Roeslein tot
fährt er fort: »Die Frau Berglmaier war also am Donnerstagabend hier? Allein?«
»Naa, sie hot mit ihrem Mo und dem Kinderwogn an Spoziergang gmocht. I hob sie über die Geranien redn hörn, und do bin i glei naus, obwohl grod der ›Tatort‹ im Fernsehn kemma is. ›Gell, so wos gibt’s bei Eana im Sauerland ned?‹, hob i gsogt und ihra glei a poar Geheimtipps für de Bluamapflege gebn.«
»Da wird sie Ihnen sicher dankbar gewesen sein«, sagt der Herr Kriminaloberkommissar, und ich stelle anhand einiger ausgesprochen zufriedener Moleküle fest, dass das auch für ihn gilt. So überflüssig war der Bewegungsdrang vom Stuhlinger also gar nicht. Ich nehme das zurück.
Auf dem Rückweg zum Anger treibt ihn ein noch viel intensiverer Bewegungsdrang vorwärts als auf dem Hinweg. Statt zur Gärtnerei biegt er diesmal im Schweinsgalopp zu Berglmaiers Hof ab.
Der Junior schraubt gerade an einem Heuwender herum. Beim Öhmden letztes Jahr ist er damit so knapp am Wiesenrand entlanggefahren, dass ihm ein paar Zinken an dem Brombeergestrüpp hängen geblieben sind und sich verkeilt haben. Wenn man’s nicht sofort repariert, dann vergisst man’s. Jetzt, wo schon wieder die erste Heuernte des Sommers bevorsteht, ist es ihm siedend heiß wieder eingefallen. So ein Ärger. Und nun taucht auch noch der Bulle bei ihm auf. Wenn der Stuhlinger wenigstens ein Zuchtbulle wäre, den könnte er gebrauchen, wie die Hofbuche, die ihm bei der Arbeit zuschaut, sehr gut weiß.
»So, der Herr Kommissar, hom’s wos vergessn? Und den Mörder? Hom’s den oiwei no ned?«
»Nein, er hat sich noch nicht bei mir gemeldet. Kann ich bitte Ihren Vater sprechen?«
»Naa, der is ned do. Der is zu dera Londmaschinen-Ausstellung noch Fürstenfeldbruck gfoahrn. Na kenna’s jo wieder ganga, weil i ko Eanara Frogn eh ned beantwortn.«
»Ich glaube doch, und zwar habe ich eine kriminalistische Frage, sozusagen von Kollege zu Kollege: Sie können mir doch sicher sagen, wer in der ›Tatort‹-Wiederholung am letzten Donnerstag der Mörder war?«
»Äh … wia? Wozu wolln’s des wissn? Des is doch wurscht, i hob’s vergessn.«
»Sie wissen es also nicht?«
»Auf so a bleede Frogn, de wo mit dem Mord hier goar nix zum toa hot, muass i überhaupts ned antwortn.«
»Ich glaube sehr wohl, dass die Frage etwas mit dem Mord hier zu tun hat. Sie haben nämlich den ›Tatort‹ gar nicht gesehen. Während der ›Tatort‹ lief, waren Sie mit Ihrer Frau und Ihrem Sohn am anderen Ende des Dorfes spazieren. Man hat Sie beobachtet. Sie haben nicht zufällig auf dem Rückweg einen Schlenker hinüber zur Gärtnerei gemacht und den Stammfeind der Familie beseitigt?«
»Wos erlaubn’s Eana? Des is nix wia a Unterstellung. Possn’s bloß auf, wia Sie mit mir redn!«
»Sie haben mit dem Mord also nichts zu tun? Dann würde ich mich gern mit Ihrer Frau darüber unterhalten.«
Der Berglmaier junior stiert den Stuhlinger eine Weile trotzig an. Dann dreht er sich halb zum Haus um und brüllt: »Birgit! Kimm amoi!«
Im Nu steht sie da. Sie macht ein ziemlich verschrecktes Gesicht. Kein Wunder beim Tonfall ihres Mannes. Der Stuhlinger nimmt sie beiseite.
»Frau Berglmaier, eine Dorfbewohnerin hat ausgesagt, dass Sie am Donnerstagabend etwa zur Tatzeit mit Mann und Kind einen Spaziergang durch Reindlfing gemacht haben. Warum haben Sie nicht widersprochen, als Ihr Mann und Ihr Schwiegervater meinem Kollegen den Bären aufgebunden haben, die ganze Familie Berglmaier sei während dieser Zeit vor dem Fernseher gesessen?«
Die Birgit wird peperonirot und beginnt zu stottern.
»Äh … hm … wir waren uns alle einig, dass es besser wäre, also … für den Frieden im Ort, wenn wegen der Sache mit dem Kofel-Eck kein unnötiges Gerede aufkommen würde. Da hat der Schwiegervater diesen Vorschlag gemacht. Ich hatte gleich ein ungutes Gefühl dabei. Meistens fährt man doch mit Aufrichtigkeit besser. Aber leider können wir im Moment die Unschuld meines Schwiegervaters, an die ich ganz fest glaube, nicht beweisen. Deshalb habe ich mitgemacht. Wenn Sie den wahren Mörder gefunden haben, werden Sie sehen, dass mein Schwiegervater nichts mit dem Mord am Herrn Schladerer zu tun hat.«
»Das hoffe ich für Sie. Wie war das also wirklich an dem Abend?«
»Es war schon ziemlich spät, als wir eine Runde mit dem Kinderwagen gedreht haben, weil der Kleine einfach nicht schlafen wollte. Wir sind fast bis zum anderen Dorfende gegangen. Erst auf dem Rückweg hat er
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