Roeslein tot
sofort den Zusammenhang. »Das hat den Schladerer sicher tief befriedigt, so wie ihn sein Schwiegersohn geschildert hat. Und es belastet den Sporthausbesitzer.«
Der Stuhlinger nickt und verteilt die Aufgaben.
»Jetzt, wo wir den Todeszeitpunkt sicher eingrenzen können, sollten wir prüfen, ob die Hauptverdächtigen ein Alibi haben. Könnten Sie sich um diesen Landwirt kümmern, den Berglmaier? Den Sporthausbesitzer nehme ich mir vor.«
»Also, wenn’s Ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne mit Ihnen tauschen. Ihnen dürfte der Besuch eines Betriebs, in dem Tiere zum Abschlachten herangezogen werden, deutlich weniger ausmachen als mir.«
Ich horche auf. Der Wellmann ist Vegetarier. Soll ich seine Ernährungsweise positiv bewerten? Das ist für eine Pflanze eine knifflige ethische Frage. Ich glaube, ich konzentriere mich lieber auf den Mordfall.
»Außerdem ziehe ich eine pikante Affäre der pikanten Landluft eindeutig vor«, bekräftigt der Wellmann seine Bitte.
»Nichts da. Ich bin über das, was der Sporthausbesitzer gesagt hat, besser unterrichtet als Sie. Also traben Sie mal schön zum Bauernhof. Und werden Sie bloß nicht frech, Wellmann.«
Die beiden begeben sich zu ihren Verdächtigen, und im Rosenquartier kehrt bleierne Ruhe ein. Nur hier und da ertönt ein leiser Seufzer. Mir selbst ist auch gerade überhaupt nicht lustig zumute. In diesem Augenblick der Stille kommt in uns allen wieder das Gefühl der Leere hoch. Wie sehr uns doch der Sepp fehlt! Ich bin so deprimiert, dass ich ganz vergesse, Berglmaiers Hofbuche und die Fichte am Sportgeschäft über die Aktivitäten der Ermittler auszufragen. Das macht aber nichts, denn die beiden kehren bald zurück und liefern einander Berichte darüber ab, wie es ihnen ergangen ist.
Zuerst kommt der Wellmann. Er vertreibt sich die Zeit, indem er etwas lustlos da und dort an einer Rosenblüte schnüffelt. Dass die Rosen viel trauriger und schwächer riechen als sonst, fällt ihm natürlich nicht auf. Sie wollen ihre Duftmoleküle nicht an diesen Banausen verschwenden. Seit der Sepp nicht mehr da ist, meint jeder dahergelaufene Trottel, sich an sie heranmachen zu dürfen. Das wäre früher nicht vorgekommen.
Dann trampelt auch noch der Stuhlinger durch die Rosenreihen.
»Und, was war?«, verlangt er zu wissen.
»Der Alte hat mich am Misthaufen empfangen. In voller Montur: Kittel, Handschuhe, Gummistiefel, Trachtenhut, Gamsbart, Mistgabel. Welch ein Duft! Da machen die Ermittlungen wirklich Spaß. Er war so zuvorkommend, dass ich schon Angst hatte, er schmeißt mir eine Gabel voll Mist ins Gesicht. Gott sei Dank hat er die Mistgabel stattdessen in den Misthaufen gespießt, bis nur noch das obere Ende vom Schaft rausgeguckt hat. Trotzdem wäre er beinahe explodiert vor lauter Wut, dass ich es überhaupt wage, ihn mit dem Mord in Zusammenhang zu bringen. Gegen den hätte ich keine Chance gehabt. Der hat vielleicht was auf den Rippen! Jedenfalls waren sich Vater und Sohn einig. Der Aussage der beiden zufolge hat die ganze Familie in der Mordnacht vor dem Fernseher gesessen und die Wiederholung vom ›Tatort‹ geguckt. Die Schwiegertochter hat dazu genickt. Ich habe im Fernsehprogramm nachgesehen, der ›Tatort‹ wurde von halb elf bis Mitternacht ausgestrahlt.« Der Wellmann grinst. »Den Krimi hätten sie allerdings auch live haben können, wenn sie sich nur zur Gärtnerei bemüht hätten. Das sind kaum zweihundert Meter Luftlinie. Zu ihrem Hof bin ich von der Straße her gekommen, aber ich habe gesehen, dass es nach hinten hinaus einen Feldweg gibt, der um eine Wiese herum zur Kompostanlage der Gärtnerei führt.«
»Der Eisinger vom Sporthaus hat kein Alibi«, berichtet nun im Gegenzug der Stuhliger. »Er war allein zu Hause, sagt er. Seine Frau war verreist. Sie hat für ein paar Tage ihre Mutter in Paderborn besucht und ist erst Freitagmittag mit dem Auto zurückgekommen. Der Eisinger hat so getan, als würde er überhaupt nicht verstehen, was ich von ihm will. Seine Frau machte hingegen einen ziemlich verunsicherten Eindruck. Da müssen wir später noch mal nachhaken. Als Nächstes sollten wir uns aber um die gestohlene Rose kümmern.«
Mir kann die Fürstin, ehrlich gesagt, gestohlen bleiben, meinetwegen bis in alle Ewigkeit. Ich wünsche ihr gewiss nichts Böses. Aber wer auch immer sie geklaut hat, behandelt sie sicher tadellos. Um die Fürstin braucht man sich keine Sorgen zu machen.
Die beiden finden den Jens beim Umtopfen.
»Morgen werden wir
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