Rolf Torring 083 - Der rosa Diamant
rechnen."
„Die beiden Europäer, die dabei sind, werden die Brahmanen an Raffinement vielleicht noch übertreffen," wandte ich ein, „sie werden den Trick mit den Pferdehaaren vorgeschlagen haben. Man darf annehmen, daß Sanka ihn zum ersten Male versucht hat, sonst hätte er keinen so grundlegenden Fehler dabei gemacht."
„Mir kommt das Ganze wie ein Bündnis aus dem Amerika der Kolonisationszeit vor, ein Bündnis zwischen Weißen und Rothäuten. Meist waren die Europäer die eigentlichen Verbrecher, die sich aber im Hintergrunde hielten und die Taten durch die ihnen hörigen Indianer ausfuhren ließen, die sie mit 'Feuerwasser' köderten."
„Da bin ich gespannt," meinte ich, „was wir diesmal alles erleben."
Inzwischen war es dunkel geworden.
„Wollen wir gleich zum Dorf zurück oder noch etwas warten?" fragte ich.
„Wir müssen warten," meinte Rolf, „obwohl auch mir der Boden unter den Füßen brennt. Die Sampans werden vom Fischzug noch gar nicht zurückgekommen sein. Dann wird im Dorf und am Ufer lebhaftes Treiben herrschen, bis sie entladen sind. Ehe Sanka keine Schmerzen mehr hat, wird noch einige Zeit vergehen. Vorher gönnt er seinen Untertanen bestimmt keine Ruhe."
„Wird er nicht bei den Sampans eine Wache aufstellen?" fragte ich. „Er wird sich nach den Erfahrungen, die er mit uns gemacht hat, mit Recht sagen, daß wir nicht so leicht von einem Vorhaben abstehen."
„Eine Wache wird er bestimmt aufstellen," sagte Rolf. „Ich hoffe, daß Pongo rasch mit den zwei oder drei Leuten fertig werden wird. Die Posten werden über ihren Dienst nicht entzückt sein. Sie werden schon vorhin Pongo und Maha für böse Dämonen gehalten haben. Ich glaube sogar, daß wir ohne besondere Umstände das ganze Dorf in Schach halten können, wenn es den Posten gelingen sollte, Alarm zu schlagen. Warte ab, was geschieht, wenn Pongo seinen Urwald-Angriffsschrei ausstoßen sollte."
„Besser wäre es noch, wenn wir unbemerkt fortkämen," meinte ich. „Sanka wird sicher auf schnellem Wege nach Kotah Bescheid geben, daß wir durchgekommen sind."
»Ich vermute, daß er schon einen Boten abgesandt hat," erklärte Rolf. „Er wird ja annehmen, daß wir bis zum nächsten Dorf zu Fuß weitergehen, um dort einen Sampan für die Fahrt nach Kotah zu mieten. Wir müssen in Kotah außerhalb der Stadt an Land gehen. Die Landeplätze in der Stadt werden die Brahmanen mit ihren europäischen Spießgesellen überwachen lassen."
„Was wir auf der Verfolgung auch noch zu überwinden haben, ich hoffe, daß wir der jungen Deutschen doch helfen können. Was für ein Geheimnis mag wohl um die ganze Angelegenheit schweben?"
„Da bin ich genau so gespannt wie du," meinte Rolf. „Mir erscheint der Bruder Elisabeth Hellwigs einigermaßen verdächtig. Aber ich kann mich täuschen, denn wir wissen über ihn und die Zusammenhänge noch zu wenig, um uns ein einigermaßen klares Bild machen zu können. Mich wundert nur, daß sie Ihn dem Lord und seiner Frau gegenüber vorher nie erwähnt hatte. Sie hatte wohl gute Gründe, seine Existenz zu verschweigen. Vielleicht war das Telegramm, das sie nach Kotah gelockt hat, eine Falle. Aber sie muß irgendwie gewußt haben, daß sich die Sache, sagen wir die Krankheit des Bruders, in die Länge zieht. Andernfalls hätte sie nicht gleich ihren Gesellschafterinnenposten ganz aufzugeben brauchen. Sie hätte für ein paar Tage oder Wochen Urlaub nehmen können. Sie muß gewußt haben, daß sich mit dem Beginn der Reise Ihr Schicksal grundlegend umgestaltet."
Wir schwiegen. Rolf und ich dachten über das Geheimnis nach, dem wir auf die Spur zu kommen versuchten.
Nach einer Stunde sagte Rolf in die Stille hinein:
„Ich glaube, jetzt können wir ins Dorf zurückkehren. Wir können den gleichen Weg einschlagen, den wir hierher gelaufen sind. Am Ufer des Flusses möchte ich nicht entlang schleichen. Dort könnte auch außerhalb des Dorfes ein Posten stehen."
Es war nicht ganz einfach, bei völliger Dunkelheit den Weg durch das Dickicht zurückzufinden. Wir mußten auf unser gutes Glück bauen, daß wir nicht in Berührung mit einer giftigen Baumschlange kamen. Bei aller Vorsicht, mit der wir vorwärts drangen, ließ es sich nicht vermeiden, daß wir Vögel und Affen aus dem Schlafe aufschreckten, die in ein heiseres Gebrüll und in Warnungsschreie ausbrachen.
Wir mußten damit rechnen, daß
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