Rolf Torring 113 - Die Macht der Priester
„Nebenzimmer bewohnte", sprechen.
Wie beim ersten Besuch hatte man uns übrigens die Fesseln abgenommen, ehe man uns in die Zellen sperrte. Wir konnten uns also in dem uns zugewiesenen Raume frei bewegen.
„Hallo, Rolf" rief ich meinen Freund.
„Ja, Hans?"
„Wie wird sich Tembo verhalten, wenn er kommt?"
„Abwarten! Vielleicht gibt es ein interessantes Schauspiel!"
„Ich befürchte, Rolf, daß der weiße Elefant noch nicht genug von dem Pulver des Vergessens geatmet hat. Bei seiner Größe braucht er sicher eine besonders große Portion."
„Das ließe sich nachholen, wenn er hier vorbeikommen sollte."
In der Nachbarzelle auf der anderen Seite stak der Lord. Ich wandte mich an ihn und berichtete ihm, daß wir dem weißen Elefanten und seinen beiden Wärtern das Pulver des Vergessens in die Nase geblasen hatten.
Ich war noch mitten in meinem Bericht, als ein paar Priester schattengleich über den Hof huschten. Sie öffneten das große Tor und liefen zurück. Gleich darauf betrat ruhig und gelassen Tembo den Hof. Als er die Mitte erreicht hatte, blieb er stehen und schwang den Rüssel pendelnd hin und her. Nur ein Wärter war bei Tembo.
Als der älteste Priester an einer Seitenpforte des Tempels erschien lief der Wärter zu ihm hin. verneigte sich tief und berichtete ihm etwas Der alte Priester wurde ärgerlich und schritt allein auf Tembo zu. Er streichelte ihn und deutete auf unsere Zellen. Gleich darauf setzte sich der Elefant in Bewegung und kam zu uns heran Er erreichte zuerst meine Zelle und blieb überlegend vor ihr stehen Der alte Priester hatte sich bis zur Seitenpforte zurückgezogen.
„Hast du das Blasrohr bereit, Rolf?" rief ich in deutscher Sprache. „Tembo steht gerade vor meiner Zelle."
„Schau dir das Tier an, Hans" kam die Antwort aus der Nachbarzelle. „Es ist völlig verändert. Ich glaube kaum, daß er uns etwas tun wird. Die eigentliche Wirkung des Pulvers scheint erst nachträglich eingetreten zu sein. Tembo macht auf mich einen völlig apathischen Eindruck. Versuch es, ihn anzufassen!"
„Das möchte ich doch lieber bleiben lassen, Rolf!"
In dem Augenblick streckte Tembo seinen Rüssel durch das Gitter. Ich drückte mich an die hintere Wand der Zelle an. Aber das Tier war gar nicht bösartig. Als sein Rüssel in Reichweite meiner Hand war, versuchte ich doch, ihn zu streicheln. Der Elefant hielt ganz still und schien die Berührung als angenehm zu empfinden. Das machte mich mutiger, so daß ich den Arm weiter vorstreckte, um auch den oberen Teil des Rüssels zu streicheln. Tembo ließ einen zufrieden grunzenden Ton hören. Schließlich wurde ich noch kühner und trat einen Schritt, zwei Schritte, endlich bis ans Gitter vor, immer den Elefanten streichelnd.
„Du hast recht, Rolf!" lachte ich. „Tembo benimmt sich wie mein bester Freund. Soll ich ihn einmal zu dir schicken? Du brauchst nicht vom Gitter wegzugehen. Ich stehe auch dicht an den Stäben. Aber halte immerhin das Blasrohr bereit!"
Der Elefant verstand mich nicht, als ich ihn wegzuschieben versuchte. Da streckte Rolf seinen Arm weit durch die Gitterstäbe und winkte Tembo zu sich heran. Tembo trottete davon, auf Rolfs Zelle zu, und ließ sich nun von ihm streicheln.
Ob der alte Priester gesehen hatte, was hier vor sich ging, konnte ich nicht entscheiden, meinte aber zu Rolf, wir sollten wohl besser unsere Vertrautheit mit Tembo nicht so offen zeigen. Rolf war der gleichen Ansicht und zog sich an die Rückwand der Zelle zurück.
Als der Elefant sah, daß wir uns um ihn nicht mehr kümmerten, trabte er gemächlich von den Zellen fort und stellte sich nahe am Tempel in den Schatten eines breitästigen Baumes. Er schloß die kleinen Augen und schien zu träumen.
„Ich möchte nur wissen, wo Pongo ist!" rief ich Rolf zu.
„Daß ihn die Priester gefangen haben, glaube ich nicht," antwortete mein Freund. „Er hat sich wohl rechtzeitig in Sicherheit gebracht, als er sah, daß er uns im Augenblick nicht helfen, ja, nicht einmal mehr warnen konnte. Es ist eben alles sehr rasch gegangen! Ich vermute, daß er sich in den Tempelraum schleichen wird, um unsere Waffen zu holen."
Gegen Mittag brachte man uns Essen, das wir uns schmecken ließen. Dann legte ich mich nieder, um etwas zu schlafen. Rolf riet den Gefährten, ebenfalls zu versuchen, ein paar Stunden zu schlafen, um danach wieder ganz
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