Rolf Torring 086 - Pongos schwerster Kampf
denn gegen einen solchen Feind konnte er sich auf die Dauer nicht behaupten.
Mühsam riß ich mich zusammen, hob den Kopf, stemmte die Arme gegen den Boden und hob mich ein wenig empor. Was mit uns geschehen war, wußte ich nicht, denn das Schauspiel, das sich mir bot, gab dem Hirn nicht Raum, darüber nachzudenken, was gewesen war. Bewegungslos verharrte ich in der unbequemen Lage.
Meine Arme mußte ich sehr anstrengen, denn die Gewalt, die uns zu Boden geworfen hatte, preßte mich immer noch hinab. Aber ich achtete jetzt nicht weiter darauf.
Wenige Meter vor uns tobten die geschmeidigen Körper der beiden Tiere umher. Daß Maha noch nicht unterlegen war, schien mir wie ein Wunder.
Aber seine Niederlage mußte jeden Augenblick eintreten. Als mich schon ein Gefühl der Trauer um unseren treuen Geparden erfaßte, sprang Pongo vor. Er stieß seinen Urwald-Angriffsschrei aus. Sein Haimesser blitzte auf. Ein verheerender Stoß traf den Körper des Tigers, aber eine blitzschnelle Bewegung der Raubkatze ließ den Stich selbst fehlgehen. Das Haimesser glitt an der rechten Schulter des Tigers ab. So wuchtig war Pongos Stoß gewesen, daß er ins Wanken kam und stolperte.
Mit dem rechten Arm mußte er sich auf den Erdboden aufstützen, dicht neben den beiden kämpfenden Tieren. Da wurde er zurückgeschleudert, von einer kraftvollen Bewegung des Tigers getroffen. Mit Entsetzen bemerkte ich, daß ihm dadurch das Haimesser aus der Hand geschlagen wurde. Jetzt war er machtlos.
Aber Pongo hatte nur den einen Wunsch, den Geparden, den er im Laufe der Zeit liebgewonnen hatte, unbedingt zu retten. Wieder sprang er vor, gerade als der Tiger Maha mit einem Prankenhieb hoch in die Luft und ins Dickicht neben dem Pfad schleuderte.
Rojah wollte nachsetzen, um den Gegner völlig zu vernichten, da — ich glaubte meinen Augen nicht trauen zu dürfen — schlang Pongo beide Arme von hinten um den Hals des Tigers und riß die Raubkatze vorn in die Höhe.
Das Bild verschlug mir den Atem. Breitbeinig stand der Riese über dem Hinterteil des Tigers, hatte die rechte Gesichtsseite gegen den Körper der Raubkatze gepreßt und drückte mit aller Kraft den Hals des Tigers zusammen.
Wie dicke Taue traten alle Muskeln seines nackten Oberkörpers hervor. Selbst sein Gesicht schien durch die Anspannung und Anstrengung wie mit groben Hieben aus Stein gemeißelt.
Der Tiger brüllte röchelnd. Mit den Vorderpranken schlug er in die Luft. Vielleicht dauerte es nur noch Sekunden, bis er Pongo zur Seite geworfen und zerrissen hatte. Wenn Pongos Kräfte auch größer als die eines starken Europäers waren, einen Tiger würde er nicht mit den bloßen Händen erwürgen können!
Mit Erstaunen stellte ich fest, daß die Hinterpranken der Raubkatze merkwürdig schwach erschienen. Wäre er im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen, hätte er Pongo längst abgeschüttelt gehabt und sich auf ihn gestürzt. Da wußte ich, daß unsere Kugeln den Tiger doch schwer verletzt haben mußten. Rolf hatte behauptet, daß wir die Hinterhand des Tieres getroffen hätten.
Jetzt konnte ich mir erklären, wie es möglich gewesen war, daß wir einen trockenen Ast unter den Pranken des Tigers hatten knacken hören. Bei einem gesunden Tier kommt das nicht vor.
Sollte Pongo Aussichten haben, den ungleichen Kampf zu gewinnen? Würde er die Anspannung durchhalten? Überstark quollen seine Muskeln hervor, als wollten sie die Haut sprengen.
Seine Augen waren weit aufgerissen und blitzten zu uns herüber, als erwarte er Hilfe von uns. Wir mußten ihm ja auch so schnell wie möglich helfen, denn lange konnte er den Kampf nicht allein durchstehen.
Schwankte er jetzt? Wenn er ins Taumeln kam, war er verloren. Sobald Rojah sich nur wenden konnte, war der ungleiche Kampf entschieden.
Als ich merkte, daß Pongo wieder festen Halt gefunden hatte, atmete ich tief auf. Er hatte die Beine noch weiter gespreizt. Es schien mir, als presse er die starken Arme noch fester zusammen.
Von Zeit zu Zeit stieß die Raubkatze ein röchelndes Fauchen aus. Noch immer schlugen die gewaltigen Tatzen umher, aber es schien mir, als wären die Bewegungen langsamer geworden.
Wieder glaubte ich Pongos Augen auf mich gerichtet — wie in stillem Vorwurf, daß wir ihm noch nicht halfen. Er war zu dem Blick berechtigt, wenn auch seit Beginn des Kampfes erst einige Minuten verstrichen waren.
Mit
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