Rolf Torring 057 ~ Im australischen Busch
können die Banditen ja gar nicht machen. Das Lager anzugreifen werden sie kaum wagen, denn gegen die Übermacht müssen sie doch unterliegen, auch wenn sie die Überraschung auf ihrer Seite haben."
"Gut," stimmte Walker nach kurzem Nachsinnen bei, „warten wir hier so lange, bis meine Leute mit den Toten zurückkommen. Dann müssen wir schon ins Lager reiten, um keinen Verdacht zu erregen."
Wir warteten ungefähr eine halbe Stunde. Der ziemlich frische, aber ständig umspringende Wind brachte uns bald den Lärm des Goldgräberlagers, bald die mannigfachen Geräusche von den Wirtschaftgebäuden des Schafbarons herüber. Es lag eine eigenartige Spannung über uns. Wir wußten, daß große Gefahr von den Eingeborenen und den mit ihnen verbündeten Weißen drohte. Aber wann und wo, konnten wir nicht ahnen, über dem ganzen Landschaftsbild, über dem Lärmen und Treiben im Lager und der Wirtschaft lag aber ein solcher Friede, daß wir gar nicht an Raub und Mord denken mochten. Und doch wurden wir bald gewahr, wie teuflisch die Wilden und ihre weißen Verbündeten ihren Raubplan gefaßt hatten.
Der Wind wehte gerade wieder von den Wirtschaftgebäuden Bennets herüber. Plötzlich gellte dort ein furchtbares Geheul auf, das sofort wieder erstarb. Ich bekam einen eisigen Schreck. Das war dasselbe Geheul, das wir in der vergangenen Nacht beim Überfall auf den Lastwagen gehört hatten! Die Wilden griffen also die Wirtschaftsgebäude des Schafbarons an.
„Herr Leutnant, das wird nur eine List der Bande sein, um Sie dorthin zu locken," stieß Rolf hervor. "Desto sicherer können die anderen Banditen dann den Goldtransport überfallen. Es ist entschieden besser, wenn wir uns teilen. Helfen Sie mit einem Teil der Polizisten drüben, wir werden mit den anderen aufpassen, falls der Goldtransport überfallen werden sollte."
"Gut, Herr Torring, ich werde zehn Mann mitnehmen," rief Walker. „Sie müssen mit den anderen zur Straße, vielleicht kommt der Transportwagen bald."
Höchste Eile war geboten. Während der Leutnant schon an der Spitze seiner zehn Mann zur Farm galoppierte, schwangen wir uns wieder hinter die Polizisten und jagten der Straße zu. Wir hatten allerdings nur sechs Mann bei uns, konnten aber damit rechnen, daß die vier, die zur Schlucht geschickt waren, inzwischen zurückkamen.
Bald hatten wir die tief ausgeprägte Spur im hohen Gras, die als Straße galt, erreicht. Drüben von der Farm her krachten jetzt regelmäßige Salven. Es mußte dort ein schwerer Kampf stattfinden, und ich konnte mir denken, daß die Polizisten, die unter Sergeant Wilkens im Lager geblieben waren, schnellstens Bennet und seinen Leuten zu Hilfe eilen würden. Dadurch wurde aber die Sicherung für das Lager geschwächt, außerdem fehlten wahrscheinlich die Polizisten zur Begleitung des Goldtransportes. Wir hatten uns etwas von der Straße zurückgezogen. Uns dreien war das Fehlen von Pferden sehr unangenehm, denn die weißen Banditen, die sich bestimmt am Überfall auf den Goldtransport beteiligen würden, waren sicher gut beritten.
Das ging mir alles durch den Kopf, während wir gespannt zum Schein des Lagers hinblickten und auf das Getöse des Kampfes lauschten, das immer stärker wurde.
„Der Transport kommt!" rief Rolf. „Jetzt heißt es aufpassen. Es sind nur vier Reiter neben dem Wagen, also scheinen die Polizisten zu fehlen."
Die sechs Polizisten hatten sich auf Rolfs Anordnung ungefähr fünfzig Meter weit von der Straße zurückgezogen. Sie sollten, wenn die Banditen in der Nähe lauerten, nicht zu früh gesehen werden.
„Hans," rief Rolf da, „wir müssen mit dem Wagen mitfahren. Dann nur können wir entsprechend helfen, wenn er überfallen werden sollte, Ungefähr einen halben Kilometer von hier, zur Schlucht hin, streckt sich dichter Busch bis an die Straße heran, wenn du dich noch erinnern kannst. Dort werden die Banditen vielleicht lauern."
"Dann müssen wir den Polizisten Bescheid sagen!"
Rolf stieß einen leisen, aber scharfen Pfiff aus, das verabredete Zeichen, und bald tauchten die Polizisten aus dem Dunkel auf und Rolf instruierte sie schnell. Als der Wagen heran kam, wurde er von den Polizisten angehalten.
„Wir glaubten, es sei ganz gut, wenn wir losführen," meinte der Lenker, als Rolf ihm die Sachlage und unsere Befürchtungen kurz mitgeteilt hatte, „denn irgendeine Gefahr für uns hielten wir für
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