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Roman mit Kokain (German Edition)

Roman mit Kokain (German Edition)

Titel: Roman mit Kokain (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Agejew
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wir die Frage anders: Ist es nicht so, dass das Fehlen jeglichen bestialischen Instinktes bei diesen Zuschauern keineswegs bedeutet, dass es diesen nicht gegeben hat, sondern nur, dass ihrem animalischen Instinkt Genüge geleistet wurde, ebenso wie ihm bei Iwanow Genüge geleistet worden wäre, wenn er seinen Sitznachbarn geschlagen und dieser sich nicht gewehrt hätte?
    Ganz offensichtlich ist ja, dass die Theaterhandlung nur dann beim Zuschauer Ergriffenheit auslöst und die menschlichsten, edelsten Gefühle in seinem Herzen anspricht, wenn darin Figuren auftreten, die herzensgut, ehrlich und – trotz des Leids, das sie erfahren müssen – sanftmütig sind ( so empfinden es jedenfalls diejenigen Zuschauer, deren Seelen überaus rein und empfindsam sind und bei denen man deshalb besonders deutlich die wahre Natur ihrer Gemütsbewegungen erkennen kann). Tatsache ist auch, dass auf der Bühne neben den genannten engelsgleichen, sanftmütigen Figuren unbedingt auch verschiedene intrigante Bösewichte vertreten sind. Da stellt sich doch die Frage, ob nicht jene blutige und brutale Bestrafung der Bösewichte, die immer am Ende eines Stücks steht, damit die Tugend den Sieg davonträgt – ob nicht diese Bestrafung die in uns entfachten Raubtierinstinkte absorbiert ? Kann es nicht sein, dass wir das Theater gar nicht deshalb sanftmütig und zufrieden verlassen, weil in unseren Seelen keinerlei niederträchtige Gefühle aufgekommen wären, sondern weil diesen Gefühlen Genüge getan wurde? Und wirklich, wer von uns müsste sich nicht eingestehen, dass er aufgestöhnt hat vor Vergnügen , als einer der tugendhaften Helden im vierten Akt dem Bösewicht ein Messer ins Herz gerammt hat? «Aber Moment mal !» , könnte man einwenden, «hier geht es doch um Sinn für Gerechtigkeit !» Gegen diesen Einwand lässt sich nichts sagen. Ja und nochmals ja: Hier geht es um Sinn für Gerechtigkeit. Ja, um jenen göttlichen, den Menschen erhebenden Gerechtigkeitssinn. Wohin aber hat er uns gebracht, wozu hat uns dieses höchste, menschlichste Gefühl, das unsere Seele kennt, geführt? Zur Lust am Töten, zur animalischen Raserei. «Aber es geht doch gegen die Bösewichte !» , wird man uns hier entgegnen. «Darauf kommt es nicht an» , erwidern wir, «wichtig ist, dass man beim Anblick von Blutvergießen nur dann vor Vergnügen stöhnen kann, wenn man Blutgier, Wut und Hass empfindet ; und wenn diese in höchstem Grade niederträchtigen, abscheulichen Gefühle nur deswegen in uns aufkommen konnten, weil unsere menschlichsten Gefühle – die Liebe zum leidenden und sanftmütigen Helden – erregt wurden, wenn unsere wilde, animalische Wut still und unbemerkt aufgekeimt ist, weil das Theater in uns die nobelsten Gefühle aufgereizt hat – wenn dem so ist, zeugt dies dann nicht schon deutlich genug von der dunklen, schrecklichen Natur unserer Seele?»
    Und wirklich, man müsste nur einmal den Versuch unternehmen, uns im Theater Stücke zu zeigen, in denen die Bösewichte nicht bestraft werden und nicht sterben, ja sogar den Sieg davontragen ; versuchen Sie es doch einmal und zeigen Sie uns Stücke, in denen die Bösen siegen und die Guten sterben , und Sie werden sich mit eigenen Augen davon überzeugen können, dass solcherart Spektakel uns letztendlich auf die Straße treiben, zu Revolte, Aufstand und Meuterei führen. Vielleicht werden Sie jetzt wieder sagen, dass wir im Namen der Gerechtigkeit aufbegehren würden, dass wir von den nobelsten, edelsten und menschlichsten Gefühlen geleitet würden. Nun, Sie haben recht, Sie haben vollkommen recht. Aber schauen Sie uns doch an, wenn wir hinausgehen, um zu rebellieren, wenn wir, überwältigt von den menschlichsten Gefühlen unserer Seelen, den Aufstand proben; betrachten Sie aufmerksam unsere Gesichter, unsere Münder und besonders unsere Augen – und wenn Sie immer noch nicht zugeben wollen, dass Sie rasende, wilde Bestien vor sich haben, dann sollten Sie uns doch schnell aus dem Weg gehen, denn Ihr Unvermögen, einen Menschen von einem Vieh zu unterscheiden, könnte Sie das Leben kosten.
    Und schon drängt sich einem folgende Frage auf: Solche Theaterstücke – in denen das Lasterhafte siegt und das Tugendhafte untergeht –, ebensolche Stücke entsprechen doch der Wirklichkeit, eben sie bilden doch das wahre Leben ab, denn gerade im Leben ist es ja so, dass die Bösen siegen und die Guten zugrunde gehen. Wenn dem aber so ist, warum nehmen wir das im Leben so hin, leben weiter,

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