Roland Hassel - 07 - Wiedergänger
Virena und Elin sind! Wenn sie nun …«
»Beruhige dich. Wir haben drei unserer besten Leute in dem Kurheim postiert. Die Leute dort wissen Bescheid, Virena allerdings nicht. Sie und Elin werden ständig beobachtet. Vielleicht macht Albrektsson bei der Gelegenheit gleich eine Abmagerungskur. Er hätte es nötig.«
Simon hatte die ganze Zeit in einem lockeren Plauderton gesprochen. Nun aber ließ er die Maske fallen und seufzte:
»Alles scheint so sinnlos, Rolle! Wir haben ein paar Nebenfiguren nebst Heller hinter Gitter gebracht, aber einer Lösung des Problems sind wir keinen Schritt nähergekommen. Die Nazis sind noch genauso gefährlich wie vorher, und wir haben ihnen immer noch nichts entgegenzusetzen. Es wird weitere Befreiungsversuche geben, und du bist ebenfalls keineswegs aus der Gefahrenzone.«
Ich lehnte mich in das Kissen zurück und schloß die Augen.
Verdammt, woran hatte ich nur gedacht, bevor ich ohnmächtig wurde? Ja …
»Ich bin wieder okay, sagst du?«
»Nicht ich, der Medizinmann behauptet es. Beinahe jedenfalls.«
»Besorg mir meine Sachen. Ich glaube, ich weiß, wo wir die Diskette finden können!«
Barbro Stridh empfing uns mit ihrem freundlichen Lächeln, und ich kam gleich zur Sache.
»Karsten hat dir Verschiedenes zur Aufbewahrung übergeben, nicht wahr?«
»Ja, du hast ja gesehen.«
»Ich würde gern noch einen Blick darauf werfen. Kommissar Palm ist ebenfalls neugierig.«
Sie führte uns in ihre kleine Privatkapelle und zeigte auf die Bischofstracht, aber ich unterbrach sie.
»War da nicht auch eine Familienbibel?«
»Das ist eine Rarität. Sei bitte vorsichtig.«
Ich trug das kostbare Buch zum Tisch und blätterte es schnell durch. Auf den ersten Blick konnte ich nichts Ungewöhnliches feststellen. Sollte ich mich getäuscht haben? Ich zwang mich, jede Seite noch einmal einzeln umzuwenden. Richtig, plötzlich schien etwas nicht zu stimmen. Mehrere Blätter klebten innen aneinander, während der Rand ganz normal aussah.
Zweifellos hatte jemand das Buch als Versteck präpariert.
Vorsichtig löste ich die oberste Seite. Und dann hielt ich sie endlich in der Hand, die so lange gesuchte, schwarze Diskette!
Vierundzwanzigstes Kapitel
Das Mädchen in dem Computershop legte die Diskette in das Laufwerk ein und drückte auf einige Tasten. Auf dem Monitor erschienen Zahlen- und Buchstabenkombinationen, die mir nichts sagten.
»Aha, die Datei heißt KL.1. Na, dann wollen wir mal sehen.«
Wieder drückte sie auf ein paar Knöpfe, und bald begann der Drucker zu rattern. Eine Papierbahn kroch aus dem Gerät. Simon hob das Blatt hoch, und wir lasen zusammen. Nach ein paar einleitenden Floskeln an Kalster schrieb Lund weiter:
Ich habe deren absolutes Vertrauen gewonnen. Ich zähle zu den Eingeweihten. Nachdem sie mich durch und durch überprüft haben, kann ich ihre Propagandatexte schreiben, und sie sind sehr zufrieden mit mir. Die Organisation ist geheim und hat die Aufgabe, freistehende neonazistische Zellen zu schaffen, die Chaos und Gewalt verbreiten sollen. Sie wird durch ein internationales Organ finanziert, das sich ’Kommando Heß’ nennt. Der Chef heißt Maximilian Staub und wohnt in Hamburg. Damit Sie sicher sein können, daß ich Ihnen kein Märchen auftische, nenne ich Ihnen die Nummern der zwölf Konten bei Banken in der Schweiz, in Luxemburg und Belgien, wo die Fonds der Dachorganisation deponiert sind.
»Wer hätte das gedacht!« rief Simon. »Niemals mehr werde ich Lund einen Münchhausen nennen.«
Die Organisation operiert international, wird aber in jedem Land einzeln aufgebaut, mit lokalen Führern und Unterführern. Sie versteht sich als eine absolute Eliteeinheit. Während einer Übergangszeit werden erfahrene Instrukteure nach Schweden geschickt, die die hiesigen Anhänger zu Terroristen ausbilden. Diese geschulten Neonazis bilden dann die Kernpunkte der zu bildenden Zellen. Das Ziel ist, eine Gewaltherrschaft nach SS-Muster aufzubauen. Dabei werden auch bereits bestehende Parteien und Gruppierungen unterstützt und heimlich mit finanziellen Mitteln versehen. Abweichler werden unbarmherzig bestraft. Es geht darum, Schrecken zu verbreiten. Hier ist eine Liste mit dreizehn Mordfällen. Hinter den Namen ist vermerkt, was mit den Körpern geschehen ist. Die andere Liste gibt an, welche Personen schwer mißhandelt wurden. Sie haben Angst, Anzeige zu erstatten.
Die dritte Liste enthält Brandanschläge und andere Gewalttaten.
Pedantisch waren Namen, Orte
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