Rolf Torring 030 - Im wirren Land
wird. Wenn die Truppen des Gegners geschlagen werden, ist es leicht möglich, daß sie aus Wut die Geiseln ermorden."
„Das ist richtig," sagte Rolf ernst, „Ich freue mich, Herr de Lorencez, daß Sie mir Vertrauen geschenkt haben. Jetzt muß ich mich sehr beeilen, um meine Aufgabe durchführen zu können, denn ich kann wohl mit Recht annehmen, daß Ihre Partei den Gegenangriff möglichst bald ausführen will?"
Der junge Mann nickte nur.
„Halten wir jetzt noch auf größeren Stationen?" erkundigte sich Rolf weiter. "Ich frage aus Sorge um Sie, denn Ihre Flucht könnte doch schon telegraphiert sein."
„Das ist ganz bestimmt der Fall," lächelte de Lorencez, „aber man ist ja in diesen tollen Zeiten schon auf alles vorbereitet. Haben Sie dieses letzte, abgeschlossene Abteil für sich genommen, Herr Torring?"
„Ja," nickte mein Freund, "und ich stelle es Ihnen gern zur Verfügung, wenn Sie Ihr Äußeres etwas verändern wollen."
„Ah, Sie können es sich schon denken," lachte der junge Spanier, also werde ich mich mit Ihrer Erlaubnis einige Augenblicke zurückziehen."
Er ging ins Innere des Waggons und zog die Tür hinter sich zu.
„Unsere Aufgabe scheint doch nicht so leicht zu sein," sagte ich jetzt zu Rolf, „und durch die Hilfe, die wir dem jungen Mann zuteil werden ließen, haben wir uns vielleicht böse in die Brennesseln gesetzt"
„Das kann schon sein," lachte Rolf, „aber ich denke, wir werden schon wieder herauskommen. Herr de Lorencez hat mit seinem Rat sehr recht ich werde uns in Mexico sofort dem General Zacatecas melden lassen und ganz offen mit ihm verhandeln. Ich glaube bestimmt daß ein großes Lösegeld ihm nicht umsympathisch sein wird, denn schließlich muß er doch seine Leute besolden."
„Da wird er aber eine hübsche Summe fordern," meinte ich "bedenklich, „er nimmt doch sicher an, daß alle Amerikaner enorm reich seien. Was machen wir nur, wenn er eine Million Dollar oder noch mehr fordert?"
„Dann müssen wir erst handeln, und wenn das nichts hilft, müssen wir versuchen, diese Summe von den Verwandten der Gefangenen aufzutreiben. Mir persönlich wäre es ja am liebsten, wenn wir die Geiseln heimlich befreien könnten. Wenn ich dem aufständischen General diesen Streich spielen könnte, würde es mich mein ganzes Leben lang freuen?"
„Ja, das würde mir allerdings auch großen Spaß machen," stimmte ich bei. "Wir werden ja sehen, was General Zacatecas uns für eine Aufnahme bereitet. Hoffentlich hat er die Geiseln nicht ins Innere des Landes bringen lassen und behält auch uns zurück, bis das Lösegeld eingetroffen ist"
„Auch dabei müssen wir uns sehr in acht nehmen," meinte Rolf bedenklich, „ein Menschenleben spielt in diesem wilden, verworrenen Land gar keine Rolle, wie mir scheint. Und es ist leicht möglich, daß der Rebellengeneral das Geld in Empfang nimmt und uns dann doch verschwinden läßt, um noch mehr aus den Geiseln herauspressen zu können."
„Donnerwetter, das kann allerdings auch sein," gab ich betroffen zu, „daran hatte ich im Augenblick noch gar nicht gedacht. Da müssen wir uns ja ganz besonders vorsehen. Na, wir werden schon mit diesem Herrn fertig werden."
„Das hoffe ich natürlich auch," meinte Rolf, „aber es wird diesmal ganz besonders schwer werden. Wenn Menschenmassen sich in einer Art Raserei befinden, dann soll einem möglichst nicht dazwischenkommen, und wir wollen mitten hineingehen! Hätte ich nicht dieselbe Befürchtung wie der junge Lorencez, daß Zacatecas die Geiseln erschießen läßt, wenn er sieht, daß seine Truppen zurückweichen, dann würde ich lieber zur Armee des Generals Ortega gehen, um auf dessen Seite mitzukämpfen."
„Rolf, jetzt habe ich einen guten Gedanken," rief ich da, „wie wäre es, wenn du mit Lorencez aussteigst und zur Armee Ortegas gehst? Ich würde dann die Unterhandlungen mit Zacatecas aufnehmen. Pongo könnte eventuell unseren Verbindungsmann spielen."
„Der Gedanke ist an und für sich nicht schlecht," meinte Rolf nach längerem Nachdenken, „aber er läßt sich doch nicht durchführen. Wir müssen unbedingt zusammenbleiben, denn jetzt werden wir schon in Mexico gemeldet sein, wie Lorencez wohl sehr richtig vermutet. Da wir doch auch versuchen wollen, die Geiseln mit List zu befreien, müssen wir uns gegenseitig unterstützen."
„Das ist allerdings auch richtig," gab ich zu, „schade, ich hatte mich schon auf das Gesicht des Rebellengenerals gefreut, wenn du plötzlich mit den
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