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Rom: Band 1

Rom: Band 1

Titel: Rom: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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der neuen Religion nicht mehr zu gebrauchen, als ob es nicht allen klar wäre, daß diese Worte die Rückkehr des Katholizismus zur ursprünglichen Reinheit des Christentums bedeuteten! War dies eines der Verbrechen, die der Kongregation des Index denunzirt worden waren? Er begann schließlich zu ahnen, wer diese Angeber waren, und bekam Angst, denn er war sich jetzt bewußt, daß ein unterirdischer Angriff, eine ungeheure Anstrengung gemacht wurde, um sein Werk niederzuschlagen und zu unterdrücken. Alles, was ihn umgab, wurde ihm verdächtig. Er wollte sich einige Tage sammeln und die für ihn so unerwartete schwarze Gesellschaft von Rom beobachten und studiren. Aber in der Empörung seines Apostelglaubens that er sich das Gelübde, niemals nachzugeben, so wie er vorhin erklärt hatte, nicht eine Seite, nicht eine Zeile in seinem Buche zu ändern und es als das unerschütterliche Zeugnis seines Glaubens in der Öffentlichkeit zu behaupten. Und selbst wenn der Index ihn verurteilen sollte, würde er sich nicht unterwerfen, nichts zurückziehen. Wenn es sein mußte, so würde er die Kirche verlassen, bis zum Schisma gehen, die neue Religion predigen und ein neues Buch schreiben – das wirkliche Rom, so wie er es dunkel zu erkennen begann.
    Mittlerweile hatte Don Vigilio zu schreiben aufgehört und sah Pierre so starren Blickes an, daß dieser zuletzt höflich herantrat, um sich von ihm zu verabschieden. Trotz seiner Furcht erlag der Sekretär einem mitteilsamen Bedürfnis und murmelte:
    »Sie wissen, er ist nur Ihretwegen gekommen. Er wollte das Resultat Ihrer Unterredung mit Seiner Eminenz hören.«
    Der Name des Monsignore Rani brauchte nicht einmal genannt zu werden.
    »Glauben Sie wirklich?«
    »O, daran ist nicht zu zweifeln ... Und wenn Sie meinem Rate folgen wollen, so thäten Sie sehr weise daran, sofort und freiwillig alles zu thun, was er von Ihnen wünscht; denn es steht unbedingt fest, daß Sie es später thun werden.«
    Das versetzte Pierre vollends in Unruhe und Verzweiflung. Er entfernte sich mit einer trotzigen Geberde. Es würde sich schon zeigen, ob er gehorchen würde. Die drei Vorzimmer, die er von neuem durchschritt, kamen ihm noch schwärzer, noch leerer und toter vor. Im zweiten grüßte ihn Abbé Paparelli mit einer leichten, stummen Verbeugung; im ersten schien ihn der verschlafene Lakai nicht einmal zu sehen. Unter dem Baldachin zwischen den Troddeln des großen Kardinalshutes spann eine Spinne ihr Netz. Wäre es nicht besser gewesen, die Haue an diese ganze faulende, in Staub zerfallende Vergangenheit zu legen, damit die Sonne frei hereinscheine und dem geläuterten Boden die Fruchtbarkeit der Jugend zurückgebe?

IV.
    Am Nachmittag desselben Tages gedachte Pierre, da er Muße hatte, seine Streifzüge durch Rom mit einem Besuche zu beginnen, der ihm am Herzen lag.
    Gleich nach dem Erscheinen seines Buches hatte ihn ein Brief, den er aus dieser Stadt erhielt, tief gerührt und interessirt. Es war ein Brief des alten Grafen Orlando Prada, des Helden der italienischen Unabhängigkeit und Einheit, der unter dem Eindruck der ersten Lektüre spontan, ohne ihn zu kennen, an ihn geschrieben hatte. Diese vier Seiten enthielten eine stammende Verwahrung, einen Aufschrei des in dem Greise noch jugendlich lebendigen Patriotismus; er klagte ihn an, in seinem Werk Italien vergessen zu haben, und forderte Rom, das neue Rom, für das geeinigte und endlich befreite Italien. Daraus hatte sich ein Briefwechsel entwickelt, und obwohl der Priester von seinem Traum vom Neukatholizismus, dein Retter der Welt, nichts opferte, so begann er dennoch den Mann, der ihm diese Briefe voll großer, brennender Vaterlands- und Freiheitsliebe schrieb, aus der Ferne zu lieben. Er hatte ihn von seiner Reise benachrichtigt und versprochen, ihn zu besuchen. Aber jetzt war ihm die Gastfreundschaft, die er im Palaste Boccanera angenommen hatte, sehr störend; denn nach dem so liebreichen Empfang Benedettas war es mißlich, gleich am ersten Tage, ohne sie davon zu benachrichtigen, den Vater des Mannes aufzusuchen, vor dem sie geflohen war, gegen den sie die Scheidungsklage eingebracht hatte, um so mehr als der alte Orlando bei seinem Sohne in dem kleinen Palaste wohnte, den dieser am oberen Ende der Via Venti Settembre hatte bauen lassen.
    Pierre wollte also seine Bedenken vor allem der Contessina selbst gestehen. Er hatte übrigens von dem Vicomte Philibert de la Choue erfahren, daß sie dem Helden eine mit Bewunderung gemischte

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