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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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schütteln. Martins Händedruck hat diese Ich-reiß-dir-gleich-den-Arm-aus-Qualität, aber der Mann erwidert ihn freundlich.
    »Entschuldigen Sie wegen ihm«, flüstere ich ihm zu, als ich mich zu dem Platz bewege und dabei fast an seiner Brust entlangstreife. Er riecht eigen, ein holziger, erdiger Geruch, so, als hätte er an einem Lagerfeuer gesessen. »Er stellt sich immer so an.«
    Der Mann lacht, während Martin hinter ihm ruft: »Wer im Glashaus sitzt, Caroline Steele! Wer im Glashaus sitzt!«
    Jetzt sitzen wir endlich, haben die Karte in der Hand, ein Glas Wein intus, und ich genieße das Glücksgefühl, dass ich absolut total ich selbst bin. Ich sehe zu Martin hinüber, der die Karte so betrachtet, wie er es immer tut – den Kopf in die Hände gestützt, als wäre sie eine medizinische Einverständniserklärung und es ginge bei der Wahl, die er treffen muss, um Leben und Tod –, und denke, dass er wirklich der einzige Mensch auf der Welt ist, bei dem es mir so geht.
    Ich bin nicht ich selbst bei meinen Eltern, bei denen ich wieder in den Teenager-Modus zu verfallen scheine, weil ich nie die Gelegenheit hatte, das zu tun, als ich tatsächlich einer war. Ich bin es nicht bei Lexi, weil sie der Teenager ist und mir deshalb nichts anderes übrig bleibt, als die Erwachsene zu sein, obwohl ich mich für diese Rolle nicht freiwillig gemeldet habe. Und – das wird mir jetzt klar – ich bin auch bei Toby nicht mehr ich selbst, weil ich verzweifelt versuche, so zu tun, als würde ich nicht ständig von irrationalen Gefühlen geleitet, wo doch genau das Gegenteil der Fall ist. Gott, das ist so ermüdend!
    Also, ja, Martin ist tatsächlich ein seltenes Exemplar, ein echter Freund, ein Seelenverwandter eigentlich, und ich weiß nicht, was ich ohne ihn tun würde.
    »Und warum gehst du nicht mit ihr aus?«
    Es kommt aus dem Nichts.
    »Was?« Er lacht. »Warum gehe ich nicht mit wem aus?«
    »Mit Polly«, antworte ich und tunke mein Brot in das Öl. »Warum verabredest du dich nicht mal richtig mit ihr?«
    »Sie ist eine tolle Frau.«
    »Na ja, du findest das jedenfalls offensichtlich.« Offenbar bin ich unfähig, den vorwurfsvollen Unterton ganz aus meiner Stimme zu verbannen. »Warum gehst du also nicht mit ihr aus?«
    »Oh, das ist kompliziert …«
    »Komm schon, Martin.« Der Wein ist mir zu Kopf gestiegen, und ich fühle mich mutig. »Entweder empfindest du etwas für sie oder nicht.«
    »Oh, ich empfinde etwas für sie.«
    »Oh.«
    »Was?«, fragt er.
    »Nichts.«
    »Warum willst du unbedingt, dass ich mich mit ihr verabrede?«
    »Das will ich gar nicht.«
    »Dann wäre es dir lieber, wenn ich es nicht tue?« Martin legt die Karte weg und hält den Kopf schief.
    »Es ist mir völlig egal.«
    »Ihr Frauen …« Martin lächelt mich an – ich bin nicht sicher, was für eine Art von Lächeln das ist, aber es macht mich ein bisschen nervös – und trinkt seinen Wein aus, bevor er uns noch einmal nachgießt. »Ihr glaubt, wir Männer könnten euch nicht sofort durchschauen.«
    Die Vorspeise kommt. Oliventapenade für Martin, ein Entenconfit für mich. Martin mag Restaurants mit Confit und Tapenade auf der Speisekarte. Ich hätte auch Hausmannskost in einem einfachen Lokal gegessen, aber Martin traut Etablissements nicht, in denen es Hausmannskost gibt, und empfindet eine Schlachtplatte als genauso kriminell wie, sagen wir, Organhandel. Es ist etwas, das ich an ihm immer gleichzeitig ärgerlich und attraktiv fand. Ein Mann mit hohen Standards.
    Martin klappt erneut die Karte auf und studiert sie.
    »Und was ist mit dir?«
    »Was soll mit mir sein?«
    »Bist du in letzter Zeit mit jemandem ausgegangen?«
    Mein Magen zieht sich zusammen.
    Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, was in Martins Kopf vorgeht, und ich bin auch nicht sicher, ob ich es wissen will. Soweit ich das beurteilen kann, geht es ihm gut, er kommt mit seinem Leben zurecht, er wirkt zufrieden mit seinem Job bei der British Telecom, und sein Traum ist es, ein Restaurant zu eröffnen. Ja, er macht mir oft Komplimente, was ich liebe, wie ich gestehen muss – welche Frau würde das nicht? Aber ich glaube nicht, dass er mich immer noch liebt. Es ist jetzt ein Jahr her, und er scheint sich wieder zu verabreden, was gut ist, oder nicht? Sehr gut. Ja, fantastisch. Gut gemacht, Martin! Weiter so!
    Oh, wem will ich eigentlich was vormachen? Der Gedanke, dass er sich in eine andere Frau verlieben könnte, erfüllt mich mit schrecklicher Angst. Nicht, weil ich den

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