Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Vielleicht kippt der Wagen um, und wenn wir dann in die Tiefe stürzen…«
    »Möchtest du dich lieber von Chrysopras erwischen lassen?«
    »Ho, schneller, schneller !«
    Buddy und Klippe klammerten sich fest, als der Karren durch die Dunkelheit sprang.
    »Sind sie noch immer hinter uns?« rief Glod.
    »Kann sehen überhaupt nichts!« erwiderte Klippe. »Wenn du anhältst, wir vielleicht imstande sind, etwas zu hören?«
    »Ja. Und wenn wir dann etwas hören, das ganz nah ist?«
    »Ho, schneller!«
    »Und wenn wir das Geld über Bord werfen?«
    »FÜNFTAUSEND DOLLAR?«
    Buddy sah über den Rand des Karrens. In einer Entfernung von knapp einem Meter bemerkte er die Finsternis tiefer Schluchten.
    Die Gitarre klimperte leise im Rhythmus der Räder. Buddy griff mit einer Hand danach. Seltsam, daß sie nie völlig still blieb. Man konnte sie nicht einmal dann zum Schweigen bringen, wenn man beide Hände fest auf die Saiten preßte. Er hatte es versucht.
    Die Harfe lag in der Nähe. Ihre Saiten gaben überhaupt keinen Ton von sich.
    »Das ist doch Wahnsinn!« rief der weiter vorn sitzende Glod. »Fahr langsamer! Eben wäre der Karren fast umgekippt!«
    Asphalt zog an den Zügeln. Der Wagen wurde langsamer, bis er schließlich nur noch im Schrittempo rollte.
    »Schon besser…«
    Die Gitarre schrie in so hohen Tönen, daß sie sich wie Nadeln in die Ohren bohrten. Die Pferde schnaubten nervös und galoppierten wieder.
    »Halt sie unter Kontrolle!«
    »Das versuche ich ja!«
    Glod drehte den Kopf und hielt sich an der Rückenlehne fest, um nicht vom Sitz geschleudert zu werden.
    »Wirf das Ding weg!«
    Buddy stand auf und hob den Arm, um die Gitarre in die Schlucht zu werfen.
    Er zögerte.
    »Wirf sie weg!«
    Klippe erhob sich ebenfalls und streckte die Hand nach der Gitarre aus.
    Buddy holte damit aus, schlug zu und traf den Troll am Kinn. Klippe taumelte zurück.
    »Nein!«
    »Langsamer, Glod…«
    Ein weißes Pferd überholte sie. Die Gestalt darauf trug einen dunklen Kapuzenmantel und griff nach den Zügeln.
    Der Karren sauste über einen Stein und flog einige Meter weit, bevor er wieder auf der Straße aufkam. Asphalt hörte, wie Pfosten brachen, als der Wagen in den Zaun krachte. Riemen rissen, der Karren schwang herum…
    … und verharrte.
    Dann geschah so viel gleichzeitig, daß Glod später nie von seinen Empfindungen während der nächsten Sekunden erzählte. Zwar blieb der Karren am Rand der Schlucht stehen – oder hängen –, doch er fiel zugleich in die Tiefe, den Felsen unten entgegen…
    Glod öffnete die Augen. Das Bild des Sturzes zerrte wie ein Alptraum an ihm. Die Wirklichkeit sah folgendermaßen aus: Durch die Drehung des Karrens war er nach hinten gerutscht, und sein Kopf ruhte am Lehnbrett.
    Er blickte direkt in die Schlucht hinab. Hinter ihm knarrte Holz.
    Jemand hielt sich an seinem Bein fest.
    »Wer ist da?« fragte er leise. Lautere Worte könnten ihm mehr Gewicht verleihen und den Karren in die Tiefe stürzen lassen.
    »Ich bin’s. Asphalt. Wer hält sich da an meinem Fuß fest?«
    »Ich«, antwortete Klippe. »Und du, Glod? Woran du dich festhältst?«
    »An… irgend etwas, das sich zufällig in Reichweite meiner verzweifelt umhertastenden Hand befand.«
    Es knarrte wieder.
    »Es ist das Gold, nicht wahr?« fragte Asphalt. »Gibt’s zu. Du hältst dich am Gold fest.«
    »Dummer Zwerg!« rief Klippe. »Laß es los, oder wir alle sterben.«
    »Fünftausend Dollar loslassen…«, ächzte Glod. »Gibt es einen schlimmeren Tod?«
    »Narr! Du es nicht mitnehmen kannst ins Jenseits!«
    Asphalt suchte am Holz nach Halt. Der Karren erzitterte.
    »Das haben wir gleich«, murmelte er.
    »Übrigens…«, sagte Klippe, als sich der Wagen noch einen Zentimeter dem Abgrund entgegenneigte. »Wer hält Buddy?«
    »Vielleicht ist er… äh… in die Schlucht gefallen«, erwiderte Glod.
    Vier Akkorde erklangen.
    Buddy hing an einem Hinterrad, seine Füße über der Leere. Er zuckte, als ihm die Musik mit einem Refrain aus acht Tönen über die Seele strich.
    Nie altern. Nie sterben. Für immer leben, in diesem einen, von emotionalem Feuer geprägten Moment, in dem das Publikum jubelt. Wenn jeder Ton einem Herzschlag gleichkommt. Am Himmel brennen…
    Du wirst nie alt. Man wird nie sagen, daß du gestorben bist.
    Das ist die Übereinkunft. Du bist der berühmteste Musiker auf der ganzen Welt.
    Leb schnell. Stirb jung.
    Die Musik zupfte an seinem Selbst.
    Buddys Beine schwangen langsam nach oben und berührten

Weitere Kostenlose Bücher