Rolf Torring 100 - Der schwarze Panther
Ich könnte keine Nacht mehr ruhig schlafen. Ich habe nur den einen Wunsch, daß er das Geld dazu benutzt, wirklich das Land zu verlassen. Hoffentlich kann er sich mit der Summe irgendwo eine Existenz aufbauen, die das Licht des Tages nicht zu scheuen braucht."
„Ihr Bruder wird uns nicht entgehen, Herr Roal. Seien Sie uns deshalb nicht böse und verstehen Sie, daß wir so handeln müssen."
Erschrocken blickte Roal auf, dann sagte er:
„Ich kann daran nichts ändern, Herr Torring, und brauche mir persönlich dann auch keine Vorwürfe zu machen. Ich habe ihn oft genug gewarnt Kennen Sie seinen Zufluchtsort schon?"
„So ziemlich, Herr Roal. Gegen Abend werde ich mit meinem Freunde Hans und mit Pongo aufbrechen, um Ihren Bruder zu fangen."
„Eine Bitte habe ich, meine Herren: schweigen Sie darüber, daß ich der Bruder des Seeräubers bin. Der Polizei gegenüber würde ich das nie zugeben. Mein Bruder wird mich nicht verraten. Papiere besitzt er nicht mehr, die auf den Namen Roal lauten. Die Ähnlichkeit ist kein Beweis. Doppelgänger gibt es überall."
„Da Sie mit der Sache nichts zu tun haben, schweigen wir selbstverständlich über Ihre Person. Pongo, der das kleine Haus gestern beobachtete, hielt Sie für Ihren Bruder und ist Ihnen gefolgt. Hätte er Sie nicht verwechselt, wüßten wir jetzt schon wo sich Ihr Bruder aufhält. Dann wären wir nicht zu Ihnen gekommen. Aber bis morgen haben wir seinen Schlupfwinkel gefunden."
Roal nickte schweigend, stand nach einer Weile auf und entschuldigte sich, er habe noch geschäftliche Dinge zu erledigen.
Als er uns verlassen hatte, meinte Rolf leise zu mir:
„Er wird jetzt schnell seinen Bruder informieren, daß wir ihm auf den Fersen sind. Wir müssen den Hotelbesitzer durch Pongo beschatten lassen. Dann wissen wir, wo der Pirat sich verborgen hält. Sieh dir die Stadt an, ich werde die Benachrichtigung Pongos selbst übernehmen. Wir treffen uns später am Hafen im Cafe Rolert."
Mit Rolfs Vorschlag war ich sehr einverstanden. Ich bin immer gern durch unbekannte Städte gebummelt, um das Leben und Treiben zu beobachten und habe stets gern in Kaffeehäusern gesessen, wo gut erzogene Herren Zeitung lesen und charmante Damen Kuchen und Schlagsahne essen und wo dezente Kapellen die neuesten Schlager spielen.
Wir verließen zusammen das Hotel und trennten uns in einer Nebenstraße. Ich wanderte durch die Stadt und schlenderte bald der Hafengegend zu.
Das Cafe Rolert war noch fast unbesetzt, als ich es betrat. Ich konnte mir einen günstigen, halb versteckten Tisch aussuchen, von dem aus ich selber aber alles beobachten konnte.
Bei dem diensteifrigen Kellner bestellte ich einen Mokka und einen Apricot Brandy und ließ mir ein paar der neuesten Zeitungen bringen. Ich hatte lange keine mehr gelesen und war gespannt, was sich auf der Erde alles ereignet hatte.
Ich versank so in die Lektüre, daß ich die Zeit und den Ort und die Umgebung vergaß. Erschrocken fuhr ich auf, als der Kellner an meinen Tisch trat und mir ein Briefchen überreichte, das für mich soeben abgegeben worden war. Deutlich stand auf dem Umschlag mein Name, aber Rolfs Hand hatte die Buchstaben nicht so kunstvoll hingemalt. Wer außer Rolf sollte mir hierher eine Nachricht schicken?
Ich öffnete den Brief und las:
„Wenn Sie Seeräuber Solbre fangen wollen, dann kommen Sie heute nacht in das Restaurant ,Zum Krebs'. Da werden Sie ihn finden."
Eine Unterschrift trug das Schreiben nicht. Erstaunt blickte ich auf und wollte schon den Kellner rufen, um ihn zu fragen, woher er wisse, daß ich Warren hieße, als ich Rolf das Kaffeehaus betreten sah. Suchend blickte er sich um. Ich machte mich bemerkbar. Als er Platz genommen hatte, zeigte ich ihm sofort den Brief.
Rolf las ihn und lachte leise vor sich hin: „Eine Falle! Ich habe Pongo persönlich Bescheid gesagt. Roal hat das Hotel bis jetzt noch nicht verlassen. Entweder hat er mit seinem Bruder telefonieren können, oder der Pirat hält sich im Hotel auf.
Solbre wußte jedenfalls eher Bescheid, als wir es ahnen konnten. Das beweist der Brief."
„Du nimmst an, Rolf, daß das Schreiben von Solbre selbst stammt?" fragte ich.
„Natürlich! Wir sind beim Verlassen des Hotels beobachtet worden. Niemand wußte, wohin wir gingen. Wenn Solbre schlau wäre, würde er mit dem nächsten Schiffe Kota Radja verlassen."
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