Rolf Torring 023 - Die Bande Sao-Shungs
er:
„Das ist wirklich unangenehm, und Ellis Prophezeihung ist also doch in Erfüllung gegangen. Wenn wir nicht entfliehen können, wird unser Tod wohl nicht sehr angenehm sein. Aber das Entkommen wird uns wohl nicht sehr leicht fallen, denn jetzt wird uns dieser Sao-Shung wie eine Kostbarkeit behüten. Ich wundere mich nur, daß sie unsere Taschen noch nicht ausgeräumt haben."
„Das werden Sie schon bald machen," meinte ich, "wir sind ihnen so völlig sicher, wenigstens nach ihrer Meinung."
„Na, die Fesselung ist aber auch so raffiniert, daß eine Befreiung sehr schwer ist," gab Rolf zu bedenken. „Hoffentlich sperren sie uns nicht getrennt ein, dann wäre es noch unangenehmer."
„Hier in der Halle können wir auch nichts unternehmen," wandte ich ein, „denn die Banditen können jeden Augenblick zurückkommen."
„Oder sie beraten schon über unsere Todesart, und wir haben dadurch Zeit, unsere Befreiung zu versuchen." meinte Rolf, „wenigstens fange ich schon an."
„Ja, soll ich dir nicht behilflich sein?" fragte ich erstaunt, als ich sah, daß er sonderbare Verrenkungen machte.
„Ist nicht notwendig," wehrte er ab, „die Knoten sind doch zu fest geknüpft. Ich versuche jetzt, mein Messer zu erreichen, dann ist die Befreiung eine Kleinigkeit."
„Das kann ich dir doch herausziehen," erbot ich noch, „warte, ich werde mich herumdrehen."
Ich legte mich auf die Seite, sodaß ich Rolf den Rücken zudrehte. Er schob sich ebenfalls rückwärts an mich heran, ich tastete mit den gefesselten Händen seinen Gürtel ab und fand bald das Messer, das etwas nach hinten gerutscht war.
Die einzige Schwierigkeit bestand jetzt nur noch darin, daß ich unter seine Jacke fassen mußte, denn wir trugen in der Stadt natürlich die Waffen versteckt. Deshalb hatten unsere Überwältiger sie uns vielleicht auch gelassen.
Ich fing bald an zu schwitzen, so schwer war es, die Jacke hoch zu ziehen. Aber endlich kam ich doch an den Griff des Messers und konnte es herausziehen. Am unangenehmsten während dieser Zeit war der Gedanke, es könnte im Augenblick ein Wächter eintreten, denn dann wäre unsere Befreiung natürlich unmöglich gemacht worden.
Die Chinesen hätten uns sofort getrennt und sehr scharf bewacht, denn einer so gut organisierten Bande standen ja genug Leute zur Verfügung. Rolf mochte schon recht haben daß der Anführer jetzt in seiner ersten Wut über die schrecklichste Todesart für uns nachdachte.
Rolf rieb jetzt vorsichtig seine gefesselten Hände auf der scharfen Schneide des Messers, das ich krampfhaft festhielt, hin und her, nahm mir dann das Messer aus der Hand und stand nach wenigen Augenblicken frei und aufrecht da.
Blitzschnell zerschnitt er jetzt meine und Pongos Fesseln, wir rieben uns rasch die schmerzenden Gelenke, dann winkte uns Rolf und schlich auf die große Bronzetür zu.
Als wir hineingetragen wurden, hatten wir bemerkt, daß die Tür beim öffnen kein Geräusch von sich gab, daß kam uns jetzt sehr zu statten. Behutsam zog Rolf den schweren Flügel auf, spähte und lauschte einige Augenblicke in den Park hinaus und winkte uns, ihm zu folgen.
Wir hüteten uns wohl, den freien Platz vor dem Hause zu überschreiten. Eng an der Mauer gingen wir am Haus entlang, übersprangen dann den schmalen Weg, der an der Längsseite des Gebäudes entlangführte, und verschwanden hinter den nächsten Büschen.
„Zum Fluß dürfen wir nicht zurückkehren," flüsterte Rolf, „dort werden sie uns zuerst suchen. Ich vermute, daß hier oben eine Straße nach Shanghai hineinlaufen wird."
„Du meinst also auch, daß wir wieder außerhalb der Stadt sind?" sagte ich, „hoffentlich ist die Besitzung hier nicht so weit entfernt, wie der Unterschlupf der ersten Bande. Sonst können sie uns doch vielleicht noch einholen, wenn sie unsere Flucht bald merken."
„Das wird nicht mehr lange dauern," gab Rolf zu, „wir wollen schnell über die Mauer klettern und draußen sehen, wo wir uns befinden. Allzuweit von Shanghai ab sind wir auf keinen Fall, dazu war die Bootfahrt zu kurz."
Zu anderen Zeiten hätte ich den wundenbaren Park sicher mehr bewundert, jetzt dankte ich im Stillen den vielen blühenden Büschen, die uns vorzügliche Deckung boten.
Aber einmal wäre, uns beinahe ein mächtiges Gebüsch zum Verhängnis geworden. Als wir es vorsichtig umschlichen, stießen wir plötzlich auf zwei Chinesen, die sich eifrig mit den Zweigen beschäftigten.
Als die Gärtner uns erblickten, standen sie erst
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