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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Ecke, bevor Susanne eine weitere Frage stellen konnte.
    »Wie hat sie das gemeint?« murmelte das Mädchen.
    » Sie weiß Bescheid«, ertönte eine Stimme hinter Susanne. »Hat dich auf den ersten Blick erkannt.«
    Die Schülerin drehte sich um. Der Rabe hockte in einem kleinen offenen Fenster. »Komm besser rein«, sagte er. »Dort auf der Straße könntest du allen möglichen Leuten begegnen.«
    »Das bin ich bereits.«
    Neben der Tür war ein Messingschild an der Wand befestigt. Es sagte: »Käsemeier, C.V.; Dr. Mag. (Unsichtbare Universität); Bakkalaureus thau. und oec.«
    Zum erstenmal hörte Susanne ein Metallschild sprechen.
    »Ein simpler Trick«, krächzte der Rabe geringschätzig. »Das Ding spürt deinen Blick. Gib…«
    »Käsemeier, C.V.; Dr. Mag. (Unsichtbare Universität); Bakkalaureus thau. und oec.«
    »Halt die Klappe. Gib der Tür einen Stoß.«
    »Sie ist verschlossen.«
    Der Rabe neigte den Kopf und bedachte das Mädchen mit einem durchdringenden Blick aus seinen dunklen Knopfaugen. »Und davon willst du dich aufhalten lassen? Na schön. Ich hole den Schlüssel.«
    Kurze Zeit später kehrte der Vogel mit einem großen Schlüssel zurück und ließ ihn aufs Kopfsteinpflaster fallen.
    »Ist der Zauberer nicht zu Hause?«
    »O doch. Er liegt im Bett und schnarcht, was das Zeug hält.«
    »Ich dachte, Zauberer sind die ganze Nacht auf.«
    »Dieser nicht. Gegen neun hat er eine Tasse Kakao getrunken, und danach ist er unter die Decke gekrochen, um ordentlich zu ratzen.«
    »Ich kann doch nicht ohne seine Erlaubnis das Haus betreten!«
    »Warum denn nicht? Du bist gekommen, um mit mir zu reden, stimmt’s? Ich bin der Kopf des ganzen Ladens. Der Zauberer trägt nur den komischen Hut und übernimmt das Winken und so.«
    Susanne drehte den Schlüssel.
    Auf der anderen Seite der Tür war es warm. Sie sah das übliche magische Brimborium: eine Esse; eine Werkbank mit Flaschen und verstreut herumliegenden Bündeln; einen Bücherschrank, der von Büchern geradezu überquoll; ein ausgestopfter Alligator unter der Decke; mehrere Kerzen, die wie Lavaströme aus Wachs anmuteten; einen Raben auf einem Totenschädel.
    »Das stammt alles aus einem Katalog«, sagte der Rabe. »Glaub mir. Zauberer wählen aus, bestellen und bekommen dann ein großes Paket. Denkst du etwa, daß Kerzen von ganz allein so tropfen? Ein geschickter Kerzentropfer muß drei Tage hart arbeiten, um ein derart eindrucksvolles Ergebnis zu erzielen.«
    »Das ist doch alles Unsinn«, sagte Susanne. »Und außerdem kann man nirgends Totenschädel kaufen.«
    »Du mußt es ja wissen«, erwiderte der Rabe. »Immerhin bist du gebildet.«
    »Was wolltest du mir gestern nacht mitteilen?«
    »Dir mitteilen?« Der Rabe wirkte plötzlich verlegen.
    »Ich meine die Da-da-da- DAH -Sache.«
    Der Rabe kratzte sich am Kopf.
    »Die Ratte hat mir verboten, dir alles zu sagen. Ich sollte nur auf das Pferd hinweisen und hab’s ein wenig übertrieben. Ist es inzwischen erschienen?«
    »Ja!«
    »Reite es.«
    »Das habe ich bereits. Es kann unmöglich ein richtiges Pferd sein. Richtige Pferde wissen, wo sich der Boden befindet.«
    »Es gibt kein richtigeres Pferd, junge Dame.«
    »Ich kenne seinen Namen. Der Hengst heißt Binky. Und ich bin schon mal auf ihm geritten.«
    Der Rabe seufzte. Besser gesagt, er gab ein zischendes Geräusch von sich, das einem Seufzen so nahe kam, wie es mit einem Schnabel, möglich ist.
    »Reite das Pferd. Seine Wahl ist auf dich gefallen.«
    »Seine Wahl? Und wohin soll ich reiten?«
    »Das mußt du selbst herausfinden. Ich darf es nicht wissen.«
    »Nehmen wir mal an, ich wäre dumm genug, mich darauf einzulassen… Kannst du nicht wenigstens andeuten, was dann geschieht?«
    »Nun… du hast Bücher gelesen. Das erkennt man auf den ersten Blick. Bist du mit Büchern vertraut, in denen Kinder in ein magisches Reich geraten und Abenteuer mit Kobolden und so erleben?«
    »Ja, natürlich«, bestätigte Susanne grimmig.
    »Vielleicht wäre es angebracht, wenn du in solchen Bahnen denkst«, schlug der Rabe vor.
    Susanne griff nach einem Kräuterbündel und drehte es hin und her.
    »Draußen habe ich eine Frau gesehen, die behauptete, die Zahnfee zu sein«, sagte sie.
    »Es kann nicht die Zahnfee gewesen sein«, entgegnete der Rabe. »Es gibt mindestens drei.«
    »Solch eine Person existiert nicht. Ich meine… ich wußte nichts davon. Ich habe das alles für… eine Geschichte gehalten. So wie den Sandmann. Oder den Schneevater.« 9
    »Ah«,

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