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Roman mit Kokain (German Edition)

Roman mit Kokain (German Edition)

Titel: Roman mit Kokain (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Agejew
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dies führt dazu, dass das kristallklare Beben der nobelsten, menschlichsten Gefühle in seinem, in Iwanows Innerem, die allergrößte Spannung erreicht. Weder kleinliches, nüchternes Kalkül noch Lüsternheit oder Gehässigkeit verspürt er, der gutherzige Jüngling Iwanow – und kann es auch nicht, jetzt, in diesen Minuten, die ihn so glückselig anmuten. Er sitzt da inmitten der unerschütterlichen Stille des dunklen Zuschauersaals, er sitzt mit flammendem Gesicht, sitzt und spürt voller Freude, wie sich seine Seele wonniglich verzehrt in dem leidenschaftlichen Verlangen, sich jetzt sofort, noch in dieser Minute, gleich hier im Theater voller Freude aufzuopfern im Namen der allerhöchsten menschlichen Ideale.
    In dieser angespannten, vom Beben der menschlichen Gemütsbewegungen geschwängerten Theaterdunkelheit beginnt nun Iwanows Sitznachbar plötzlich laut zu husten wie ein Hund. Iwanow sitzt da, sein Nachbar aber lärmt weiter, dieses knurrige Geräusch klingt ihm aufdringlich in den Ohren, und schon spürt Iwanow, wie etwas Schreckliches, Animalisches, Dumpfes in ihm hochkocht, es wächst an und reißt ihn mit sich fort. «Der Teufel soll Sie holen mit Ihrem Husten !» , sagt Iwanow schließlich mit giftiger, böse zischender Flüsterstimme, als er es nicht mehr aushält. Er sagt diese Worte, gänzlich berauscht von einem für ihn ganz ungewöhnlichen Hass, der sich in ihm schrecklich aufgestaut hat; und wenn Iwanow auch weiter zur Bühne hinblickt, so ist er doch wie von Sinnen vor Wut auf diesen hustengeschüttelten Herrn und bebt innerlich so stark, dass er zunächst kein einziges Wort mehr verstehen kann. Und obwohl Iwanow still dasitzt und versucht, sich wieder auf das Stück einzulassen und sich in seine frühere Stimmung zurückzuversetzen, so weiß er doch noch genau, dass er, Iwanow, einen kurzen Moment zuvor von einem einzigen Verlangen beherrscht war, das er nur mit Mühe unterdrücken konnte: von dem Verlangen, ihn zu erledigen, ihn zu schlagen, diesen aufdringlich lange hustenden Nachbarn.
    Nun frage ich mich: Was ist bloß der Grund für diese bestialische Raserei, die so jäh von der Seele des jungen Iwanow Besitz ergriffen hat? Es gibt nur eine Antwort: die übermäßige Erregung seiner Seele durch edelste, in höchstem Maße menschliche, selbstlose Gefühle. Aber vielleicht war es das gar nicht, sage ich mir, vielleicht war der Grund für seine animalische Wut der Husten seines Sitznachbarn. Aber das kann leider nicht sein. Der Husten kann nicht der Grund sein, und wenn es nur deshalb wäre, weil der gute Iwanow sich auf keinen Fall in so furchtbarem Maße über diesen Nachbarn erzürnt hätte, wenn er irgendwo anders, sagen wir in der Straßenbahn (wo Iwanow in einer etwas anderen seelischen Verfassung gewesen wäre), zu husten angefangen hätte. Somit war der Husten in unserem Fall nur der Funke, an dem sich das Gefühl entzünden konnte, zu dem Iwanow seine innere, seine seelische Verfassung verleitet hatte.
    Welcher Art aber kann die innere, die seelische Verfassung Iwanows gewesen sein? Nehmen wir einmal an, wir hätten uns geirrt, als wir sagten, er empfinde die erhabensten, menschlichsten Gefühle. Lassen wir diese Gefühle also beiseite und versuchen ihn, Iwanow, mit anderen Gefühlen auszustatten, die der Mensch im Theater haben kann, um daran zu überprüfen, ob diese anderen Gefühle Iwanow zu einem derart animalischen Hassausbruch hätten verleiten können. Unser Versuch wird dadurch erleichtert, dass die Liste dieser Gefühle (lässt man die Nuancen außer Acht) denkbar kurz ist: Wir können davon ausgehen, dass Iwanow, als er im Theater saß, erstens von vornherein aufgebracht oder zweitens desinteressiert und gelangweilt war.
    Wenn Iwanow aber schon aufgebracht gewesen wäre, bevor sein Sitznachbar mit dem Husten begann, wenn er sich über die Schauspieler geärgert hätte, weil sie schlecht spielten, oder über den Autor, weil sein Stück so unmoralisch war, oder über sich selbst, weil er für so eine miserable Vorstellung sein letztes Geld ausgegeben hatte – hätte er sich dann etwa zu einem derart animalischen, wilden Anfall von Hass auf seinen hustenden Nachbarn hinreißen lassen? Natürlich nicht. Im schlimmsten Falle hätte der hustende Nachbar bei Iwanow Verärgerung hervorgerufen, vielleicht hätte er sogar vor sich hin gemurmelt: «Sie mit Ihrem Husten haben mir gerade noch gefehlt » ; aber ein Ärger dieser Art ist noch entsetzlich weit entfernt von dem

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