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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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von Ridcul ys Zeigefinger anvisierte Student wand sich verlegen
    hin und her.
    »Äh… ähm… Großer Irrer Drongo«, sagte er und drehte nervös sei-
    nen Hut.
    »Großer. Irrer. Drongo«, wiederholte Ridcully. »So lautet dein Name?
    Hast du ihn auch auf deine Weste genäht?«
    »Äh… nein, Erzkanzler.«
    »Auf deiner Weste steht…?«
    »Adrian Rübensaat, Erzkanzler.«
    »Warum nennt man dich Großer Irrer Drongo, Adrian Rübensaat?«
    fragte Ridcully.
    »Äh… ähm…«
    »Er hat mal einen halben Liter Bier mit Limonade getrunken«, sagte
    Stibbons. Er hatte genug Anstand, bei diesen Worten verlegen zu wir-
    ken.
    Der Erzkanzler versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Ihm blieb
    keine Wahl – er mußte sich mit diesen Leuten begnügen.
    »Na schön«, brummte er. »Was haltet ihr hiervon?«
    Er holte den Krug aus der Geflickten Trommel hervor. Auf der Öffnung war mit mehreren Schnüren ein Bierdeckel festgebunden.
    »Was ist da drin, Erzkanzler?« fragte Ponder Stibbons.
    »Ein Stück Musik, Junge.«

    »Musik? Man kann Musik nicht auf diese Weise einfangen.«
    »Ich wünschte, ich wäre ebenso schlau und allwissend wie du«, sagte
    Ridcully. »Der große Meßkolben dort drüben. Du… Großer Irrer Adri-
    an. Öffne das Ding und halte dich bereit, es auf mein Kommando sofort
    wieder zu schließen. Achtung, Irrer Adrian – jetzt !«
    Ein zorniger Ton entfuhr dem Krug, als Ridcully den Bierdeckel zur
    Seite zog und das Gefäß umdrehte. Der Irre Drongo Adrian schloß den
    Kolben rasch wieder und schien sehr entsetzt vom Erzkanzler zu sein.
    Kurz darauf hörten sie es al e: Ein leises, rhythmisches Pochen hal te
    von den Innenwänden des Meßkolbens wider.
    Die Studenten starrten auf den Behälter.
    Etwas steckte dort drin. Eine Bewegung in der Luft…
    »Ich habe das Stück Musik gestern abend in der Geflickten Trommel eingefangen«, sagte Ridcully.
    »Unmöglich«, erwiderte Ponder. »Man kann Musik nicht festhalten.«
    »Das da drin ist kein klatschianischer Nebel, Junge.«
    »Es war seit gestern abend in dem Krug?« vergewisserte sich Ponder.
    »Ja.«
    »Das ist unmöglich!«
    Stibbons wirkte zutiefst bestürzt. Manche Leute werden mit dem in-
    stinktiven Gefühl geboren, alle Rätsel des Universums seien lösbar.
    Ridcully klopfte ihm auf die Schulter.
    »Hast du etwa gedacht, es sei leicht, ein Zauberer zu sein?«
    Ponder betrachtete den Kolben noch immer. Nach einigen Sekunden
    preßte er die Lippen zu einem dünnen, entschlossenen Strich zusammen.
    »Na schön! Wir gehen der Sache auf den Grund. Bestimmt hat es was
    mit der Frequenz zu tun. Ja, genau! Tez der Schreckliche, hol die Kri-
    stallkugel! Skazz, besorg uns Stahldraht! Es muß an der Frequenz liegen!«

    Die Band Mit Steinen Drin schlief in einem für Männer reservierten
    Wohnheim unweit der Schimmerstraße. Das hätte sicher vier muskulöse

    Mitarbeiter der Musikergilde interessiert, die vor einem pianoförmigen
    Loch in der Fleißigen Straße warteten.

    Susanne schritt durch die Zimmer von Tods Haus. In ihrem Innern bro-
    delten Zorn und ein wenig Furcht, die den Zorn noch schlimmer mach-
    te.
    Wie konnte man so denken? Wie konnte man sich damit zufriedenge-
    ben, die Personifizierung einer elementaren Kraft zu sein? Einige Dinge
    würden sich bald ändern…
    Ihr Vater hatte sich bemüht, Veränderungen zu bewirken. Al erdings
    nur, weil er sentimental war, mußte Susanne zugeben.
    Königin Keli von Sto Helit hatte ihn zum Herzog ernannt. Susanne
    wußte, was dieser Titel bedeutete: Herzöge führten Heere in den Krieg.
    Doch ihr Vater kämpfte nie gegen jemanden. Er verbrachte seine ganze
    Zeit damit, in der Sto-Ebene von einem unwichtigen Stadtstaat zum
    nächsten zu reisen, dort mit den Leuten zu reden und sie aufzufordern,
    mit anderen Leuten zu sprechen, anstatt zu versuchen, ihnen den Schä-
    del einzuschlagen. Er hatte nie jemanden getötet, soweit Susanne wußte,
    aber viel eicht war es ihm gelungen, den einen oder anderen Politiker mit
    Rhetorik umzubringen. Für einen Heerführer schien solch eine Tätigkeit
    eher banal zu sein. Zugegeben, in letzter Zeit kam es nur noch selten zu
    jenen kleinen Kriegen, die früher für viel Abwechslung gesorgt hatten.
    Aber es war sicher kein… ruhmreiches Leben.
    Susanne wanderte durch das endlose Zimmer mit den Lebensuhren.
    Selbst die Exemplare in den höchsten Regalen rasselten leise, als sie vor-
    beischritt.
    Sie stellte sich vor, Leben zu retten. Die Guten sol ten länger im

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