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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Dies-
    seits verweilen dürfen, während die Bösen jung starben. Letztendlich
    glich sich alles aus. Ja, sie wollte es ihm zeigen. Und was die Verantwortung betraf… Menschen veränderten immer etwas. Das gehörte zur
    menschlichen Natur.
    Sie öffnete eine andere Tür und betrat die Bibliothek.

    Dieser Raum war noch größer als die Kammer mit den Lebensuhren.
    Bücherregale ragten wie Klippen auf; die Decke verbarg sich hinter
    Dunstschwaden.
    Susanne überlegte. Es war natürlich töricht zu glauben, die Sense wie
    einen Zauberstab schwingen und dadurch, gewissermaßen auf einen
    Schlag, die ganze Welt in einen besseren Ort verwandeln zu können. Es
    dauerte sicher eine Weile. Sie mußte klein anfangen und sich dann lang-
    sam nach oben arbeiten.
    Das Mädchen streckte die Hand aus.
    »Ich habe keine Lust, seine Stimme nachzuahmen. Das ist nur über-
    flüssiges Drama und dumm. Ich möchte das Buch von Imp y Celyn,
    besten Dank dafür.«
    In der Bibliothek setzte sich die übliche Routine fort. Millionen von
    Büchern schrieben sich selbst. Es knisterte und raschelte überal .
    Susanne erinnerte sich daran, auf einem Knie zu sitzen, beziehungsweise auf einem Kissen, das auf einem Knie ruhte, denn das Knie selbst kam dafür nicht in Frage. Sie beobachtete, wie ein knöcherner Finger Buchstaben folgte, die von ganz al ein auf der Seite entstanden. Sie hatte mit der Lektüre ihres eigenen Lebens lesen gelernt…
    »Ich warte«, betonte Susanne.
    Dann bal te sie die Fäuste.
    IMP Y CELYN, sagte sie.
    Das Buch erschien direkt vor ihr. Sie griff gerade noch rechtzeitig da-
    nach, bevor es zu Boden fiel.
    »Danke«, sagte sie.
    Susanne blätterte durch die Seiten eines fremden Lebens, hielt bei der
    letzten inne und riß die Augen auf. Rasch kehrte sie zu der Stel e zurück,
    wo der Tod des Jungen in der Geflickten Trommel geschildert wurde. Alle Einzelheiten standen auf dem Papier, doch sie entsprachen nicht den
    tatsächlichen Ereignissen. Das Buch log. Beziehungsweise – und Susan-
    ne wußte, daß es richtiger war, die Dinge aus dieser Perspektive zu be-
    trachten – das Buch berichtete die Wahrheit, während die Realität log.
    Noch mehr Bedeutung hatte ein anderer Aspekt: Seit dem Zeitpunkt
    seines Todes schrieb das Buch nur noch Musik. Notenlinien füllten eine

    Seite nach der anderen. Susanne beobachtete, wie sich ein Notenschlüs-
    sel mit sorgfältigen Kringeln selbst malte.
    Was steckte dahinter? Warum ließ Musik den jungen Mann am Leben?
    Es war äußerst wichtig, daß Susanne ihn rettete. Sie spürte eine Ge-
    wißheit, die ihr wie ein geistiges Kugellager erschien. Ja, sie mußte ihn
    retten, unbedingt. Sie war ihm noch nie gegenübergetreten, hatte nie ein
    Wort mit ihm gewechselt. Und doch gab es nicht den geringsten Zweifel,
    daß seine Rettung zu ihren dringendsten Aufgaben gehörte.
    Großvater nutzte jede Gelegenheit, sich gegen solche Dinge auszu-
    sprechen. Aber was wußte er schon davon? Er hatte nie gelebt.

    Blert Zupfgut stel te Gitarren her. Die Arbeit befriedigte ihn sehr. Er
    und der Lehrling Gibbson brauchten etwa fünf Tage für ein ordentliches
    Instrument. Vorausgesetzt, es stand genug abgelagertes Holz zur Verfü-
    gung. Blert war ein gewissenhafter Mann, der viele Jahre seines Lebens
    der Perfektionierung eines Musikinstruments gewidmet hatte, das er
    selbst recht gut beherrschte.
    Seiner Erfahrung nach gab es drei Arten von Gitarristen. An erster
    Stelle kamen diejenigen, die Blert Zupfgut für wahre Musiker hielt; sie
    arbeiteten in der Oper und für private Orchester. Kategorie B bildeten
    die Sänger von Volksliedern. Sie konnten nicht spielen, aber das fiel
    kaum ins Gewicht, da sie auch nicht singen konnten. Den dritten Platz
    belegten Troubadoure und andere verdächtige Subjekte. Sie hielten eine
    Gitarre für eine Rose zwischen ihren Zähnen, eine Schachtel Pralinen
    und eine strategisch plazierte Socke. Sie sahen in Gitarren nur weitere
    Waffen im Kampf der Geschlechter. Sie spielten nicht, abgesehen von
    vielleicht ein oder zwei Akkorden, aber sie besorgten sich regelmäßig
    Nachschub. Wenn man, von einem zornigen Ehemann verfolgt, aus dem
    Schlafzimmerfenster springt, verschwendet man keinen Gedanken an die
    zurückbleibende Gitarre.
    Bis vor kurzer Zeit hatte Blert geglaubt, al e potentiel en Gitarrenkäu-
    fer gut zu kennen. Inzwischen wußte er es besser.

    An diesem Morgen hatte er einige Zauberer als Kunden begrüßt – das
    war schon seltsam genug. Einige von

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