Roman
hatte Rita gemeint.
Wenn es darum ging, wie frau jünger aussehen konnte, kannte Rita jeden neuen Trend. Erst kürzlich hatte sie Kristina begeistert von einer Möglichkeit erzählt, lästige Pölsterchen ohne Diät loszuwerden. Seit sie auf dieses Geheimnis gestoßen war, nahm Rita zweimal wöchentlich beim Arzt ihres Vertrauens auf der Liege Platz und ließ sich überschüssige Pfunde mit Hilfe von Ultraschall einfach wegschmelzen.
Kristina musste schmunzeln, als sie an die hartnäckigen Versuche ihrer Freundin dachte, das Altern aufzuhalten. Natürlich hatten einige der Anstrengungen tatsächlich dazu geführt, Ritas wahres Alter zu verschleiern. Aber was das kostete …
„Geld spielt keine Rolle“, hatte Rita angemerkt. „Jeder Euro ist gut angelegt. Manche Teile an mir sind nur halb so alt wie ich.“
„Du solltest aber allmählich Handschuhe tragen“, hatte Kristina ihre Freundin aufgezogen. „Oder kann man inzwischen auch die Hände liften?“
„Mach du nur so weiter“, hatte Rita gesagt. „Irgendwann schaust du aus wie ein Zwetschgenmännchen und ich wie Sophia Loren.“
„Und wozu das alles? Soll ich irgendwann als die Schwester meiner Tochter durchgehen?“
„Oh, das wäre wunderbar“, hatte Rita geflötet. „Aber das wird ein ziemliches Stück Arbeit.“
„Nein danke. Ich geh lieber weiter als Schildkröte. Und überhaupt, was ist denn mit den Männern? Keins von den Exemplaren, die du anschleppst, versucht, ernsthaft jünger auszusehen, oder?“
„Du verstehst das nicht. Männer hocken vor der Glotze und sehen sich Sport an: Fußball, Handball, Golf, was weiß ich. Dazwischen läuft Werbung. Und dann wird den Herren der Schöpfung eingetrichtert, was gut für sie ist. Bier und Würstchen, Superdeo und Viagra, eine dicke Limousine mit einer jungen Beifahrerin. Zwei Falten und drei Dellen, und du wirst aussortiert.“
„Na, jetzt übertreibst du aber“, hielt Kristina dagegen.
Doch Rita ließ keinerlei Einwände gelten „It’s a man’s world! Die Kerle sind verrückt nach Frauen und Sex. Ein durchschnittlicher Mann denkt alle acht Minuten an Sex.“
„Und was ist mit den sieben Minuten dazwischen?“
„Da denken sie ans Essen. Denk doch einmal wie ein Mann!“, hatte Rita ihr vorgeschlagen.
„Nichts leichter als das“, hatte Kristina erwidert.
Unterhaltungen wie diese standen bei Rita täglich auf dem Programm. Selbstverständlich blieb das nicht ohne Wirkung. Na ja, vielleicht könnte ich ja mal dieses kleine Bäuchlein unterm Nabel mit Ultraschall verschwinden lassen, überlegte Kristina nun, als sie sich an diese Gespräche erinnerte. Den Oberschenkeln konnte eine Straffung auch nicht schaden, und ihr Busen hatte ebenfalls mit der Schwerkraft zu kämpfen. Und dann dieses Achselfett!
Auch das war Rita ein Dorn im Auge. Entsetzt hatte sie Kristina kürzlich in die Achsel gekniffen und dabei irgendetwas wie „Oh, God, das ist Depotfed“ gestöhnt.
„Depotfett?“ Kristina war entsetzt gewesen. Bis zu dem Zeitpunkt war es ihr nicht einmal aufgefallen.
Doch seit Rita davon gesprochen hatte, ertappte sie sich, wie sie gelegentlich die Existenz ihres Achselfetts überprüfte. Von Rita hatte sie gelernt, dass die gefährlichste Problemzone am weiblichen Körper die Oberarme waren. Po, Bauch und Oberschenkel konnten perfekt verhüllt werden. Selbst wenn der Po bereits bis zu den Kniekehlen herabhing und die Brüste engen Kontakt mit dem Bauchnabel aufgenommen hatten, ließ sich all das mit Hilfe von Korsagen, Wonderbra und Stützstrümpfen an die Ursprungsstelle zurückschieben. Aber nackte Oberarme bedeuteten das Aus.
Formelhaft wiederholte Rita ständig, dass Frauen jenseits der 40 ihre Oberarme züchtig zu verhüllen und das Winken gänzlich sein lassen sollten. Manch einer hätte sie am liebsten eine Burka verordnet. Waren nackte Oberarme unvermeidlich wie etwa am Strand, hatte Rita eine spezielle Wink-Technik entwickelt. Sie hielt dann den angewinkelten Arm eng an den Körper gepresst und bewegte nur die Finger. Das sah in Kristinas Augen zwar völlig bescheuert aus, hielt aber die überschüssige Haut definitiv in Schach.
Einmal runderneuern, das wär’s, dachte Kristina jetzt amüsiert und verwarf diesen Gedanken augenblicklich wieder. Sie fühlte sich wohl in ihrer Haut – mitsamt Achselfett und allen anderen Zeichen der Zeit. Schließlich war sie keine 30 mehr, und das wollte sie auch gar nicht mehr sein. Außerdem hatte das tägliche Massieren ihre
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