Rolf Torring 083 - Der rosa Diamant
Ihr werdet einem alten Manne nichts tun. Ihr werdet im Dorfe nicht erzählen, daß ich Euch von dem Sampan erzählt habe."
„Da ist doch etwas nicht in Ordnung," raunte Rolf mir zu. Dann wandte er sich an den Alten und sagte sehr freundlich:
„Du kannst ganz beruhigt sein: wir tun dir nichts, wir verraten dich auch nicht. Haben dich die Leute im Sampan gewarnt, falls du etwas erzählen solltest? Haben sie dir gedroht?. Oder was sonst?"
Der Alte nickte wiederholt
„Die Männer des fremden Sampans haben lange mit unserem Dorfältesten gesprochen. Uns wurde aufgetragen, über den Besuch zu schweigen. Wir sollen andere Europäer, die den Fluß hinauf wandern wollen, daran hindern. Ich weiß nicht, Sahib, warum der Dorfälteste das angeordnet hat. Ich habe es euch auch nur erzählt, weil ich Angst habe vor euren Waffen und vor dem Tier. Verrate mich bitte nicht, Sahib!"
„Das werden wir bestimmt nicht tun," versicherte Rolf. „Noch eine Frage, Alter: Waren die Insassen des Sampans Europäer? Befand sich unter ihnen vielleicht eine Frau? Sie könnte gefesselt gewesen sein."
Erstaunt blickte der Inder Rolf an, dann stieß er hervor:
„Im Sampan lag ein Bündel, das sich bewegte. War darin eine Frau? Mir kam das Bündel gleich verdächtig vor. Die beiden Europäer sagten, daß sie eine Riesenschlange gefangen und in den großen Sack gesteckt hätten. Das bestätigten auch die beiden Brahmanen, die in ihrer Begleitung waren."
Rolf pfiff leise durch die Zähne, wie es seine Art war, wenn er eine Entdeckung machte oder etwas Wichtiges erfuhr.
„Also zwei Brahmanen sind im Spiel," flüsterte er mir zu. „Da kann die Sache sehr schwierig werden. Ich glaubte zuerst die Entführung Elisabeth Hellwigs sei aus wahnsinniger oder nicht erwiderter Liebe erfolgt Jetzt macht es nicht mehr den Eindruck. Die Angelegenheit wird durch die Brahmanen verworrener. Ich glaube, daß wir uns sehr in acht nehmen müssen, Hans. In dem Dorfe, aus dem der Fischer stammt, werden wir bestimmt Unannehmlichkeiten haben."
Rolfs Vermutungen bestätigten sich fast immer.
„Frage ihn noch, Rolf, wie lange Zeit vergangen ist, seit der Sampan hier vorbeikam," meinte ich. Rolf mußte die Unterhaltung führen. Wenn ich auch die Hindusprache gut verstand, konnte ich doch nicht so vollendet sprechen wie Rolf.
„Es sind vier Stunden her," lautete die Antwort des Fischers auf Rolfs Frage.
„Wie weit ist dein Dorf entfernt?" wollte Rolf jetzt wissen.
„Im vierten Teil einer Stunde werdet ihr es erreichen," lautete die Antwort des alten Fischers.
Rolf drückte ihm eine kleine Silbermünze in die Hand und nickte ihm freundlich zu. Der alte Inder freute sich sehr und verbeugte sich wiederholt in großer Dankbarkeit.
„Ich danke euch, Sahib. Ich will euch noch sagen: nehmt euch im Dorfe in acht! Sanka, der Dorfälteste, ist hinterlistig. Seid doppelt vorsichtig, Sahibs, wenn er freundlich zu euch ist! Dann ist er am gefährlichsten."
„Besten Dank für die Warnung," sagte Rolf. „Ich werde nichts verraten."
Als wir weiter schritten, meinte er zu mir: „Da siehst du, Hans, wie gut oft eine Rupie angewandt ist. Ich bin gespannt, wie sich Sanka uns gegenüber benehmen wird. Vielleicht hat er von den Brahmanen besondere Anweisungen erhalten. Also gefesselt und in einem Sack oder unter einer Decke versteckt wird die arme Elisabeth Hellwig verschleppt. Dahinter muß ein besonderes Geheimnis stecken, Hans!"
2. Kapitel Auf dem Chambal
Nach einer Viertelstunde erreichten wir das Dorf. Als wir der ersten Hütten ansichtig wurden, erblickten wir schon ein paar kleine braune Burschen, die schnell zwischen den Hütten und Büschen verschwanden.
„Sollten die beiden Europäer und die Brahmanen doch mit einer Verfolgung gerechnet haben?" fragte Rolf. ,,Sollten die Halbwüchsigen hier aufpassen, ob jemand kommt? Sanka, der Dorfälteste, scheint über eine gar nicht schlechte Strategie zu verfügen. Wollen sehen, ob er uns über ist."
Wie ausgestorben lag das Dorf da, als wir zwischen den ersten Hütten hindurch schritten. Lebhaftes Durcheinander von Stimmen führte uns bald auf den großen freien Mittelplatz der Siedlung. Dort schienen alle männlichen Bewohner des Dorfes versammelt zu sein. Anscheinend hielten sie eine eilige, wichtige Ratssitzung ab.
Unter einem großen Baum In der Mitte des
Weitere Kostenlose Bücher