Roman
Chancen, dass er seine Frau verlässt. Wenn ich tatsächlich mal nicht an ihn denke, dann denke ich an unsere gemeinsame Zeit, und das macht mich wahnsinnig.
Am Tag nachdem er mich sitzen gelassen hatte, stellte ich ihn im Büro zur Rede.
»Und was war das ›Was‹, das dazwischengekommen ist?«, fragte ich ihn, als er versuchte, auf dem Flur an mir vorbeizugehen. Er sah müde und gestresst aus – vielleicht war er krank. Verdammt, ich machte mir sogar Sorgen um ihn, wenn er sich wie ein Arschloch aufführte.
»Geht es dir gut?«, schob ich hinterher.
»Ja, danke«, antwortete er und berührte meinen Arm. Ich spürte ein leises Verlangen. »Hör zu, es tut mir wirklich leid wegen gestern.«
»Das sollte es auch. Vierzig Minuten habe ich gewartet, Toby. Was auch immer es war – eine Folge von Glee , die du auf keinen Fall verpassen wolltest, eine plötzliche Lebensmittelvergiftung, eine plötzliche Feigheitsattacke, vielleicht?« Er zuckte nicht mal zusammen. »Du hättest mich zumindest anrufen können.«
»Rachel ging es nicht gut, und sie allein zu lassen, wäre verdächtig gewesen. Ich war genervt, um die Wahrheit zu sagen. Ich wollte dich so gerne sehen.« Er nahm meine Hand. »Es ist über eine Woche her, dass ich dich geküsst habe, Steeley, weißt du das?«
Mein Gott, ich wünschte, er würde so etwas nicht sagen.
»Was hatte sie denn?«
»Migräne.«
»Okay.« Wer’s glaubt, wird selig.
»Sie hat wirklich schlimme Anfälle: Grelles Licht blendet sie, ihr ist übel, die ganze Palette. Sie konnte den ganzen Tag nicht arbeiten.«
Ich runzelte die Stirn. Das ergab alles keinen Sinn.
»Okay. Wenn sie also den ganzen Tag zu Hause war, warum hast du mir dann nicht früher gesagt, dass du wahrscheinlich nicht kommen kannst?«
Toby schnaubte kurz und verletzt.
»Oh mein Gott, du glaubst mir nicht, oder?«
»Doch«, log ich. »Ich glaube dir. Denke ich. Eigentlich weiß ich nicht mehr so richtig, was ich glauben soll. Ich verstehe nur nicht, warum du mich den ganzen Weg dorthin fahren gelassen hast, wo ich wie eine totale Idiotin im Foyer warten musste, um mir dann vierzig Minuten nach der verabredeten Zeit eine SMS zu schicken.«
Er seufzte und rieb sich über die Stirn.
»Oh Gott, ich weiß, ich weiß …« Er seufzte erneut. »Sie war total nervig, um ehrlich zu sein. Zuerst sagte sie, ich solle ruhig gehen, es ginge ihr gut. Und in der nächsten Minute lag sie stöhnend im Bett und flehte mich an, bei ihr zu bleiben. Es wurde einfach immer später und später.«
Ich war immer noch nicht überzeugt.
Das war am Donnerstag. Jetzt ist es Montag, und Toby schwankt aus dem Männerklo des Grosvenor House an der Park Lane, als ich gerade die Bar betrete. Auf seinem Hemd sind Rotweinflecken, und sein Hosenstall steht offen.
»Hey, schick, Steeley. Nettes Kleid.«
Er beugt sich vor und küsst mich auf die Wange, verfehlt mich aber, sodass ich stattdessen einen Schmatzer mit Lucky-Strike-Fahne aufs Ohr bekomme.
»Wo warst du?«, frage ich. Ich muss schreien, damit er mich über den Lärm von tausend aufgeregten, leicht angeschickerten Vertriebsleuten hören kann. »Ich habe dich überall gesucht. Eigentlich wollte ich meine Rede noch mal mit dir durchgehen.«
»Ich war mit ein paar Kumpels noch in der Kneipe; ich kann fünf Stunden von diesem Scheiß sonst nicht ertragen.«
»Oh«, sage ich und bin ein kleines bisschen beleidigt. Ich komme mir idiotisch vor, weil ich hier in einem langen Abendkleid stehe, als wären die Product Sales Awards tatsächlich die Oscar-Verleihung.
Toby schwankt leicht und stolpert zurück. Mein Gott, er ist besoffen.
»Also«, lallt er. »Dann halt mir doch mal deine Rede.«
»Ich habe mich ganz kurz gefasst«, erkläre ich, jetzt wieder munterer, »umreiße kurz, wie Schumacher und ich verhandelt haben, erkläre meine Strategie, solche Dinge.«
Toby grinst, seine Augenlider sind schwer. Dann lacht er grausam. »Wow, sieh dich an, die kleine Miss Selbstbewusst. Du glaubst wirklich, dass du gewinnst, oder?«
Ich spüre, wie ich rot werde. Seit ich für diesen Preis nominiert bin, verhält sich Toby wie ein totales Arschloch. Zuerst habe ich seine Ein-Wort-»Schleimerin«-Mails und seine Du-hast-mehr-Glück-als-Verstand-Kommentare als harmloses Geplänkel abgetan. Damals war ich dankbar für jede Form der Unterhaltung. Aber jetzt finde ich es nur noch unhöflich. Ich fange an zu glauben, dass Janine recht hat.
»Ich glaube, du bist einfach nur eifersüchtig«,
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