Rollende Steine
rasch.
»Nicht mehr«, sagte der Oberste Hirte. »Er hat siebzehn Krapfen ge-
kauft.«
»Zucker?« fragte Ridcully. »Ihr habt zugelassen, daß er Zucker zu sich
nimmt? Ihr wißt doch, daß er dadurch ein wenig, nun, komisch wird.
Frau Allesweiß meinte, sie könnte ungehalten werden, wenn wir ihm
noch einmal Zucker geben.« Er geleitete die kaffeebraunen Gestalten zur
Tür. »Es ist alles in bester Ordnung, guter Mann«, sagte er zum Zwerg.
»Du kannst uns vertrauen – wir sind Zauberer. Morgen früh lasse ich dir
das Geld schicken.«
»Ha!« erwiderte der Zwerg. »Und das soll ich glauben?«
Eine lange Nacht lag hinter Ridcul y. Er drehte sich um und zielte mit
dem Zeigefinger auf die Wand. Oktarines Feuer knisterte, und die Worte
ICH SCHULDE DIR 4 DOHLAR brannten sich in den Stein.
»Gut, danke, kein Problem«, sagte der Zwerg und duckte sich in den
Schaum.
»Ich schätze, wegen Frau Allesweiß brauchen wir uns kaum Sorgen zu
machen«, meinte der Dozent für neue Runen, als sie durch die Dunkel-
heit wankten. »Ich habe sie und einige ihrer Gehilfinnen in der Kaverne gesehen. Du weißt schon, die Küchenmädchen. Molly, Pol y und… äh…
Dolly. Sie weinten.«
»So schlecht war die Musik nun auch wieder nicht«, sagte Ridcully.
»Nein… äh… sie weinten nicht vor Schmerz, nein, das glaube ich
nicht!« ließ sich der Dozent für neue Runen vernehmen. Er errötete.
»Nun… äh… als der junge Mann mit den Hüften wackelte…«
»Der Bursche sieht eindeutig elvisch aus«, murmelte Ridcully.
»… äh… ich glaube, da warf sie etwas von ihrer Unter… und so auf
die Bühne.«
Das brachte den Erzkanzler zum Schweigen, zumindest für eine Weile.
Jetzt waren al e Zauberer mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt.
»Was, Frau Allesweiß?« fragte der Professor für unbestimmte Studien.
»Ja.«
»Was, ihre…?«
»Ich… äh… glaube schon.«
Ridcully hatte einmal Frau Al esweiß’ Wäscheleine gesehen und staunte
noch immer, als er sich daran erinnerte. Er hätte nie vermutet, daß es so
viele rosarote Rüschen auf der Welt gab.
»Was, wirklich ihr…?« fragte der Dekan. Seine Stimme schien aus wei-
ter Ferne zu kommen.
»Ich bin… äh… ziemlich sicher.«
»Klingt gefährlich«, kommentierte Ridcully. »Jemand hätte ernsthaft
verletzt werden können. Und nun zurück zur Universität. Dort erwartet
euch al e ein kaltes Bad.«
» Wirklich ihr…?« hauchte der Professor für unbestimmte Studien. Es fiel den Zauberern schwer, nicht mehr an diese Sache zu denken.
»Mach dich nützlich und such den Quästor«, sagte Ridcully scharf.
»Und morgen früh… Normalerweise würde ich euch al e vor dem Rek-
torat antreten lassen, aber das geht leider nicht, denn ihr seid das Rekto-rat.«
Der Stinkende Alte Ron, von Beruf verrückt und einer der fleißigsten
Bettler in Ankh-Morpork, blinzelte in die Düsternis. Lord Vetinari konn-
te im Dunkeln gut sehen. Unglücklicherweise gab es auch an seinem
Geruchssinn nichts auszusetzen.
»Und dann geschah was?« fragte er und versuchte, dem Bettler nicht
direkt das Gesicht zuzuwenden. Der Stinkende Alte Ron war ein kleiner,
buckliger Mann in einem schmierigen Mantel. Doch sein Geruch reichte
aus, um die ganze Welt zu füllen.
Ron war körperlich schizophren. Auf der einen Seite existierte der
Stinkende Alte Ron und auf der anderen sein Geruch, der sich im Lauf
der Jahre zu einer unabhängigen Persönlichkeit entwickelt hatte. Jeder
konnte einen Geruch haben, der noch eine Zeitlang blieb, nachdem er
gegangen war. Doch der Gestank des Alten Ron traf einige Minuten vor
ihm ein, um sich überal umzusehen und einen bequemen Platz zu su-
chen. Er hatte einen so hohen Entwicklungsstand erreicht, daß man ihn
nicht mehr mit der Nase wahrnahm, weil diese sofort al e Kontakte zur
Außenwelt abbrach. Daß sich der Stinkende Alte Ron näherte, bemerkte
man daran, daß sich das Ohrenschmalz aufzulösen begann.
»Verdammtermistundzugenäht, Verdammtermistundzugenäht, falsche
Seite, ich hab’s ihnen ja gesagt, Mistmist…«
Der Patrizier wartete. Man mußte dem Verstand des Stinkenden Alten
Ron genug Zeit geben, in die Nähe der Zunge zu gelangen.
»… mir mit Magie nachzuspionieren, ich hab’s ihnen gesagt, Bohnen-
suppe, sieh nur… und dann tanzten al e, weißt du, und nachher standen
zwei Zauberer auf der Straße, und einer von ihnen sprach davon, die
Musik in einer Schachtel zu fangen, und Herr Schnapper
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