Roeslein tot
Leiche gestapelt hat, könnte Kratzer an den Händen haben«, gibt der Wellmann zu bedenken.
»Vielleicht trug sie auch Handschuhe. In der Garage habe ich einen ganzen Stapel gesehen. Solche aus Leder mit Stoffrücken. Fragen Sie doch bitte die Eheleute Schultes, ob welche fehlen.«
»Das habe ich schon, gleich am Freitag.«
»Was haben sie geantwortet?«
»Sie meinten beide, das könnten sie nicht genau sagen. Sie würden die Handschuhe selten benützen. Ich habe trotzdem alles ins Labor geschickt. Vielleicht findet sich ja doch was.«
»Mh, das ist alles nicht berauschend. Hat dieser Jespersen aus der Hamburger Baumschule endlich zurückgerufen?«, möchte der Stuhlinger wissen. »Der ist ja verdammt schwer aufzutreiben.«
»Ja, gerade vorhin. Er konnte sich sehr gut an Schultes erinnern und beschrieb ihn vollkommen korrekt als einen jungen, großen, blonden Mann mit westfälischem Akzent. Er fand ihn so sympathisch, dass er ihn sogar noch zum Bahnhof Altona auf den ICE um sechzehn Uhr vierzig gebracht hat. Scheint alles zu stimmen.« Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: »Mich würde ja interessieren, wer es war, der heute Morgen bei uns angerufen und uns das von der Metzgerin erzählt hat. Ein älterer Mann, der Stimme nach.«
»Dann spitzen Sie mal die Ohren, Wellmann, vielleicht hören Sie die Stimme während der Zeugenbefragungen irgendwo wieder.«
»Normalerweise höre ich keine Stimmen.«
»Werden Sie bloß nicht frech, Wellmann.«
Bevor die Diskussion ins Übersinnliche abgleitet, schickt der Stuhlinger seinen Kollegen zu weiteren Ermittlungen ins Dorf. Er selbst steht im Beet, wartet und starrt auf die Rose von Lancaster. Die starrt missmutig zurück. Wenn sie diesen Blick mit der liebevollen Aufmerksamkeit vom Sepp vergleicht, kann sie nur depressiv werden. Der Stuhlinger scheint nachzudenken. Fast hätte er nicht gemerkt, dass die Metzger-Zenzi an seine Seite getreten ist.
»Ach, grüß Gott, Frau Sauder. Wie schön, dass Sie Zeit für mich haben. Sie können sich ja sicher denken, warum ich mit Ihnen sprechen will.«
Die Zenzi errötet wie die Rose von Lancaster. »Jo do im ›Löwen‹, do hob i woi a Glaserl zu vui trunken«, gesteht sie verlegen. »I woit eigentlich goar koa so Unruhe stiftn. Und i woaß aa goar nix, glaubn’s ma’s! Des wor bloß der Alkohoi.«
»Aber Sie haben doch einen konkreten Verdacht, oder?«
»Naa, goar ned. Und i wui koan’ ohne Grund beschuidign, der wo’s nocha vielleicht doch ned wor. Und außerdem, i woaß von nix.«
Der Stuhlinger macht eine ernste Miene. »Frau Sauder, ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie in Lebensgefahr schweben? Sie mögen vielleicht tatsächlich nichts wissen, aber der Mörder oder die Mörderin glaubt jetzt sicher, dass Sie etwas wissen. Und wer einen Menschen tötet, tötet auch zwei, wenn es sein muss – aus seiner Sicht.«
Die Metzger-Zenzi schaut erschrocken und wechselt die Farbe von Lancaster nach York. »Oiso – so hob i des no goar ned gseng.«
»Wenn Sie mir nicht erzählen, was Sie wissen, dann muss ich für Sie Personenschutz beantragen. Wenn Sie es mir doch erzählen und ich erzähle allen, dass Sie es mir erzählt haben – aber natürlich nicht, was Sie erzählt haben –, dann sind Sie außer Lebensgefahr. Dann hätte ja ein Mord an Ihnen keinen Zweck mehr.«
»Oiso – so hob i des no goar ned gseng«, wiederholt die Zenzi.
»Dann fangen Sie am besten gleich an.«
»Jo, wenn des so is … Des wor am Donnerstogobend, do san de Schafkopfer so noch und noch zum ›Löwen‹ eini. I hob grod die Thekn putzt, weil i bin noch Lodenschluss ned glei dazu kemma. I denk, jetzat san die scho bestimmt olle drin im ›Löwen‹, ober do kimmt noch der Sepp. Und grod wia er vor unserm Schaufenster vorbeilauft, do kimmt ihm der Eisinger entgegn. Der Eisinger vom Sporthaus, wissen’s? Und de zwoa bleibn vorm Schaufenster stoa. Mi hom’s ned gseng, weil i koa Licht oghabt hob. Außerdem hob i mi glei hinter die Thekn duckt. Des wor wia so a Vorahnung, wissen’s?«
»Eine Vorahnung wovon?«
»Oiso, dess es bei dene zwoa um wos Schlimms geht. Zuerst hot der Sepp wos gsogt: ›Do schaug her, der Eisinger Franzl. Kimmst nimma zum Schofkopfa? Bevor du de preißische Madam do hergschleift host, bist oiwei kemma. Und gredt host aa wia deine Spezln. Ober jetzat, do muaßt redn wia a Preiß, dess sie di überhaupts versteng ko. San mir dir jetzt nimma guat gnua? Zu boarisch? Zu oit vielleicht? Zu vertrottelt? Du
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