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Rom kann sehr heiss sein

Titel: Rom kann sehr heiss sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Bo tius
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nicht nötig. Mit dieser Sache muss ich alleine fertig werden.«
    Ich wohne in der Villa meiner Mutter. Obwohl sie sie auf mich hat überschreiben lassen, fühle ich mich als Mieter. Ein Gärtner pflegt den Garten. Die Räume sind übertrieben sparsam möbliert. Ich habe es nicht verstanden, von ihnen richtig Besitz zu ergreifen. Ich habe keine Bilder aufgehängt, nur das vergilbte, von Stockflecken übersäte Foto meines Vaters, das ihn als einen blassen Mann zeigt mit einem ausdruckslosen Gesicht. Einen Ehrenplatz im fast leeren Wohnzimmer hat mein Fahrrad. Es ist kein gewöhnliches Fahrrad. Es ist ein so genanntes »Pedersen«. Dieses wunderschöne, bequeme Gefährt ist mehr ist als ein bloßes Transportmittel. Es ist Philosophie, Lebenshaltung, das sagen jedenfalls alle, denen so ein Fahrzeug gehört. Der dänische Brückenkonstrukteur Pedersen hat es gegen Ende des letzten Jahrhunderts entworfen und gebaut. Heute wird es immer noch hergestellt, in Christiania zum Beispiel, einer ehemaligen Hippieenklave in Kopenhagen. Der Rahmen besteht aus dünnen Rohren, nach den Gesetzen der Triangulation zu schmalen Dreiecken miteinander verbunden. Der Sattel schwebt an einem Riemen zwischen Lenker und hinterem Rahmen. Das Sitzgefühl ist völlig anders als bei einem normalen Fahrrad. Man schwebt eher als dass man fährt. Ein Zustand der Gelassenheit, der einen leicht das Ziel vergessen lässt, auf das man sich gerade zubewegt. Ich fahre dieses Rad nur noch selten. Zu weit habe ich mich von dem dazu passenden Gemütszustand entfernt. Meistens hänge ich tief über dem Lenker meines rostigen Hollandrades, wenn ich gegen Wind und Regen zur Arbeit fahre.
    Eine Woche nach dem Verschwinden meiner Mutter glaubte ich plötzlich den Geruch ihres Parfüms zu riechen. In ihrem ehemaligen Schlafzimmer. Es war übrigens ein Männerparfüm. Am folgenden Abend – ich war gerade von der Arbeit zurückgekommen, die darin bestand, alte Spesenabrechnungen zu prüfen und zu frisieren, wo es mir nötig schien – klingelte es. Ich ging zur Tür, öffnete. Vor mir stand eine grazil gewachsene junge Frau mit unscheinbaren braunen Locken. Sie waren nass vom Regen. Ebenso das von Sommersprossen bedeckte Gesicht mit diesen fast unnatürlich himmelblauen Augen. Es war Dale. Dale Mackay aus Inverness.
    Sie musste lachen, als sie meine Verblüffung sah. »Komme ich etwa ungelegen?«, sagte sie. »Hast du vielleicht Damenbesuch?«
    »Ja«, sagte ich. »Meine Mutter. Zumindest war sie da als Geist. Sie hat ihr Parfüm hinterlassen.«
    »Darf ich reinkommen?«
    Jetzt erst merkte ich, dass ich immer noch in der Tür stand, mit leicht eingezogenem Kopf, was nicht nur an meiner Körperlänge lag und an der Höhe des Tührrahmens.

2. Dale Mackay

    Dale und ich wohnten zum ersten Mal, seit wir uns kannten, richtig zusammen. Allein dies war schon Weihnachten, auch wenn es bis zu den Feiertagen noch ein paar Tage hin war. Wir schliefen auf der schmalen Matratze, die das einzige Möbelstück im Schlafzimmer war. Es gab keinen Schrank. Wir warfen unsere Kleider auf den Parkettboden. Wenn ich nachts neben meiner Freundin aufwachte, hatte ich das Gefühl, im Freien zu campieren. Ich hörte ihren Atem, spürte ihre Wärme wie eine sanfte Emanation der Natur und glaubte, den Tau auf dem Gras zu riechen.
    Das Frühstück nahmen wir meistens in der spartanisch eingerichteten Küche ein. Es war wie Picknick. Einmal hielt ich Dales Hand und versuchte mit der Linken, ein Brötchen mit Honig zu bestreichen. Es fiel vom Teller auf den Boden, natürlich mit der klebrigen Seite nach unten. Dale lachte auf, setzte sich mir auf den Schoß und philosophierte: »Verliebte Männer erinnern an betrunkene Teddybären. Verliebte Frauen sind eher wie Schlangen kurz nach der Häutung. Verletzlich und müde.«
    Ein anderes Mal gingen wir in eine Frühstückskneipe, aßen eine furchtbare Menge von Hackbrötchen und tranken schwarzen Kaffee dazu.
    »Wie lange kannst du bleiben?«, fragte ich vorsichtig.
    »Eine Reihe von Ewigkeiten, mein lieber Piet. Verteilt auf zwei Tage. Ich muss übermorgen in die Schweiz fahren.«
    »Dienstlich?«
    »So halb und halb. Meine Chefs haben beschlossen, dass ich einen Sprachkurs besuchen soll. Ich habe Holländisch vorgeschlagen und damit nur wieherndes Gelächter provoziert. Du kannst dir denken, warum.«
    »Eigentlich nicht. Unsere Sprache ist schön.«
    »Ja, das stimmt. Aber sie verniedlicht die Wirklichkeit, Piet. Katastrophen bekommen etwas

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