Rolf Torring 087 - Der Krokodil-Gott
und sind es gar nicht!"
„Fast sollte man es annehmen," meinte der Anführer. „Aber daß sie es sind, hat uns Pongo bewiesen. Ein zweites Mal gibt es keinen Schwarzen, der es gewagt hätte, Jack einfach umzulegen, daß er aus seiner Ohnmacht noch immer nicht erwacht ist." Tom wandte sich an uns. „Wir sehen uns heute abend noch, wenn ich mit meinen Mitarbeitern über Ihr Schicksal beraten habe. Auf Wiedersehen! Grüßen Sie den alten Narren Gowida!"
Lachend verließ Tom den Raum. Er hinkte noch etwas, aber seine Stimmung war offensichtlich durch die Unterhaltung mit uns bedeutend besser geworden.
Rolf sah mich an und sagte leise in deutscher Sprache zu mir:
„Wie unvorsichtig ist doch Tom! Wenn Gowida seine Spottreden gehört hat, kann es der ganzen Bande schlecht bekommen. Die Brahmanen lassen nicht mit sich spaßen. Wir haben es bei Gowida demnach wirklich mit einem Gläubigen zu tun, der eine uns unbegreifliche Macht über die Krokodile ausübt. Ich finde es einfach wunderbar, daß das Krokodil, sein Reittier, ihn regelmäßig abends abholt."
Rolf hatte sehr leise gesprochen. Ich zuckte etwas zusammen, als plötzlich eine sonore Stimme zu sprechen begann:
„Sahib, Sie haben eine gute Einstellung zu Indien und den Indern. Ich danke Ihnen für Ihre Überzeugung und Ihre Duldsamkeit. Es freut mich außerdem, in Ihnen einen Menschen zu finden, der auch das Übernatürliche gelten läßt. Ich bin Gowida. Sie wollten mich kennen lernen."
„Sie sprechen Deutsch?" rief Rolf erstaunt.
„Ja, Sahib," nickte der Inder, „Deutsch und eine Reihe anderer abendländischer Sprachen, germanischer wie romanischer. Ich habe viele Jahre lang die Welt bereist, ehe ich mich hierher in die Einsamkeit zurückzog, wo ich die wahre Erkenntnis gefunden habe. Ich komme kaum mit einem Menschen in Berührung. Nur die Krokodile sind um mich. Als ich hier Europäer fand, wollte ich sie zuerst vertreiben, dann hoffte ich, ihnen nützen und sie zum Guten bekehren zu können. Tom ist ein sehr raffinierter Partner. Er hat mich durch geschickte Reden betört. Weil ich hoffte, die Männer zu bekehren, kam ich auf meinem Lieblingstier täglich hierher und blieb den ganzen Tag."
„Gowida," sprach Rolf den Brahmanen an, »der Sinn der Männer hier ist durch die Gier nach Reichtum verblendet. Vielleicht gelingt es Ihnen doch, die guten Eigenschaften in ihnen zu wecken."
„Seit Monaten predige ich ihnen," sagte der Alte, „Sie sind nicht zu bekehren. Heute habe ich ihren wahren Sinn erkannt. Sie sollen Gowida nicht noch einmal einen alten Narren nennen. Sie werden meine Gewalt zu spüren bekommen. Aber zunächst zu Ihnen. Weshalb sind Sie von den Männern der Insel gefangengenommen worden?"
«Weil wir die Insel betreten haben," sagte Rolf. „Gowida, der Sergeant in Nawanagar hat Sie beobachtet, als Sie auf Ihrem Krokodil zu der Insel ritten. Er rief uns her, um das Geheimnis aufzuklären. Wir vermuteten hinter dem Inder, den die Eingeborenen der Stadt den 'Krokodilgott' nennen, ein Geheimnis, das gegen die Gesetze verstößt. Jetzt wissen wir, Gowida, daß Sie mit den Weißen, die hier ein Geschäft betreiben, das das Licht des Tages zu scheuen hat, nichts zu tun haben. Wir wollten Ihr Geheimnis aufklären, denn vom Vorhandensein der Europäer hier war uns noch nichts bekannt, als wir unser Boot bestiegen und später die Insel betraten. Da wurden wir gefangengenommen. Was die Männer hier treiben, wissen wir nicht'
„Sie sagten mir, daß sie Versuche anstellen wollten," meinte der alte Brahmane nachdenklich. „Ich habe mich nie darum gekümmert, was sie vorhaben, jetzt glaube ich jedoch, daß ihr Geheimnis das Licht des Tages zu scheuen hat. Sie werden sich nicht mehr lange auf den Inseln aufhalten. Aber was soll mit Ihnen geschehen?"
„Darüber wollen die Herren heute abend beraten," antwortete Rolf. „Mir kann das nur recht sein, denn der englische Sergeant versprach, nach Einbruch der Dunkelheit zu kommen, falls wir bis dahin nicht zurückgekehrt sein sollten. Damit dürfte das geheimnisvolle Treiben der Europäer auf der Insel sowieso ein Ende haben."
„Es ist nicht nötig, daß er kommt," meinte Gowida, „ich werde Ihnen helfen. Ich werde den Sergeanten benachrichtigen, daß er nicht zu kommen braucht. Darf ich um Ihren Namen bitten, Sahib?"
„Ich heiße Rolf Torring," sagte Rolf höflich. „Das ist mein Freund Hans Warren. Und dort
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