Rolf Torring 023 - Die Bande Sao-Shungs
daß der hinterlistige Mörder doch nicht ohne Strafe davongekommen war; er blutete aus einer großen Kopfwinde, und ich möchte sogar behaupten, daß er seinen heimtückischen Überfall mit dem Leben bezahlt hat, so schwer sah die Verletzung selbst auf die ziemlich große Entfernung aus.
Während der Steuermann das Boot wieder direkt gegen den Strom lenkte, beschäftigten sich die beiden anderen Chinesen mit dem Verletzten. Uns beachteten sie garnicht, wohl ein Zeichen, daß sie den Überfall des Verunglückten auf uns nicht gesehen hatten; vielleicht waren sie aber auch Mitglieder der Bande, und wir zogen es deshalb vor, unauffällig weiter zu gehen.
Es waren nur wenige Häuser, die wir passiert hatten, dann kam wieder ein breites Feld, und erst in ungefähr zweihundert Meter Entfernung konnten wir die Stadt erkennen. Wir hatten also noch einen tüchtigen Marsch vor uns und schritten deshalb rüstig aus.
»Wir nehmen uns sofort einen Wagen," meinte Rolf, «aber jetzt einen offenen. Ich hoffe, daß wir bald in den Straßen auf ein Gefährt stoßen. Dann geht es vor allen Dingen zur englischen Polizei und dann zum Konsul Ellis, der schon in schwerer Sorge um uns sein wird."
„Schade, daß der Zwischenfall mit dem hinterlistigen Chinesen gekommen ist," meinte ich, „wir hätten sonst die Insassen des Motorbootes bewegen können, uns in die Stadt zu fahren. Das wäre mir viel sicherer erschienen."
„Allerdings, da hast du recht," gab Rolf zu, „man kann wirklich nicht behaupten, daß man in den Straßen heil an sein Ziel kommt. Es würde uns gerade noch fehlen, daß wir womöglich einer anderen Bande in die Hände fielen."
„Das wäre allerdings mehr als Pech," lachte ich, „aber wir werden uns schon jetzt vorsehen. Wenn wir Glück haben, finden wir die Taxe wieder, die mit dieser teuflischen Einrichtung ausgerüstet ist. Den Fahrer würde ich zu gern der Polizei übergeben."
„Die Kerle sehen sich nur alle so ähnlich," lachte Rolf, „daß man nie mit Bestimmtheit behaupten kann, welcher es gewesen ist. Aber vielleicht erkennen wir den Wagen wieder."
„Ja, und dann sitzt ein anderer am Steuer. Ich glaube, ich muß meine Rachegelüste doch etwas zähmen. Auf jeden Fall haben wir die Bande aus ihrem Schlupfwinkel verjagt, und vielleicht werden doch noch einige Mitglieder gefangen, wenn die Polizei schnell genug ist."
Ein gedämpftes Motorgeräusch hinter uns bewegte uns zum Umdrehen. Ein ziemlich großes, weißes Motorboot kam den Fluß hinab, das mit nur einem Mann besetzt zu. sein schien."
„Da wird dein Wunsch schon erfüllt," rief Rolf, „wir wollen ihn bitten, uns mitzunehmen."
Er hob den Arm und winkte dem Chinesen eifrig, der auch sofort sein Boot ans Ufer lenkte.
3. Kapitel Vom Regen in die Traufe.
„Sprechen Sie Englisch?" rief Rolf ihn an, und zu unserer Freude antwortete der Chinese bejahend.
„Würden Sie uns bitte in die Stadt mitnehmen?" bat Rolf höflich, „wir wollen gern dafür bezahlen."
Der Chinese musterte uns — wie mir schien, etwas ängstlich —, dann erklärte er zögernd:
„Nun ja, ich werde es tun."
„Sie brauchen vor uns keine Angst zu haben," lachte Rolf, „wir sind ganz harmlose Touristen. Was wollen Sie für die Fahrt haben?"
Der Chinese nannte einen so hohen Preis, daß Rolf ihn glatt auslachte. Dann begann ein echt orientalisches Schachern, das schließlich damit endete, daß der Fahrpreis nur den zehnten Teil der zuerst verlangten Summe betragen sollte.
Jetzt erst betrachtete ich mir den Chinesen genauer. Sein nicht häßliches intelligentes Gesicht kam mir bekannt vor, aber vergeblich suchte ich ihn unterzubringen. Schließlich war es ja auch egal, mochte er auch wirklich, wie ich im ersten Augenblick dachte, zu den Räubern gehören, denen wir entflohen waren. Wir waren ja drei Mann gegen ihn.
Außerdem machte er auch einen sehr friedfertigen, fast verzagten Eindruck, ja, sein Gesicht zeigte ängstlichen Schreck, als Pongo ins Boot stieg. Offenbar war es ihm jetzt doch unangenehm, daß er uns als Fahrgäste aufgenommen hatte.
Ich konnte natürlich nicht ahnen, daß er glänzend schauspielerte und es dadurch fertig brachte, daß wir ihn für völlig harmlos hielten. Der Kajüte schenkten wir gar keine Beachtung, hatten wir doch schon durch die kleinen Bullfenster gesehen, daß sie leer war.
Plötzlich meinte aber Rolf:
„Wir wollen lieber, wenn wir uns der Stadt nähern, in die Kajüte gehen. Es ist nicht notwendig, daß wir zufällig erkannt
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