Roeslein tot
etwas nichts anhaben.«
»Dann haben Sie am Donnerstagabend durch Ihren Spaziergang in die Gärtnerei einer kurzen Verstimmung Luft gemacht?«
»Wer behauptet, dass ich in der Gärtnerei war? Schon wieder Verleumdungen! Ich sage Ihnen, in diesem Dorf muss man eine Engelsgeduld haben, sonst wird man wahnsinnig. Wenn Sie es genau wissen wollen: Jawohl, ich bin am Donnerstagabend tatsächlich in diese Richtung spazieren gegangen, habe aber um die Gärtnerei einen großen Bogen gemacht, um nicht an das Schandmaul Schladerer denken zu müssen. Ich bin über den Bachweg hinter dem Dorf an der alten Kopfweide vorbei nach Hause gelaufen. Diesen Weg kann Ihnen jeder im Dorf zeigen. Etwa um halb neun war ich wieder hier.«
»Dabei hat Sie leider niemand gesehen.«
»In der Tat, niemand, denn als ich den Hof vom Berglmaier überquerte, in den dieser Pfad mündet, war kein Mensch dort. Aber was macht das für einen Unterschied? Ich habe sowieso kein Alibi.« Der Eisinger grinst schief.
»Tja, so ist es. Sie werden sich wohl auf weitere Besuche von uns gefasst machen müssen«, schließt der Stuhlinger das Gespräch vorläufig ab. Für heute ist es Zeit, zur Dienststelle zurückzukehren.
Die Polizisten haben sich am Nachmittag auf die faule Haut gelegt. Oder arbeiten sie woanders weiter? Wer weiß. Im Gegensatz zu ihnen bin ich mit dem, was ich bisher erfahren konnte, nicht zufrieden. Ist den Linden wirklich nicht mehr aufgefallen als der Gerti? Ich schicke noch eine Informationsanfrage zu ihnen hinüber.
»Ist euch am Donnerstag wirklich nichts anderes aufgefallen, als dass der Eisinger in Richtung Gärtnerei spaziert und nicht wieder zurückgekommen ist?«
Ich höre ein lautes, vielfaches »Nein« und anschließend ein unverständliches Durcheinandergerede.
»Doch!«, mischt sich ein heiseres, dünnes Stimmchen darunter. Beinahe hätte ich es überhört. Es ist eine Linde, in die mal der Blitz eingeschlagen hat. Früher war sie die höchste von allen, deshalb hat sie dem Blitz so gefallen. Jetzt wird ihr gespaltener Stamm von Stahlseilen, Schellen und Schrauben zusammengehalten. Sie vegetiert mehr schlecht als recht vor sich hin. Kein Wunder, dass ihre Stimme so schwach ist. Aber sie ist die Einzige, die in die Gasse am Pfarrhaus hineinschauen kann, wo es zur Gärtnerei geht.
»Seid doch mal alle leise und lasst die gespaltene Linde reden!«, brülle ich. Es hat keinen Zweck. Die Linden haben angefangen, alle gleichzeitig das Mordthema durchzuhecheln, und hören mir überhaupt nicht zu.
»Ruhe!«, donnert eine gewaltige Stimme über den allgemeinen Lärmpegel hinweg. Es wird still. Das war die Hofbuche, die mir zu Hilfe gekommen ist. Eine wahre Freundin, obwohl sie doch so viel imposanter ist als ich.
Die gespaltene Linde röchelt: »Ich hab nicht bloß den Eisinger … chrhh … gesehen. Viel später, als es schon … chchch … dunkel war, ist die Gerti hinten aus dem Pfarrhaus geschlüpft. Dann hat es elf Uhr geläutet. Kurz danach kam sie wieder.« Die Linde hüstelt.
»Und wie sah sie da aus?«
»Wie meinst du das? Die Gerti sieht … hhmh … immer aus wie die Gerti.«
»Ich meine, irgendwie aufgeregt oder schmutzig oder so …«
»Die Gerti sieht immer aus wie die Ger… hchhh.« Die gespaltene Linde bekommt einen asthmatischen Anfall. Diese Ausfragerei war schon viel mehr, als man ihr eigentlich zumuten kann. Ich lasse sie in Ruhe.
Die Gerti ist also nachts herumgeschlichen. Wenn das einen harmlosen Grund hatte, warum hat sie es dann dem Stuhlinger verschwiegen? Ist es ihr vielleicht nur peinlich, sich vor der Polizei rechtfertigen zu müssen? Oder steckt mehr dahinter? Hat sie etwa doch was mit dem Pfarrer, und der Sepp war dahintergekommen? Dann hätte sie einen Grund gehabt, ihn umzubringen. Aber ich kann sie mir nicht so recht als Mörderin vorstellen.
Zwölf
Der Stuhlinger und der Wellmann stehen am nächsten Morgen schon wieder im Beet. Sie sind mir inzwischen ein so gewohnter Anblick, dass ich sie für eine neue Rosensorte halten könnte. Nur riechen sie nicht so gut.
»Haben Sie was herausgefunden wegen der Handschuhe, Wellmann?«
»Der Pfarrer hat sie gekauft, um seinen Olivenbaum umzutopfen, behauptet er. Danach seien sie furchtbar schmutzig gewesen. Er habe sie in der Jackentasche vergessen und auf dem Weg zum Kaffeetrinken wiedergefunden, worauf er sie kurzerhand wegwarf. Als Pfarrer braucht er ja so gut wie nie solche Handschuhe, sagt er.«
»Hat die Haushälterin das
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