Rolf Torring 100 - Der schwarze Panther
gewichtige Gründe zwingen uns dazu. Wir sind hinter einem Verbrecher her, der sich in Kota Radja aufhalten soll."
Roal wurde blaß, hatte sich aber gut in der Gewalt. Ruhig fragte er:
„Kann ich Ihnen behilflich sein? Die Herren sind von der britischen Polizei? Haben Sie schon eine Spur?"
„Von der britischen Polizei sind wir nicht, Herr Roal. Im Interesse der freien Schiffahrt wollen wir einem berüchtigten — Seeräuber das Handwerk legen."
Bei dem Wort „Seeräuber", vor dem Rolf eine kleine Pause eingeschaltet hatte, wurde Roal etwas unruhig: hastiger, als es gut war, sprudelte er hervor:
„Was haben Sie für ein Interesse an der Sache, meine Herren, wenn Sie nicht von der Polizei sind?"
„Die Frage verstehe ich nicht ganz, Herr Roal," antwortete Rolf. „Nehmen wir einmal an, Sie unternehmen eine Schiffsreise, werden von einem Piraten überfallen, gefesselt und verschleppt, kommen aber wieder frei. Würden Sie nicht hinterher alle Hebel in Bewegung setzen, um den Mann dingfest zu machen?"
Rolf war tollkühn. Er schilderte Roal haargenau unsere Erlebnisse mit dem Piratenschiff (siehe Band 99). Roal tat entsetzt über die Greueltaten, die er zu hören bekam. Oder war er wirklich entsetzt? Konnte er so gut schauspielern? Mir kamen wieder Bedenken, ob Roal wirklich der Hauptmann der Seeräuber war.
„Vielleicht kennen Sie uns sogar dem Namen nach," sagte Rolf plötzlich. „Ich heiße Torring. Das ist mein Freund Warren."
Roal war erfreut aufgesprungen, ließ sich aber gleich wieder in den Sessel fallen und sagte mit einem kleinen Seufzer:
„Wenn das so ist, ist er verloren!"
„Ich will Ihnen gegenüber offen, ganz offen sein, Herr Roal," sagte Rolf — trieb er das Spiel nicht etwas weit? —, »wir hatten Sie im Verdacht, der Piratenkapitän zu sein. Erst im Laufe dieses Gespräches haben wir erkannt, daß wir uns da gründlich geirrt haben. Mir scheint aber, als ob Sie doch eine Verbindung zu der Sache haben, vielleicht eine engere, als Ihnen selbst lieb ist. Ich möchte behaupten, daß der Pirat Solbre — Ihr Bruder ist, an dem Sie sehr hängen. Denken Sie an die Greueltaten, die er begangen oder veranlaßt hat und noch begehen wird. Ich weiß, daß es für Sie sehr schwer ist, Ihren eigenen Bruder zu verraten, aber im Interesse der Allgemeinheit bitte ich Sie darum, sich die Angelegenheit reiflich zu überlegen."
Roal hatte den Kopf in die Hand gestützt und blickte starr vor sich hin. Plötzlich schaute er Rolf fest an:
„Verlangen Sie wirklich von mir, daß ich mein eigen Fleisch und Blut verrate, Herr Torring? Ja, Solbre-Roal ist mein Zwillingsbruder. Er steht mir sehr nahe. Gemeinschaft mit seinen Taten habe ich nie gehabt. Wie oft habe ich ihm Vorwürfe gemacht und ihn gebeten, ein anderes Leben zu beginnen. Es hat nichts genützt; er braucht das freie, abenteuerliche Leben. Wenn ich allerdings eine Ahnung davon gehabt hätte, wie seine Taten aussehen, hätte ich mich längst von ihm zurückgezogen, das dürfen Sie mir glauben! Aber ihn verraten? Nein, meine Herren, das kann ich nicht! Er ist schließlich mein Bruder!"
„Das sollen Sie auch nicht, Herr Roal. Aber eine Auskunft könnten Sie mir vielleicht geben, damit Sie nicht ein zweites Mal mit Ihrem Bruder verwechselt werden. Sie trafen gestern in einem kleinen Hause vor der Stadt mit ihm zusammen und hatten eine Unterredung mit ihm. Pongo, unser schwarzer Freund, hat Sie beobachtet. Was wollte Ihr Bruder gestern von Ihnen?"
Roal kämpfte mit sich, dann sagte er leise: „Mein Bruder verlangte von mir 20 000 Gulden, sofort und in bar. Er sei mit der Polizei zusammengeraten und müsse die Gegend schnellstens verlassen. Als Gegengabe für das Bargeld versprach er mir wertvolle Gegenstände, die er in einem Versteck in den Bergen liegen hat — Seeräubergut. Ich habe das Angebot natürlich abgelehnt. Die 20 000 Gulden aber habe ich ihm versprochen, da er mir endlich sogar damit drohte, der Polizei einen Wink zu geben, daß ich der Bruder eines Piraten sei. Damit wäre mein Unternehmen dem Ruin preisgegeben. Im Augenblick weiß ich noch nicht, wie ich das Geld in bar beschaffen soll, ich hoffe aber, daß ich es bis morgen abend auftreibe."
„Wo wollen Sie sich mit ihm treffen, Herr Roal, um es ihm zu übergeben?" Roal lächelte schmerzlich:
„Ich verrate meinen Bruder nicht, auch wenn er den Galgen verdient, meine Herren!
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