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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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dem ich mich immer noch schlecht fühle. Dennoch war er an dem Abend sofort gekommen, als ich ihn anrief, deshalb habe ich angefangen, mich zu fragen, ob ich die Situation vielleicht falsch interpretiert habe.
    »Polly ist nur eine Freundin«, sagt Martin. Eine Freundin? Oh. Ich versuche, nicht zu lächeln.
    »Oh, aber ihr wirktet, als würdet ihr euch nahestehen, als wir euch letztens im Park getroffen haben.«
    »Sie geht in den gleichen Backkurs wie ich.«
    Ich kann nicht anders, ich muss lachen.
    »Was? Ihr habt euch über Mürbeteig kennengelernt?«
    »Ja, so in der Art. Warum? Wieso interessiert dich das?«
    »Ach, nur so …«
    »Komm schon, du weißt, dass du es unbedingt sagen willst, also spuck es schon aus.«
    »Sie sieht einfach aus wie eine Frau, die zu einem Backkurs geht, das ist alles.«
    Martin lacht. »Und was, Caroline Steele, soll das bitte heißen?«
    »Nichts! Sie wirkt nur irgendwie – häuslich.«
    »Fett?«
    »Nein! Nicht fett.« (Doch, fett!) »Sie sieht häuslich aus. Wie eine Göttin des Haushalts.«
    »Muttihaft?«
    »Nein!« (Doch, muttihaft!) »Warmherzig. Das wollte ich damit sagen. Warmherzig und freundlich und offen.«
    »Na ja, das ist sie«, bestätigt er. Ich spüre, wie ein Prickeln meinen Rücken hinaufläuft. »Warmherzig, offen. Alles, was du gesagt hast.«
    »Nicht die verklemmte Eisprinzessin, die ich dann offenbar bin?«
    »Habe ich das gesagt?« Wir lachen jetzt beide, aber wir merken auch, dass es ein nervöses, belastetes Lachen ist.
    Der Kellner bringt uns zu unserem Tisch. Eine Kerze brennt darauf, und er steht ganz am Ende des modernen Gastropubs mit den hohen Decken. Direkt dahinter ist eine Durchreiche, wo aufgeblasene französische Köche Anweisungen brüllen – was alles zu dem entspannten Charme des Lokals beiträgt, wie ich finde.
    Wir setzen uns. Der Kellner will Martin die Serviette auf die Knie legen, aber an der Art, wie Martin die Lippen schürzt, erkenne ich, was jetzt kommt.
    »Tut mir leid, ich …« Er hebt beide Hände, so, als hätte man uns mit dem Tisch, an den man uns gesetzt hat, genötigt, in der Waschküche zu essen. »Wäre es ein Problem, uns einen anderen Tisch zu geben?«, fragt er. Ich verdrehe die Augen. »Es ist nur … Caroline, was denkst du?«
    »Ich finde den Tisch okay.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    »Tja, also ich nicht. Entschuldigung.« Er verzieht entschuldigend das Gesicht. »Es ist hier zu laut, so nahe an der Durchreiche und dem ganzen Tellergeklapper.«
    »Tut mir leid, das ist der einzige freie Tisch. Wir sind komplett ausgebucht«, erklärt der Kellner.
    Dieses Theater veranstaltete Martin damals jedes Mal, wenn ich mit ihm essen ging. Wenn ich pingelig bin, dann macht Martin das zehnmal wieder wett mit seiner Restauranttisch- und Essensmanie. Bei einer Gelegenheit hat er nicht einmal, nicht zweimal, nein, dreimal in einem Restaurant den Tisch gewechselt, in das wir danach nicht mehr gehen konnten. Außerdem ist Martin bekannt dafür, dass er das Weihnachtsessen oft erst um Mitternacht serviert, weil er es mit der »perfekten Füllung« so genau nimmt.
    Das ist vermutlich der Grund, warum unsere Beziehung funktionierte. Oder nicht funktionierte. Ich konnte mich da nie entscheiden. Ich würde auf jeden Fall sagen, dass es da eine Empathie gibt, was Martin und mich betrifft. Wir sind beide gleich schlimm, aber auf unterschiedliche Art und Weise, weshalb Martin zu keinem Zeitpunkt jemals zu mir gesagt hat, ich solle mich endlich »beruhigen« – etwas, für das ich ihn liebe.
    »Hör zu, Martin, es ist in Ordnung, lass uns nicht …«
    »Nein. Nein, tut mir leid. Wir müssen uns woandershin setzen.«
    »Sie können sich hierhersetzen, wenn Sie möchten.« Wir drehen uns zu einem Mann mit schmutzig blondem dichtem Haar um, der einen schrecklichen weiten Pullover trägt. Er steht von seinem Platz auf. »Wir wollten gerade gehen.«
    Er sitzt mit einer kleinen, dunkelhaarigen Frau zusammen, die ihre Jacke nicht ausgezogen hat und die immer noch am Tisch sitzt und auf einen vollen Teller blickt.
    »Sind Sie sicher?«, frage ich. Ich weiß, wenn Martin fest entschlossen ist, dann bringt man es am besten schnell hinter sich.
    »Ja, klar. Kein Problem.« Der Mann hat ziemlich nette Lachfältchen um die Augen.
    Jetzt schiebt er seinen Stuhl wieder unter den Tisch. Die Frau rafft ihre Taschen zusammen. Sie hat noch kein Wort gesagt.
    »Das ist wirklich nett von Ihnen, danke«, sagt Martin und steht auf, um dem Mann die Hand zu

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