Rom: Band 1
ihm mißlingt, so ist es aus; Sie haben dann nicht mehr die geringste Aussicht, die erbetene Audienz von anderer Seite zu erlangen, denn man wird die Eigenliebe des Herrn Botschafters nicht verletzen wollen, indem man einem andern Einfluß als dem seinen nachgibt.«
Pierre blickte ängstlich Narcisse an; dieser schüttelte mit befangener, unschlüssiger Miene den Kopf.
»In der That,« murmelte er endlich, »wir haben kürzlich für eine hohe französische Persönlichkeit eine Audienz verlangt, und sie wurde uns verweigert. Das war uns sehr unangenehm ... Monsignore hat recht. Wir müssen unsern Botschafter in Reserve halten und uns seiner erst bedienen, wenn alle anderen Zutrittswege versperrt sind. Unser erster Besuch wird also meinem Vetter im Vatikan gelten,« setzte er in feiner Gefälligkeit hinzu, da er Pierres Enttäuschung sah.
Nani blickte den jungen Mann erstaunt an; seine Aufmerksamkeit war von neuem geweckt.
»Im Vatikan? Sie haben einen Vetter im Vatikan?«
»Aber gewiß, Monsignore Gamba del Zoppo.«
»Gamba! Gamba! ... Ja, ja ... verzeihen Sie, ich erinnere mich ... Sie gedenken also, durch Gamba auf Seine Heiligkeit zu wirken ... Gewiß, das ist eine Idee... Das muß überlegt werden, das muß überlegt werden ...«
Er wiederholte die letzten Worte mehrmals, um sich selbst Zeit zum Ueberlegen zu lassen, um die Idee innerlich zu erwägen. Monsignore Gamba del Zoppo war ein braver Mann, spielte gar keine Rolle, und im Vatikan war es schließlich schon zur Legende geworden, daß er eine Null sei. Er unterhielt den Papst durch kindische Geschichten, schmeichelte ihm sehr, und der Papst ging gern an seinem Arm in den Gärten spazieren. Während dieser Spaziergänge erlangte er mit Leichtigkeit allerlei kleine Begünstigungen. Aber er war ein außerordentlicher Hasenfuß und fürchtete derart, seinen Einfluß zu kompromittiren, daß er keine Bitte wagte, ohne vorher lange überlegt zu haben, ob daraus kein Schade für ihn selbst hervorgehen könne.
»Nun, die Idee ist nicht schlecht,« erklärte Nani zuletzt. »Ja, ja, Gamba kann Ihnen die Audienz verschaffen, wenn er nur will ... Ich werde ihn selbst aufsuchen und ihm die Geschichte erklären.«
Gleich darauf erschöpfte er sich übrigens in Mahnungen zu äußerster Vorsicht. Er wagte sogar zu sagen, daß man gegen die Umgebung des Papstes sehr mißtrauisch sein müsse. Ach ja, Seine Heiligkeit war so gut, glaubte so blind an die Güte, daß er seine Vertrauten nicht immer mit der erforderlichen kritischen Sorgfalt wählte. Man wußte nie, an wen man sich wendete, in welche Falle man den Fuß setzen konnte. Er gab sogar zu verstehen, daß man sich um keinen Preis direkt an Seine Eminenz den Staatssekretär wenden dürfe; denn selbst dieser sei nicht frei und befinde sich im Mittelpunkt eines Intriguenherdes, der seine besten Absichten lähme. Während er sehr leise und salbungsvoll so sprach, erschien der Vatikan seinen Zuhörern wie ein von eifersüchtigen und verräterischen Drachen bewachtes Land, ein Land, in dem man keine Thürschwelle überschreiten, keinen Schritt wagen, keine Hand ausstrecken dürfe, ohne sich im voraus sorgsam vergewissert zu haben, daß man nicht den ganzen Körper dort lassen würde.
Pierre fuhr, mehr und mehr erkaltet, fort zuzuhören, und fiel in seine frühere Ungewißheit zurück.
»O Gott, ich werde mich nicht zu benehmen wissen!« rief er. »Ach, Monsignore, Sie machen mich mutlos!«
Nani lächelte abermals kordial.
»Ich, mein liebes Kind! Das thäte mir sehr leid ... Ich wiederhole bloß, warten Sie, unternehmen Sie nichts. Vor allem keine Aufregung. Es hat nicht die geringste Eile, das schwöre ich Ihnen, denn erst gestern ist ein Sachverständiger ernannt worden, der über Ihr Buch Bericht erstatten soll. Sie haben gut einen Monat vor sich ... Vermeiden Sie Gesellschaften, leben Sie so, daß niemand weiß, ob Sie existiren, sehen Sie sich Rom in aller Ruhe an: das ist die beste Art, Ihre Angelegenheit zu fördern. – Sie glauben wohl, daß ich meine Gründe habe, so zu sprechen,« fügte er hinzu, indem er eine Hand des Priesters ergriff und sie mit seinen beiden aristokratischen, vollen und weichen Händen festhielt. »Nun, ich selbst hätte mich erboten, ich hätte es nur zur Ehre gerechnet, Sie geradewegs zu Seiner Heiligkeit zu fühlen. Aber ich will mich noch nicht hineinmischen; ich bin mir zu sehr bewußt, daß es gegenwärtig die Sache nur verpfuschen hieße ... Später – hören Sie? –
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