Roman
für mich?«
»Wenn Sie erfolgreich verkaufen wollen, müssen Sie das Produkt kennen.« Beim Wort ›Produkt‹ verzieht David den Mund. Anscheinend berührt es ihn schmerzlich, von Musik als Ware zu sprechen.
»Sie haben meine Frage, was mit der Gegenwart und der Zukunft ist, noch nicht beantwortet.«
Er wendet den Blick ab, das Gesicht starr. »Wenn Skywave die Zukunft ist, sollten wir wohl alle besser in der Vergangenheit bleiben.«
Unschlüssig und ein wenig verzweifelt schnappe ich mir den Stapel Bücher. »Machen Sie mir bitte die Tür auf?«
»Warten Sie!« Er streckt mir die Hand entgegen. Ich will schon danach greifen, um unseren Handel zu besiegeln, aber er schlägt meine Hand aus. »Nein! Geben Sie mir das Ding da!« Er zeigt auf den MP 3-Player, der aus meiner Handtasche ragt.
»Machen Sie Witze?!«
»Hören Sie stattdessen lieber mal zwei Wochen unseren Sender! Mit Ihrem ersten Gehaltsscheck bekommen Sie von mir einen besseren Player, mit mehr Speicher und anderen Songs – als kleine Aufmerksamkeit des Hauses.«
Ich reiche David den Player. »Einer, der Videos abspielen kann, wäre großartig.«
Er lacht und schiebt meinen Player in eine Lücke auf einem der Regalbretter. »Wir sehen uns dann morgen früh um 8.30 Uhr.«
Ich schleppe die Bücher raus auf den Parkplatz. Dabei versuche ich, nicht allzu sehr unter deren Gewicht zu schwanken.
»Und ziehen Sie sich was Anständiges an!«, ruft David mir hinterher. »Das hier ist ein Radiosender, keine Versicherungsgesellschaft.«
Ich werfe ihm ein dankbares Grinsen zu, während er winkt und die Tür schließt.
Der feinkörnige Splitt auf dem Parkplatz knirscht unter meinen Füßen, ein lautes Geräusch in der Stille dieser Sommernacht. Kein Verkehrslärm ist zu hören. Denn der Sender liegt nicht ganz zwanzig Kilometer außerhalb von Sherwood, einer recht kleinen Stadt in Maryland. Der Highway liegt vierhundert Meter weit weg hinter einem dichten Waldstück.
Ich lehne den Bücherstapel gegen den Kotflügel meines abgewrackten Autos und wühle nach meinen Schlüsseln. Meine Handtasche fühlt sich seltsam groß und leicht an ohne den MP 3-Player, den ich schon jetzt vermisse. Vielleicht kann ich mir den von meiner Freundin Lori borgen …
Schritte hinter mir auf dem Schotter. Sicher ist es David mit noch ein paar Büchern.
»Ehrlich«, beginne ich, während ich mich zu ihm umwende, »das sind mehr als …«
Das Wort ›genug‹ bleibt mir in der Kehle stecken.
Da ist niemand. Das einzige Licht kommt von einer orangefarbenen Lampe am Eingang der Sendestation, gleich neben der Tür. Es taucht meine Hälfte des Parkplatzes in ein mattes Bernsteingelb. Der Sendeturm überragt Gebäude und Parkplatz, seine blinkende rote Signallampe zu weit oben, um hier unten noch Licht zu spenden.
Die andere Seite des Parkplatzes liegt im Dunkeln. Dorthin starre ich, die Muskeln starr vor Schreck, die Augen schreckgeweitet blicke ich hin und her. Ich fühle mich wie ein Baby-Kaninchen, das hofft, das Raubtier sähe es nicht, wenn es nur still hält.
Klar doch! Jemand, der mich verfolgt, wird sicher denken, ich wäre durch eine Schaufensterpuppe ersetzt worden! Granatengeile Strategie!
Da es keine anderen Gebäude in Hörweite eines Schreis gibt, sollte ich wohl besser mit dem Auto flüchten oder zurück in den Sender gehen. Die Vorstellung, meinem neuen Boss etwas von komischen Geräuschen draußen auf dem Parkplatz vorzuwinseln macht mir die Entscheidung leicht.
Ohne mich zum Auto umzudrehen, taste ich nach dem Schloss für den Kofferraum, stecke den Schlüssel hinein. Der Kofferraum springt auf, ich lasse die Bücher hineinfallen, ehe ich den Kofferraumdeckel wieder zuschlage. Ich stolpere rückwärts auf die Fahrertür zu.
Da. Ein Luftzug an meinem Ohr, viel zu kalt für eine Sommerbrise. Ich fahre herum, um den Stalker zu sehen und sehe …
Nichts. Wieder.
Ich unterdrücke ein Aufkreischen, öffne die Autotür und falle hinein, wobei ich einen schnellen Kontrollblick auf die Rückbank werfe. Mit dem Ellenbogen drücke ich die Türverriegelung hinunter, um gleichzeitig den Motor anzulassen und den Rückwärtsgang einzulegen. Schottersteinchen spritzen unter meinen Reifen auf und prasseln gegen den Unterboden meines Wagens.
Die Zufahrt zum Sender wird in der baumbestandenen Dunkelheit zu einem langen Tunnel aus Scheinwerferlicht. Erst als ich die Hauptstraße erreiche, geben meine Lungen die angehaltene Atemluft wieder frei.
Kein Wunder, dass Frank
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