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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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niemandem.«
    »Nein, Anna, dafür kenne ich deine Familie viel zu lange und weiß, dass ihr brave Leute seid, die mich nie dafür verurteilt haben, dass ich allein lebe.«
    Einvernehmlich lächelten die beiden sich an. Mechthild stand auf, holte die Milch vom Feuer und schüttete sie in zwei Becher, tat in jeden einen Löffel Honig und reichte Anna einen. »So, und nun trink das, es wird dir für deinen Heimweg etwas Wärme spenden und böse Geister fernhalten.«
    Die heiße Milch duftete herrlich und wärmte ihre klammen Hände. Vorsichtig nahm Anna ein paar kleine Schlucke und spürte, wie das süße Getränk ihre Kehle hinunterlief.
    »Heute Abend, ehe du zu Bett gehst, wickelst du deine Füße in hiermit getränkte Tücher ein.« Sie deutete auf ein kleines irdenes Gefäß, das sie gerade benutzt hatte. »Lass sie über Nacht darin ruhen. Und deine Hände reibst du mit der Paste aus Ringelblumen ein.« Sie stellte ein weiteres Töpfchen neben das andere auf den kleinen Tisch.
    »Danke für alles.«
    »Da nicht für.«
    Anna gab der Kräuterfrau ein paar Münzen, verabschiedete sich herzlich von ihr und beschloss, statt zum Rathaus zuerst zu Wegener zu gehen.
    Unter ihren Füßen sprang das Eis kleiner Pfützen entzwei, als Anna den Weg zum Gut einschlug. Schon von Weitem sah sie das große Haus, das sich über drei Stockwerke erstreckte und in einen Hain aus winterlich kahlen Obstbäumen schmiegte. Hühner und Schweine liefen frei über den großen Hof, neben dem eine Scheune und ein kleines Gesindehaus standen. Wegeners Knechte und Mägde waren damit beschäftigt, Kisten und Fässer von einem Ochsenkarren abzuladen und ins Haus zu tragen. Sie begrüßten Anna freundlich, und der alte Knecht Martin eilte vor ihr ins Haus, um dem Kaufmann ihr Kommen zu melden.
    Kurz darauf kam Wegener mit erfreuter Miene auf sie zu. Er war sehr groß und hatte graues, in Wellen auf seine Schulter fallendes Haar.
    »Liebe Anna, schön, dich zu sehen. Was lenkt deine Schritte zu mir?« Herzlich umfasste er ihre Hände, die in seinen vollkommen verschwanden, und fügte mit etwas ernsterem Gesicht hinzu: »Ich hoffe, es geht euch gut? Wenn ihr etwas braucht, dann nur heraus damit.«
    »Danke, Herr Wegener. Uns geht es so weit gut, und wir brauchen im Moment nichts.«
    Bei ihren Worten entspannten sich seine Züge. »Das ist erfreulich zu hören. Nun komm aber herein, es ist kalt draußen.« Damit schob er Anna in seine Wohnkammer, die beinahe so groß wie ihr gesamtes Elternhaus war.
    In einem mannshohen Kamin brannten einige Scheite, was den Raum angenehm warm machte. Schwere Sessel mit dicken Polstern standen um einen massiven Tisch herum. Die Wände zierten Regale mit allerlei Tand, darunter kleine, fremdartig aussehende Figuren von Tieren oder Menschen, die Anna immer schon bewundert hatte. Wegener hatte sie einst von seinen unzähligen Reisen in ferne Länder mitgebracht und seiner verstorbenen Frau zum Geschenk gemacht. Lange Zeit hat er unter ihrem Tod gelitten, und erst seit einigen Monaten zeigte er sich den Menschen wieder. So wie er mussten Könige wohnen. Anna war jedes Mal aufs Neue fasziniert, wenn sie dieses Haus betrat.
    Wegener nahm Anna den Mantel ab und gab ihn seinem Knecht. »Bring noch einen Becher und etwas Gebäck.« Sofort eilte Martin davon, um dem Wunsch seines Herrn nachzukommen. »Sag, wie geht es deiner Mutter? Ich sah, in welch furchtbarem Zustand sie bei der Beerdigung war.«
    »Dem Herrn sei Dank, ihr geht es wieder gut, doch sie trauert sehr.«
    »Ich weiß.« Er betrachtete eine Weile die Regale hinter Anna und schien in Gedanken versunken, sodass sie es nicht wagte, ihn zu stören. Beim Eintreten des alten Martin fasste er sich wieder. »Gibt es etwas Neues vom Vogt?«
    »Nein, und das ist der Grund meines Besuchs.« Sie wartete, bis der Knecht, nachdem er ihr Wein eingegossen und Gebäck vor sie hingestellt hatte, den Raum verließ, ehe sie weitersprach.
    Wegener deutete ihr Zögern richtig und hielt Martin an, die Türen zu schließen. Dann wandte er sich ihr wieder zu. »Nun heraus mit der Sprache.«
    Sie nickte. »Was könnt Ihr mir über die Feinde des Kaisers sagen, hat er welche in den Reihen der Kirche?«
    Der Händler antwortete nicht sofort, sondern nahm einen Schluck aus seinem Becher, über dessen Rand hinweg er sie aufmerksam betrachtete.
    »Was, glaubst du, sollte gerade ich dir berichten können? Ich lebe genauso abseits der Stadt wie ihr. Oder meinst du, ich hätte mit diesen Leuten

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