Rolf Torring 083 - Der rosa Diamant
Platzes war eine thronartige Erhöhung aufgebaut. Ein älterer Inder stand darauf. Als er uns erblickte, unterbrach er seine Rede, hob die Hand und flüsterte zwei ihm nahestehenden Indern ein paar Worte zu.
Die Männer wandten sich um, traten auseinander und gaben uns eine breite Gasse frei. Der ältere Inder stieg von seinem Podium herab und kam uns entgegen.
Er hatte ein Gesicht wie eine Ratte, das jetzt allerdings in freundlichste Falten gelegt war. Etwas ängstlich schielte er auf unseren Gepard Maha. Nach wiederholter tiefer Verbeugung sagte er in gebrochenem Englisch zu uns:
„Der Besuch der Sabibs bedeutet eine Ehre für mein Dorf. Womit kann ich den Sahibs dienen?"
„Wir hätten gern einen Sampan zur Fahrt auf dem Chambal gemietet," ging Rolf gleich mitten In die Sache hinein. ,,Wer kann uns ein solches Fahrzeug zur Verfügung stellen?"
„Die Sahibs können über jeden Sampan verfügen," lächelte der Inder. ,,Aber die Nacht ist nahe. Der Chambal ist kein Teich, auf dem die Sahibs gefahrlos herum rudern könnten. Ich biete den Sahibs an, die Nacht über in meinem Dorfe zu bleiben."
»Die Sahibs danken," meinte Rolf, „müssen das freundliche Angebot jedoch ablehnen. Wir müssen schnell weiter. Wir haben wenig Zeit"
„Sofort wird es kaum möglich sein, einen Sampan zu bekommen," lächelte der Inder undurchdringlich. "Die Fischer sind zum Fang hinausgefahren. Sie kommen erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück."
„Dann möchte ich mir das Ufer einmal selbst ansehen," sagte Rolf kurz. »Ich überzeuge mich gern von den Worten, die man mir sagt, durch Augenschein."
Ich erwartete Widerstand und griff schon nach der Pistole. Aber mit äußerster Liebenswürdigkeit willigte der Dorfälteste sogleich ein und wandte sich, uns an den Fluß zu führen. Tatsächlich war nicht ein einziger Sampan zu sehen.
„Die Sahibs sehen, daß sie meinen Worten Vertrauen schenken dürfen," lächelte der Inder wieder. "Sobald es dunkel geworden ist und die Fischer heimgekehrt sind, können die Sahibs einen Sampan mieten. Ich werde meinen eigenen geben und berechne Ihn billig. Mein Sohn kann mitfahren. Er muß ihn ja wieder zurückbringen."
„Gut," sagte Rolf nach kurzem Überlegen, „so können wir es machen. Wie soll der Preis sein?"
„Billig, billig!" lächelte der Inder und nannte eine Summe, die zum Ankauf eines Sampans völlig genügt hätte.
Ich erwartete, daß Rolf zu handeln beginnen würde, wie es im Orient üblich ist. Zu meinem wie des Dorfältesten Erstaunen nickte er nur und sagte:
„Ich bin einverstanden. Wo können wir uns bis zur Rückkehr der Fischer aufhalten?"
„Wollen die Sahibs in meine Hütte treten?" schlug der Inder vor.
„Wir bleiben lieber im Freien," wehrte Rolf sofort ab. „Vielleicht dürfen wir hier unter den Baum setzen?"
Rolf deutete auf den Baum, der in der Mitte des Versammlungsplatzes stand.
Sanka zögerte, dann grinste er wieder und sagte:
„Der Platz ist nur für mich bestimmt. Aber ich will ihn den Sahibs gern überlassen, solange sie sich hier aufhalten. Darf ich den Sahibs Essen bringen lassen?"
„Gut!" nickte Rolf. Er hatte wie ich Hunger. Auch Pongo würde eine Stärkung nichts schaden.
Wir setzten uns auf das Podium, das sich der Dorfälteste hatte errichten lassen, um von hier aus sein Dorf zu regieren. Die Dorfbewohner umstanden uns in respektvoller Entfernung.
Leise flüsterte ich Rolf zu:
„Wie konntest du ihm den hohen Mietpreis bewilligen? Und weshalb willst du den Sohn des Dorfältesten mitnehmen? Willst du wirklich hier etwas essen?"
„Du fragst viel auf einmal!" lachte Rolf. „Essen werde ich hier nicht. Aber ich will bei der Gelegenheit prüfen, ob der Älteste einen Anschlag auf uns vorbereitet. Seinen Sohn will ich auch nicht mitnehmen. Deshalb stimmte ich gerade zu. Ich wollte ihn in Sicherheit wiegen. Ich will auch keinen Sampan mieten. Deshalb hat mich der unverschämte Preis völlig kalt gelassen. Es freut mich daß du auch der Meinung bist, daß man für die geforderte Summe einen neuen Sampan kaufen könnte. Still, da kommt das Essen schon! Ah, Curry-Reis mit Huhn."
Zwei junge Inderinnen, die Sanka förmlich vor sich hertrieb, kamen auf uns zu. Sie hatten Tonschüsseln in den Händen, die mit dem Nationalgericht gefüllt waren. Die eine trug außerdem einen Krug mit einem Getränk.
Weitere Kostenlose Bücher