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Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition)

Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition)

Titel: Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zülfü Livaneli
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kennen, bekommen mysteriöse Briefe und treffen sich daraufhin in einem Schloss …«
    Einige glucksten. Jemand – ich denke, es war Jeanne Moreau – sagte: »Und einer von ihnen wird umgebracht.«
    Ingmar Bergman mimte in seinem Sessel einen Toten, dann sagte er: »Wer wird wohl das Opfer sein?« Er gab sich die Antwort gleich selbst: »Wahrscheinlich der Vorsitzende des Auswahlkomitees.«
    Alle Blicke wandten sich mir zu.
    »Nun gut, Herr Bergman«, erwiderte ich, »aber ist das nur im Spiel so, oder habe ich wirklich etwas verbrochen?«
    »Na ja, Sie haben uns ganz schön was eingebrockt.«
    Ich hatte schon läuten hören, dass man mit unserer Auswahl nicht so recht zufrieden war. Auf zum Gefecht also.
    »Eingebrockt? Was denn?«
    »Ach, wissen Sie, besprechen wir das lieber morgen unter vier Augen.«
    Es entspann sich stattdessen ein Gespräch über Kino und Fernsehen und über das Starwesen in Hollywood. Deborah Kerr, früher von atemberaubender Schönheit, war sehr gealtert und sprach mit zittriger Stimme. Beim Abendessen erzählte sie dann, seit Tagen sei sie schon ganz aufgeregt wegen der Begegnung mit der Legende Ingmar Bergman. Dabei hatte Bergman wiederum Herzklopfen wegen Deborah Kerr gehabt, und noch dazu litt er unter einer Reisephobie. Tagelang übergebe er sich schon und komme nur mit Valium über die Runden.
    Als wir in den Speisesaal wechselten, merkte ich, dass Deborah Kerr Schwierigkeiten beim Gehen hatte. Ich fasste sie am Arm und führte sie.
    Ingmar Bergman aß auf seinem Zimmer, und so kamen wir erst am folgenden Morgen zum Reden.
    »Verzeihen Sie mir meine Scherze von gestern, aber Sie haben uns wirklich in eine schwierige Lage gebracht.«
    »Warum?«
    »Fangen wir mit dem schwedischen Film an. Ich weiß wirklich nicht, was wir mit dem machen sollen.«
    Der schwedische Beitrag, nämlich Der Schutzengel von Suzanne Osten, hatte mir ausnehmend gut gefallen, und da die anderen Komiteemitglieder mit mir einig waren, hatten wir den Film in nicht weniger als acht Kategorien nominiert.
    Bergman sagte: »Wenn ich als Schwede den Film prämiere, wird das merkwürdig erscheinen, und wenn ich es nicht tue, ist es nur noch schlimmer. Sie wissen ja nicht, wie es im schwedischen Filmmilieu zugeht: Nichts als Missgunst und Intrigen. Die werden meinen, ich hätte den Film schlechtgemacht.«
    Ich versicherte Bergman, in Sachen Missgunst und Intrige sei man in der Türkei durchaus auf der Höhe und könne Schweden vielleicht noch eine Lektion erteilen. »Uns ist es bei der Beurteilung des Films einzig und allein auf die Qualität angekommen, und er hat uns einfach schwer beeindruckt. Mir gefällt er sogar von allen europäischen Filmen am besten.«
    Der Schutzengel war so gar nicht nach der Art Bergmans gedreht. Er strahlte eher eine Tschechowsche Atmosphäre aus, durch die er sich von den anderen schwedischen Filmen abhob. Später sollte ich erfahren, dass Bergman die Regisseurin nicht ausstehen konnte.
    »Und da ist noch etwas«, fuhr Bergman fort. »Den deutschen Film, der mir so gefallen hat, haben Sie ausgesiebt.«
    Hier wurde ich argwöhnisch. Wir kamen mit unserem Gespräch in ein gefährliches Fahrwasser. Der deutsche Beitrag hieß Abrahams Gold und war abgrundtief schlecht. Als wir ihn in Berlin ausscheiden ließen, reagierten die Verantwortlichen der Europäischen Filmakademie eher ungnädig, denn die Deutschen gaben für den Europäischen Filmpreis drei Millionen Mark pro Jahr aus und waren mit ihrem Film nun nicht einmal vertreten; desgleichen war Hanna Schygulla nicht als »Beste Darstellerin« nominiert. Aus deutscher Sicht also ein ziemliches Fiasko, und darauf spielte Bergman nun an.
    »Wie haben Sie den Film denn überhaupt gesehen?«
    »Die haben mir eine Videokopie davon geschickt.«
    »Und sich quasi über mich beschwert?«
    Bergman wollte nicht mit der Sprache herausrücken, aber es lag auf der Hand.
    »Herr Bergman, Sie sind als Regisseur ein großes Vorbild für uns alle, aber in diesem Film gibt es Dinge, die ich einfach nicht begreife.«
    Ich wies Bergman auf die Szene hin, in der Hanna Schygulla ihre vierzehnjährige Filmtochter tot an einem Strick baumeln sieht, ohne darauf irgendeine Reaktion zu zeigen. Das sollte vermutlich verstörend wirken, aber wie sollte es psychologisch zu erklären sein?
    Bergman versuchte gar nicht, den Film zu verteidigen, sondern gab mir Recht. Danach kamen wir auf den britischen Beitrag zu sprechen, denn obwohl das Festival in Glasgow stattfand, hatte

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