Rolf Torring 097 - Gefährliche Feinde
eine bildhübsche junge Inderin und — schlief.
Lange standen wir an der Tür und wagten nicht, den Raum zu betreten.
Endlich zog Rolf die Tür leise zu und deutete nach oben. Er hatte die Taschenlampe wieder eingeschaltet.
Ich zählte die Stufen, die wir emporstiegen. Wieder achtundfünfzig. Noch einmal gelangten wir an eine Tür. Auch sie war unverschlossen. Rolf löschte die Lampe wieder und öffnete die Tür. Ein großer, weiter Raum lag vor uns, in dessen Hintergrund ein hoher Sessel stand. Es schien ein Versammlungsraum zu sein.
Da wir auch hier nichts entdeckten, das unser Interesse befriedigt hätte, stiegen wir noch höher. Nach abermals achtundfünfzig Stufen gelangten wir an eine Tür, die zum Unterschied der bisherigen Türen verschlossen war.
Rolf versuchte sie zu öffnen. Nach einem metallischen Knacken konnte Rolf die Tür aufziehen. Gebannt verharrten wir: auf dem Boden des Raumes vor uns lag der von Balling erlegte man-eater.
Sonst war der Raum leer. Ich wunderte mich, wo die Träger des Tieres geblieben sein mochten. Sie konnten erst kurz vor uns eingetroffen sein, denn mit einer solchen Last kann man keinen Eilmarsch unternehmen.
Plötzlich flog Balling, der hinter uns stand, nach vorn und riß uns im Sturz mit sich. Wir landeten zu dritt auf der Erde, etwa einen Meter von dem toten Tiger entfernt.
Im Nu waren wir wieder auf den Beinen. Wir sahen niemand. Die Tür, zu der wir zurückeilten, war verschlossen. Alle Bemühungen, sie zu öffnen, waren erfolglos. Wir waren gefangen!
Aber wir brauchten nicht ängstlich zu werden, denn wir hatten unsere Waffen und Taschenlampen bei uns, und Balling war ein Meisterschütze!
2. Kapitel Gefährliche Feinde
Während Balling als Posten an der Tür stehenblieb, untersuchten Rolf und ich den Raum. Es gab weder ein Fenster noch einen zweiten Ausgang. Die Luft war erfüllt von dem strengen Geruch, den der Tiger verbreitete. Ich wunderte mich, daß die Luft in dem Raum, der anscheinend keine Entlüftungseinrichtung hatte, nicht schlechter war.
„Wir müssen abwarten, was die Leute von uns wollen," sagte Rolf. „Vielleicht gelingt es mir in der Zwischenzeit, die Zeichen auf der Münze, die ich gefunden habe, zu entziffern."
Balling schien nicht neugierig zu sein. Er blieb weiterhin an der Tür als treuer Posten stehen.
Rolf setzte sich in eine Ecke des Raumes und holte die alte Münze hervor, die er aufmerksam betrachtete. Wir knobelten und rätselten hin und her, konnten die Zeichen aber nicht erklären. Plötzlich hatte ich einen Einfall:
„Versuche doch, Rolf, ob du die Kette wieder zusammenstecken kannst, und hänge sie dir um. Vielleicht ist sie ein Erkennungszeichen, das uns später große Dienste leisten kann."
„Sehr gut, Hans. Die Kette ist leicht in Ordnung zu bringen. Sieh, ich brauche nur die Glieder zusammenzubiegen. Ich werde sie aber nicht offen tragen, sondern unter dem Hemd. Wir kennen die Bedeutung der Kette noch nicht."
„Was gibt es, Herr Balling?" fragte ich. „Kommt jemand?"
„Ja," flüsterte der Angesprochene. „Ich höre leises Sprechen, aber ich kann die Worte nicht verstehen."
Wir waren aufgesprungen und zur Tür geeilt. So sehr wir aber auch lauschten vor der Tür war nichts zu hören. Rolf hatte, um die Batterie zu schonen, die Lampe gelöscht; wir standen im Dunkeln.
Plötzlich befiel mich eine unaussprechliche Müdigkeit. Ich wollte Rolf verständigen, brachte aber keinen Laut über die Lippen. Langsam sank ich wie schlaftrunken zur Erde und verlor das Bewußtsein.
Wie lange mochte ich geschlafen haben? Wo war ich denn? Sehr langsam kehrte mir die Erinnerung an alles, was geschehen war, zurück.
Ich riß die Augen weit auf. Das war doch der Raum, den Rolf als Versammlungsraum bezeichnet hatte. Wo war Rolf? Er lag in einiger Entfernung von mir am Boden. Ein Stück weiter lag Balling. Wir waren alle gefesselt.
Vor uns auf dem hohen Sessel saß ein alter, ehrwürdiger Inder, der schweigend auf uns herniedersah. Hinter uns hockten viele Menschen, die uns böse anblickten.
Was wollten sie von uns? Ob Rolf etwas Genaueres wußte? Er schien schon vor mir erwacht zu sein.
Der alte Inder vor uns begann zu reden. Er sprach von einer Gottheit, die wir beleidigt hätten, weil Balling den Tiger erschossen hatte. Der Tiger gehörte der uns
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