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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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berichtete, mit welcher Kunde Mechthild sie besucht hatte.
    Claas fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn. »Zwar hat er den Tod verdient, aber übermorgen wäre ein besserer Tag dafür gewesen. Wer immer ihn getötet hat, hätte warten sollen, bis wir ihn befragt haben.«
    »Claas!« Es waren beinahe gotteslästerliche Worte, die er sprach. Auch wenn sie ihm insgeheim recht gab.
    »Verzeih, aber jede Spur scheint im Schlamm der Weser zu versinken.«
    »Ich weiß.« Sie konnte verstehen, dass er so aufgebracht reagierte. Ihr ging es nicht anders. »Wüssten wir, wer hinter dem Überfall steckt, hätten wir den Unbekannten sicher nur bitten müssen zu warten«, erwiderte sie jetzt ebenfalls sarkastisch.
    Claas begann zu lachen. »Du bist mir eine«, sagte er und wurde wieder ernst. »Wenn Georg und seine Mannen einen Auftraggeber hatten und dieser nun alle beseitigt, finden wir nie heraus, wer es war.«
    Anna ließ die Schultern sinken. »Wahre Worte, und gerade deswegen müssen wir so schnell wie möglich nach ihnen suchen. Wir fragen herum, mit wem er zu tun hatte.«
    »Gut. Außerdem möchte ich, dass du mit mir zu Gudrun gehst. Sie soll dir bezeugen, dass nichts Sündiges zwischen uns geschehen ist. Sie kann vielleicht auch sagen, wer es ist, der sie für Informationen bezahlt hat.«
    Einen Moment war Anna versucht, böse zu werden, aber die Sprache seiner Augen zeigte ihr, wie wichtig es ihm war. Zu seiner Erleichterung willigte sie ein.
    Im Badehaus hatte man ihnen versichert, dass Gudrun schon seit mehreren Tagen nicht mehr erschienen war. Nun standen sie vor dem alten Haus, in dem sie angeblich wohnte. Claas klopfte mehrfach, doch sie warteten vergeblich. Alles blieb still.
    »Sieht so aus, als hätten wir kein Glück.« Anna zog fröstelnd ihren Schal tiefer ins Gesicht, bis nur noch ihre Augen herausguckten, und vergrub die Hände in ihrem Umhang. Der Wind war eisig und wehte ungehindert durch die Lücken zwischen den Häusern und Lagerhallen des Hafens. »Vielleicht sollten wir ein anderes Mal wiederkommen.«
    »Nein, warte hier.« Claas verschwand um die Ecke, und sie hörte ihn an die Läden klopfen. Als er wieder vor ihr stand, zuckte er mit den Schultern. »Die Fenster sind entweder mit Holzläden verschlossen oder mit allerlei Tand zugestellt, sodass man nicht hineinsehen kann. Scheint wirklich nicht da zu sein.« Suchend sah er sich um, und dann deutete er auf das nächste Haus. »Ich frage mal bei den Nachbarn, ob die wissen, wo sie ist.«
    Zumindest hatte er dort mehr Glück, denn ein alter Mann öffnete ihm. Sie unterhielten sich und sahen immer wieder in Annas Richtung. Plötzlich vernahm sie aus Gudruns Haus ein klägliches Miauen. Die Bademagd hatte offenbar eine Katze, der es nicht gefiel, allein zu sein. Vorsichtig zog Anna am Türriegel, der sich zu ihrer Verwunderung bewegen ließ. In der Erwartung, dass gleich eine Katze hindurchschlüpfen würde, öffnete sie langsam, doch nichts geschah.
    »Hallo?«, rief sie hinein, erhielt aber keine Antwort, und so wagte sie einen Blick ins Innere des Raumes, der offensichtlich eine Wohnküche war. Von der Decke hingen lange Vogelfedern herunter, Schleifen und Kissen zierten die Stühle, und zahlreiche Kerzen schmückten den Raum – ein Bild, das nicht zum schäbigen Äußeren des Hauses passen wollte. Das nächste Miauen war etwas lauter und kam aus dem hinteren Bereich des Zimmers, von dem anscheinend noch ein weiteres abging. Annas Füße bewegten sich beinahe von selbst in die Richtung, und einen Moment überlegte sie, ob es nicht besser wäre, auf Claas zu warten. Doch dem Tier ging es offensichtlich nicht gut, und so wagte sie sich weiter vor.
    In dem Moment, als sie die Tür, die zu einem Schlafraum führte, öffnete, schlug ihr ein übler Gestank entgegen, den sie nicht sofort einordnen konnte. Angewidert schnüffelte sie, und dann erkannte sie den Geruch. Tod! Das war der Geruch einer Leiche. Automatisch drückte sie ihren Schal fest vor das Gesicht und spähte durch den Türspalt. Das Fenster des Raums war mit Läden verschlossen, und doch sah sie im dämmrigen Licht den leblosen nackten Körper einer Frau auf dem Bett liegen. Hastig schlug Anna die Tür zu und rannte zum Ausgang. Mit Mühe schluckte sie die aufsteigende Übelkeit hinunter. Draußen jedoch konnte sie sich nur noch um die Ecke retten, ehe sie sich vornüberbeugte und von tiefem Würgen begleitet übergab.
    »Claas! Claas!«, schrie Anna, nachdem sich ihr Magen

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