Rolf Torring 042 - Unsere Kopfpreise
ihnen die Pferde fortzunehmen. Und zwar müssen wir alle Tiere in unsere Gewalt bringen, damit wir mit keinem Verfolger zu rechnen brauchen."
„Das ist allerdings ein sehr einfacher Plan," sagte ich nach einer Weile, „doch wäre es ganz gut, wenn du uns auch die Ausführung vorschlagen würdest. Ich stelle sie mir wenigstens garnicht so sehr leicht vor."
„Das sagte ich ja schon, es ist sehr schwer," gab Rolf zurück. „Aber wir müssen es auf jeden Fall probieren, sonst werden wir unbedingt gefangen genommen. Und dann ist unser Schicksal wahrscheinlich besiegelt. Denn zu allen anderen Anklagen, die von den Engländern gegen uns vorgebracht werden können, kommt noch bestimmt die angebliche Beteiligung an dieser Bande hier hinzu. Ich hoffe nun, daß die meisten Inder in die Höhle kriechen werden. Und einer der Offiziere, wenn nicht beide, werden folgen, wenn sie von dem Fund hören. Dann müssen wir die Wachen bei den Pferden unschädlich machen — das übernimmt wohl am besten Pongo —und mit allen Gäulen schleunigst fortreiten. Also es kann gelingen, wenn wir ganz energisch zu Werke gehen."
„Rolf, dann ist es noch besser, wenn wir nach der Überwältigung der Wache den Schacht durch die Trümmer der Hütte verkeilen," rief ich eifrig, „ehe sie sich dann befreien können, sind wir schon außer Schußweite."
„Famos," rief Rolf, „da hast du eine gute Idee. Ich hatte nämlich auch schon immer mit Sorge daran gedacht, wie wir aus dem Bereich ihrer Kugeln kämen. Denn sie hätten sicher die Höhle schnellstens verlassen, wenn das Getrappel der Pferde erklungen wäre. Natürlich, wir können die verkohlten Balken schnell in den Schacht hineinpressen, und ehe sie das Hindernis beiseite räumen, sind wir schon weit fort. Kommt, wir wollen jetzt vorsichtig hinausschleichen, und zwar hier nach rechts. Dann können wir auskundschaften, wo die Pferde stehen und wie stark die Wache ist."
Schnell glitt er in den Pfad nach rechts hinein. Ich folgte ihm, während Pongo den Schluß machte. Wieder legten wir ungefähr fünzig Meter zurück, dann versperrte ein mächtiges Gebüsch den Ausgang. Rolf schob sich sehr vorsichtig zwischen den elastischen Zweigen hindurch, und als ich ihm ebenso vorsichtig gefolgt war, befand ich mich auf der Steppe.
Die niedergebrannte Hütte befand sich rechts von uns, und Rolf kroch bereits leise auf die Ecke des Felsens zu. Ich schob mich, als er am Rand liegen blieb, neben ihn, und wenige Augenblicke später lag auch Pongo links neben mir.
Ungefähr zwanzig Meter entfernt standen zehn Pferde, sehr gute, gepflegte Tiere. Sie befanden sich unter der Bewachung zweier Inder; die übrigen Soldaten und die englischen Offiziere waren verschwunden. Jetzt hieß es, die beiden Posten geräuschlos zu überrumpeln. Zwanzig Meter war eine zu große Entfernung, als daß wir sie schnell hätten durcheilen und die Inder niederschlagen können. Inzwischen hätten sie durch laute Rufe die anderen Soldaten alarmieren können. Im übrigen sahen die beiden Inder nicht so aus, als würden sie sich leicht übertölpeln lassen. Es schienen zwei intelligente, mutige Leute zu sein. Das sah ich schon an ihrer ganzen Haltung, die wie sprungbereit war.
Wir waren zum Glück durch einige Felsblöcke geschützt, sonst hätten uns ihre scharfen, wachsamen Augen bestimmt schon entdeckt. Aber wie wir unbemerkt an sie herankommen konnten, war mir vorläufig ein Rätsel.
Rolf kroch jetzt ein Stück zurück, und wir folgten sofort seinem Beispiel.
„Pongo, wirst du es fertig bekommen?" fragte er leise unseren schwarzen Freund. „Ich kann mir wirklich nicht denken, wie du unbemerkt an sie herankommen willst."
„Sehr einfach sein, wenn Massers helfen," sagte Pongo ruhig. „Pongo jetzt in Flußbett kriechen, dann zu Posten schleichen. Wenn dort, müssen Massers hier leises Geräusch machen, Posten dann hierher sehen. Pongo sie packen."
Gewiß, sein Plan war der einzige, der einen Erfolg versprach. Aber auch er war äußerst schwierig. Schon das Hineinkommen in das Flußbett war sehr schwer, denn es war fraglich, ob eine menschliche Gestalt, die den schmalen Streifen zwischen Felsen und Flußbett überquerte, den Blicken der Inder unbemerkt blieb. Und dann der Sprung aus dem Versteck heraus auf die beiden Posten war wohl für einen gewöhnlichen Sterblichen völlig unmöglich. Es konnte höchstens unser Pongo vollbringen, und auch bei diesem war es fraglich, ob es ihm gelang, die Wächter auch wirklich völlig
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