Rolf Torring 047 ~ Unter Hereros
schnell laufen können."
„Überschätze, bitte, deine Kräfte nicht!" warnte Rolf ernst; „jetzt im Augenblick bist du nur durch deine Wut so angestachelt. Ich glaube, daß wir nicht mehr so schnell weiterkommen."
„Aber, Rolf, dann kann das Mädchen doch auch nicht weiter," wandte ich ein, „oder meinst du, daß sie mehr aushält als wir?"
„Ja, das wird sie sicher, denn sie hat Wasser," lautete die besorgte Antwort. „Wir wissen noch nicht, wann wir etwas bekommen."
„Es müssen eben im schlimmsten Falle gegen Morgen die Konserven herhalten," rief ich, „dann sind sie durch die kalte Nachtluft sehr erquickend."
„Nun, wir wollen abwarten, aber ich muß offen sagen, daß ich doch lieber nach Lehutitang zurückgegangen wäre."
„Das hätte ich gar nicht fertig gebracht, wandte ich ein, „dazu wäre ich zu deprimiert gewesen. Jetzt treibt mich die Spannung weiter."
„Und das ist das Ungesunde," ergänzte Rolf meine Worte, „ich weiß nicht, wie lange du es aushalten wirst."
"Bis wir unser Ziel erreicht haben," lautete meine zuversichtliche Antwort. „Vorwärts, Rolf, wir müssen das Mädchen bekommen!"
Und unwillkürlich beschleunigte ich meine Schritte wieder.
5. Kapitel. Im Herero-Land.
Es war vierundzwanzig Stunden später. Da schlichen wir durch den tiefen Sand, stolpernd, matt, kaum fähig, einen Fuß vor den andern zu setzen. Ganz furchtbare Strapazen lagen hinter uns.
In der vergangenen Nacht hatten wir die ersehnte Wasserstelle erreicht. Aber nicht so schnell, wie ich anfangs gedacht hatte, denn schon bald hatte die Überanstrengung meinen Körper mit aller Gewalt ergriffen.
Schon anderthalb Stunden, nachdem wir von der ersten Wasserstelle, an der diese Joe Rändle uns die Wasserschläuche angeschnitten hatte, aufgebrochen waren, konnte ich mich nur noch mit aller äußerster Anstrengung aufrecht halten.
Soweit hatte mich der Rachedurst getrieben, dann aber drohte der Körper völlig zu streiken. Ich nahm mich zusammen, daß selbst Rolf nichts bemerkte, hielt noch die halbe Stunde durch, bis die Nacht hereinbrach, und die kalte Luft brachte mir dann Erfrischung.
Um Mitternacht endlich erreichten wir die Wasserstelle. Das junge Mädchen und ihren Begleiter hatten wir nicht einholen können. Vielleicht waren sie auch etwas vom Wege abgewichen, und wir befanden uns bereits vor ihnen.
Das hoffte ich, als Pongo in dem hellen Mondschein die Wasserstelle entdeckte. Doch als wir herankamen, war das Furchtbare schon geschehen. Pongo zeigte plötzlich auf eine deutliche Doppelspur, die schräg von Süden herumlief.
Es waren Abdrücke eines riesigen, nackten Fußes, daneben die von kleinen Damenstiefeln. Also war Joe Rändle mit ihrem Begleiter doch vor uns angekommen. Meine leise Hoffnung, daß das Wasser vielleicht doch noch brauchbar wäre, wurde schnell zerstört.
Auf Pongos Wunsch mußte Rolf den Schein seiner Lampe in das Wasserloch fallen lassen. Und der Riese deutete auf einige Pflanzen, die auf der Oberfläche des Wassers schwammen.
„Gift," sagte er nur.
„Und ein Zettel," fügte Rolf hinzu, bückte sich und nahm ein zweites Notizbuchblatt vom Rande des Loches fort.
„Herr Torring!
Man muß die Kalahari kennen, dann weiß man auch die Stellen, auf denen man sehr schnell gehen kann, weil dort der Sand hart ist. Sie haben sicher gehofft, mich einholen zu können, aber ich schätze, daß Sie erst einige Stunden nach mir hier eintreffen werden. Denn ich weiß genau, daß Sie nicht nach Lehutitang zurückgehen werden.
Hoffentlich bemerken Sie die Giftpflanzen, die Schewa ins Wasser geworfen hat. Sie behalten vierundzwanzig Stunden ihre Wirkung, vielleicht noch etwas länger, das weiß ich nicht so genau.
Solange müssen Sie also dort schon warten, denn frisches Wasser gibt es erst nach fünfundzwanzig Kilometern. Sie aber werden die versteckte Stelle in der Steppe kaum finden.
Ich denke aber, daß Sie hier neben dem Wasser sterben werden. Und ich verspreche Ihnen, daß ich Ihre Knochen begraben werde, wenn ich wieder einmal vorbeikomme.
Ich freue mich schon auf die kostbare Statue.
Joe Rändle."
„Ich hätte nicht gedacht, daß dieses Mädchen den Brief geschrieben hat, den du dem zerrissenen Kaffern abgenommen hast. Joe, das ist ein Männername, aber er paßt tatsächlich zu ihr. Schade,
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