Das lässt sich sicher vermeiden, allerdings müssten Sie mir trotzdem noch Ihren Namen …« Doch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hat, ist die Friseurin verschwunden.
Als der Wellmann bald darauf die Gärtnerei erreicht, berichtet er dem Stuhlinger, was ihm eben zugetragen wurde.
»Aha, interessant. Die Hinweise scheinen sich zu verdichten. Den Landwirt müssen wir uns gleich vornehmen. Und was hat die Schafkopfrunde ausgesagt?«
»Sie waren sich alle sicher, dass der Schladerer das Lokal ziemlich genau um halb elf verlassen hat. Das passt ja ganz gut zum Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung, nach dem der Todeszeitpunkt zwischen zehn und halb zwölf Uhr liegt. Ansonsten ist keinem der Männer etwas Ungewöhnliches aufgefallen. Der Hintergruber meinte nur, dass der Schladerer an dem fraglichen Abend besonders gute Laune hatte.«
»Das lässt sich möglicherweise durch die Aussage der Metzgerin erklären: Vor dem Schafkopfen hatte der Schladerer den hiesigen Sporthausbesitzer so richtig ins Schwitzen gebracht. Er behauptete, dessen Frau hätte eine Affäre, und wollte es anscheinend überall herumerzählen.«
Der Wellmann sieht
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